Heimat und Tradition

Die Herren von Truhendingen

Auf dem Steilrand des Hahnenkamms liegt das Dorf Hohentrüdingen, das von dem mächtigen Bergfried der einstigen Burg überragt wird. Bild: Mara Kutzner
In Hohentrüdingen gibt es bis heute einen Kirchturm, der früher Jahrhunderte als Bergfried einer Burg diente. Die Geschichte des Turm ist eng mit dem Aufstieg und Niedergang eines schwäbisch-fränkischen Adelsgeschlechts verbunden.

Verlässt man das Ries von Oettingen aus in Richtung Norden, so tauchen schon bald im Osten die Höhen des Hahnenkamms mit der Ortschaft Hohentrüdingen auf. Der Ort wird von einem Turm überragt, dessen zierliche Spitze so gar nicht zu dem Bauwerk passen mag. Kommt man dem Turm näher, so entpuppt er sich mit seinen mächtigen Steinquadern als der Bergfried einer Burg. Heute dient er als Kirchturm, in früheren Jahrhunderten aber hatte er eine ganz andere Funktion. Er war einst der Mittelpunkt der Burg der Herren von Truhendingen. Besteigt man den Turm mit seinen vier Meter starken Mauern, begleitet vom Lärmen der Dohlen und Falken, die in seinem Inneren hausen, so bietet sich ein herrlicher Rundblick auf die Umgebung.

Anfänge im Ries

Bereits im frühen 12. Jahrhundert wird das Geschlecht als in der Gegend von Pfäfflingen und Wechingen ansässig erwähnt. Da die Truhendinger im Ries mit den benachbarten Oettingern eine starke Konkurrenz hatten und dort kein eigenes Gebiet ausbilden konnten, gaben sie ihren Besitz im Ries auf und verlegten ihren Sitz in das südliche Mittelfranken. Hier sahen sie offenbar bessere Chancen für ihre Entwicklung und den Ausbau eines geschlossenen Territoriums. Im Jahre 1053 schenkte König Heinrich III. mit der sogenannten Wildbannschenkung die Wälder im Oettinger Forst und auf dem Hahnenkamm dem Bischof von Eichstätt. Als Lehen kamen diese Gebiete dann an die Grafen von Oettingen und die Truhendinger. Nachdem um das Jahr 1100 die Truhendinger vom Kloster Fulda die Schutzherrschaft über dieses Gebiet erhielten, erbauten sie auf dem Kirchenbuck in Altentrüdingen eine Burg als Verwaltungssitz. Nur einige Jahrzehnte später mussten sie ihren Sitz den Grafen von Oettingen überlassen. Heute ist die Burg verschwunden und an ihrem Platz steht die heutige Kirche.

Schutzherrschaft über das Kloster Heidenheim

In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurden die Truhendinger vom Kloster Eichstätt mit der Vogtei über das nahe Kloster Heidenheim belehnt. Um näher an dieses Kloster heranzurücken, erbauten sie sich auf dem Steilrand des Hahnenkamms eine mächtige Burg. Die Hauptburg bestand aus dem gewaltigen Bergfried, mehreren Gebäuden und einer Kapelle. Ein tiefer, aus dem Fels geschlagener Halsgraben trennte sie von den beiden Vorburgen mit dem Wirtschaftshof, die von Wallanlagen umgeben waren. Die Nähe der Truhendinger zu dem staufischen Königshaus, vielleicht sogar verwandtschaftliche Bindungen, förderten den Ausbau
ihrer Macht zwischen Altmühl und Wörnitz und das Ansehen der Familie. Einige Mitglieder erreichten hohe weltliche und geistliche Ämter. Siegfried von Truhendingen wurde Bischof von Würzburg (1146 –1150), Agnes von Truhendingen heiratete Heinrich I., den Stammvater des Geschlechtes von Fürstenberg, und Friedrich von Truhendingen war Fürstbischof von Bamberg (1363–1366). Seit dem Jahr 1264 führte die Familie den Grafentitel.

Die Truhendinger Pfanne mit ihren Krapfen

Die gastfreundliche Hofhaltung auf der Burg mit ihrem geschäftigen Treiben lockte auch prominente Gäste an. Der Minnesänger Wolfram von Eschenbach weilte vermutlich öfter auf der Burg, um dort der adligen Gesellschaft seine Werke vorzutragen. In seinem Epos „Parzival“, in dem er die Gastfreundschaft der Truhendinger und die Pfanne mit ihren Krapfen rühmt, hat er dem Geschlecht ein literarisches Denkmal gesetzt. Auch heute noch sind die fränkischen Krapfen oder Küchle bei Alt und Jung beliebt.

Zu den zahlreichen Besitztümern im Ries, um den Hesselberg und auf dem Hahnenkamm, gehörten auch die Burgen von Alerheim, auf dem Rechenberg bei Ostheim und Spielberg. Durch die Erbschaft am Vermögen der Andechs-Meranier in Oberfranken um Baunach und Scheßlitz kam es 1260 zu einem großen Zuwachs an Gütern. Aber bereits Ende des 13. Jahrhunderts begann der Niedergang des Geschlechts. Durch unglückliche Heiraten und Schulden geriet die Familie in eine finanzielle Krise, von der sie sich nicht mehr erholte. 1290 teilten sich die Truhendinger in zwei Linien. Der alttruhendingische Zweig starb bereits 1311 aus. Der Zweig am Obermain behauptete sich bis Anfang des 15. Jahrhunderts, musste aber immer mehr seines Besitzes an die Bischöfe von Bamberg und die Burggrafen von Nürnberg verkaufen. Als letzter Familienangehöriger der obermainischen Linie wird 1458 als Mitglied des Deutschen Ordens in Ostpreußen ein Heinrich IV. von Tronigen (Truhendingen) genannt.

Etwa 100 Jahre nach dem Aussterben der Truhendinger kamen die ehemaligen Güter auf dem Hahnenkamm in den Besitz der Markgrafen von Ansbach. Zu deren Verwaltung wurde in der verlassenen Burg ein Oberamt eingerichtet, das dort bis 1787 bestand. Schon 1732 wird die Burganlage als ein sehr altes „Gebäu“ bezeichnet, 1812 wurde sie zum Abbruch versteigert. Von der Burganlage ist nichts mehr erhalten geblieben, alle Gebäude sind verschwunden. Nur der mächtige Bergfried mit seinen gewaltigen Steinquadern blieb weitgehend von der Spitzhacke verschont. Er kündet noch vom Aufstieg und Niedergang eines einst mächtigen Adelsgeschlechts in unserer Heimat. Das geschichtsträchtige Kloster in Heidenheim und der Bergfried mit seiner grandiosen Aussicht lohnen sich für einen Besuch. (Gastautor: Werner Paa)

Grabmal des Grafen Ulrich I. von Truhendingen (gest. 1310) und seiner Gemahlin Imagina in der Klosterkirche Heidenheim. Bild: Werner Paa