Jahresthema 2024

Donau-Rieser Geschichtsstunde: Auf Spurensuche mit Barbara Heinrich im Oettinger Stadtarchiv

Das Bild zeigt Barbara Heinrich. Bild: Diana Hahn
Gemeinsam mit Barbara Heinrich hat Redakteurin Diana Hahn einen Blick in das Oettinger Stadtarchiv geworfen.

Seit 1. April 2022 ist Barbara Heinrich die Leiterin des Oettinger Heimatmuseums und hat damit verbunden auch die Hoheit über das Oettinger Stadtarchiv. Gebürtig stammt Heinrich aus Büdingen/Oberhessen. Sie studierte in Kassel Kunstwissenschaften und Soziologie und in Frankfurt Kunstgeschichte, Archäologie und Romanistik. Im Anschluss daran arbeitete sie für die Kunstausstellung documenta und den Kunstverein Kassel. 2007 startete sie ihre freiberufliche Karriere als Kunstwissenschaftlerin und Kuratorin. Sie betreute unter anderem Projekte in Istanbul und am Goethe-Institut in Taschkent. Vor ihrem Umzug ins Ries lebte Heinrich 15 Jahre in Berlin. Die letzten fünf Jahre davon war sie als kuratorische Assistentin am Jüdischen Museum Berlin tätig. Dennoch ist Barbara Heinrich das Ries nicht fremd, stammt doch ihr Mann aus Nördlingen. Zusammen mit ihm stellte sie sich 2021 dann die Frage, ob sie auch im Alter in der Großstadt leben wollen. Die Stellenanzeige aus Oettingen könnte man demnach auch als Zeichen interpretieren. Sie bewarb sich, wurde genommen und kümmert sich seit über zwei Jahren um die beiden Oettinger Institutionen Stadtarchiv und Heimatmuseum.

Das älteste Dokument

Das älteste Dokument im Besitz des Archivs ist ein privater Vertrag vom 27. Oktober 1463 zwischen dem Bader am Königstor und der Stadt Oettingen. Darin wird geregelt, dass Wasser vom Taubenbrunnen in die Badestube, die die Familie zu diesem Zeitpunkt am Königstor betrieb, geleitet und dort genutzt werden darf.

Bild: Diana Hahn

Aus dem Stadtrat anno 1701

Die ältesten Protokollbücher im Stadtarchiv Oettingen stammen aus dem Jahr 1701. In diesen wurde alles niedergeschrieben, was in den Sitzungen des Oettinger Rates besprochen wurde. Sie zeichnen ein lebendiges Bild der Themen des städtischen Lebens und der Verwaltung der Stadt.

Bild: Diana Hahn

Der Schatz des Oettinger Stadtarchivs

Als Schatz bezeichnet Barbara Heinrich die Akten zur Israelitischen Kultusgemeinde und dem Jüdischem Leben in Oettingen. Nur noch wenige Akten, die Auskunft über das jüdische Leben in der Residenzstadt geben, sind noch vorhanden. Die verbliebenen Dokumente stammen vor allem aus dem 19. Jahrhundert und beinhalten Informationen u.a. zur Israelitischen Volksschule, zu Vereinen wie „Gesellschaft zur Eintracht“, zum jüdischen Friedhof und dem Bau des Tahara-Hauses oder zur Erweiterung der Synagoge 1852–1855.

Bild: Diana Hahn

Zwist unter Nachbarn

Bild: Diana Hahn

Streit unter Nachbarn? Das kommt vor. Auch zwischen Nördlingen und Oettingen. Davon zeugt der Brief des Bürgermeisters und Rates der Stadt Nördlingen vom 9. Juli 1515. In diesem wird der Empfang der Vorladung zum Gerichtstermin in Oettingen hinsichtlich eines Landfriedensbruchs bestätigt. Allerdings nicht ohne zu erwähnen, dass ihnen eine solche Vorladung „frembd zu hôren“ sei, da sie sich nur gegenüber dem Kaiser oder seinem Reichskammergericht verantworten müssen, ganz im Sinne der „Reichs-Reformation“. Das versöhnliche Ende: Sie beenden den Brief, indem sie das gute nachbarschaftliche Verhältnis der beiden Territorien betonen.

Das „Gauner-Patent“

„COPIA Des von dem letzthin zu Ulm versammelt geweßten Hoch=Löbl. Schwäbischen Allgemeinen Crauß=Convent, den 12. Octobr 1736 emanirten Jauner-Patentes.“

In der Rechtsordnung, die aus dem Jahr 1736 stammt, wird geregelt, wie mit umherziehenden Bettlern und Vaganten im Schwäbischen Kreis umzugehen ist und welche Strafen sie zu erwarten haben. In den Augen der Obrigkeit gehörten diese fahrenden oder umherziehenden Personen zu den Ehrlosen. Deshalb galten für sie besondere Restriktionen wie Duldungs- und Aufnahmeverbote sowie weitere Ausschlussvorschriften, die vor allem im Zuge des administrativen Ausbaus der europäischen Staaten seit 1650 entstanden. Begründet wurden diese Restriktionen mit dem Generalverdacht auf kriminelles oder doch zumindest gemeinschaftsschädliches Verhalten.

Bild: Diana Hahn

Bestrafung der Unzucht

Von 1678 stammt das Edikt von Albrecht Ernst, Fürst zu Oettingen, das sich mit der Bestrafung von Unzucht befasst. „Die Bestrafung des Ehebruchs der Hurerey, frühzeitigen Beischlafs, der Kuppelei und dergleichen Ungebühr betreffend“, war nur ein Edikt von vielen. Denn alle Bereiche des Lebens wurden durch Edikte, Erlasse und Ordnungen geregelt. Darunter fielen unter anderem der Pflasterzoll, Getreidepreise, die Stadtpolizei, Wirts- und Schankhausordnungen, Brandversicherungsordnungen, Viehmärkte oder auch Hochzeit, Taufe und Beerdigung.

Bild: Diana Hahn

Ein Stück Oettinger Rechtsgeschichte

Das älteste Gerichtsbuch im Archiv beginnt am 19. September 1553 und reicht bis ins Jahr 1578. Erfasst sind in diesem Gerichtsbuch die Verhandlungen des Stadtgerichts. Zudem wurden auch die gefällten Urteile im Gerichtsprotokollbuch fein säuberlich notiert. Auch für die Jahre 1668–1696 sowie 1712–1720 finden sich im Archiv weitere Gerichtsprotokollbücher. 

Bild: Diana Hahn

Redaktionsleitung. Unterwegs für blättle und online. Ob Wirtschaft, neue Technologien oder Historisches aus dem Landkreis – sie fühlt sich in allen Themen zu Hause und mittlerweile auch in unserem Landkreis, als „Zugreiste“ aus dem Raum Dillingen. Hinterfragt gründlich und bringt Dinge auf den Punkt.

Telefon: 0906 / 977 598 - 21; E-Mail: dhahn@donau-ries-aktuell.de