Interview mit Peter Schiele

Engagement für Inklusion und kulturelle Identität

Bild: privat
Peter Schiele aus Fremdingen hat über 40 Jahre für die Stadt Nördlingen gearbeitet, davon 26 Jahre als Hauptamtsleiter. Für die CSU sitzt er im Kreis- und Bezirkstag. Seit Herbst 2023 ist er stellvertretender Bezirkstagspräsident. Unsere Redakteurin Mara Kutzner hat mit ihm über seine berufliche und politische Laufbahn gesprochen, warum der Bezirk in der öffentlichen Wahrnehmung manchmal etwas untergeht und wie Schwaben in Sachen Inklusion und psychiatrischer Betreuung aufgestellt ist.

Lieber Herr Schiele, schön, dass Sie sich heute Zeit für unser Gespräch nehmen. Wie immer beginnt unser Interview mit einigen kurzen Fragen. Wo kommen Sie gerade her?
Peter Schiele: Ich komme tatsächlich von zu Hause. War schon ein bisschen an meinem heimischen Schreibtisch gesessen, was notwendig ist, weil ich letzte Woche ziemlich viel unterwegs war. Um da wieder Oberwasser zu kriegen, habe ich Sitzungen gelesen und Termine koordiniert.

Um sie besser kennenzulernen zunächst einige Entweder-Oder-Fragen.

Nördlingen oder Fremdingen?
P.S.: Beides ist Heimat! Fremdingen ist Wohnort und Nördlingen langjähriger Arbeitsort und Ort für Erlebnis, Kultur und Einkaufen.

Auto oder Zug?
P.S.: Für lange Strecken den Zug, für kurze Strecken das Auto.

Urlaub daheim oder in der Ferne?
P.S.: Schon lieber in der Ferne.

Skifahren im Winter oder Radfahren im Sommer?
P.S.: Lieber Ski fahren!

Wenn Sie Gäste aus anderen Teilen Deutschlands oder der Welt begrüßen, was zeigen Sie als erstes?
P.S.: Das letzte Mal war es die Harburg.   

Was ist so richtig schwäbisch an Ihnen?
P.S.: Meine schwäbische Herkunft und ich befürchte, dass selbst wenn ich mich bemühe, hochdeutsch zu sprechen, der schwäbische Dialekt immer ein bisschen durchschlägt.

Sie haben 43 Jahre bei der Stadt Nördlingen gearbeitet. Wie ist es, ein Leben lang nur einen Arbeitgeber zu haben?
P.S.: Das kann man anfangs so nicht planen! Ich stamme aus der Region, bin in einem kleinen Dorf, in Bollstadt, geboren. Ich komme aus den sogenannten „kleinen Verhältnissen“, hatte dann die Möglichkeit das Gymnasium zu besuchen. 1979 habe ich Abitur am THG gemacht. Und danach, was dann? Studieren war in der Zeit noch gar nicht zur Diskussion gestanden, sondern es war bei der Stadt Nördlingen eine Ausbildungsstelle ausgeschrieben zum gehobenen nichttechnischen Dienst. Da habe ich mich beworben, wurde genommen, habe die dreijährige Ausbildung gemacht und dann zu arbeiten begonnen. Meine Frau stammt auch aus der Region und selbst wenn ich ab und zu, was schon mal vorkam, etwas damit geliebäugelt hatte, in die weite Welt zu gehen, hat sich das nicht ergeben. Die Stadt Nördlingen war immer ein guter Arbeitgeber.   

Sie waren 17 Jahre Standesbeamter und fast 26 Jahre Leiter des Hauptamtes. Klingt ganz schön trocken … Warum beschreiben Sie Ihr Berufsleben trotzdem als abwechslungsreich und spannend und mit viel Gestaltungsmöglichkeiten?
P.S.: Standesbeamter war ich nur nebenbei, das war nur Hobby. (lacht) Im Team der Verwaltung braucht man immer drei oder vier Vertreter, die einspringen. Trauungen habe ich ziemlich viele gemacht, aber ich war nie hauptamtlicher Standesbeamter. Ich hatte immer großes Glück, keine typischen Beamtentätigkeiten durchführen zu müssen. Ich habe beim damals neu gewählten OB Paul Kling als persönlicher Referent und Pressereferent begonnen, was sehr interessant war. Es war die Nahtstelle zur Öffentlichkeit, zu den Medien und man war bei Sitzungen dabei. Der Aufgabenbereich ist dann um das Thema Erwachsenbildung, also VHS und Veranstaltungen, gewachsen. Seit 1996 war ich in der Hauptverwaltung, natürlich auch mit Verwaltungsthemen, aber auch Themen wie Städtepartnerschaften, Knabenkapelle und Stadtmauerfest betraut. Durchwegs interessante Aufgaben, die nie von acht bis vier Uhr zu machen waren, sondern wo man auch am Wochenende oder abends unterwegs sein durfte. Mir hat das eigentlich immer Spaß gemacht und das war wohl auch der Grund, warum ich mein ganzes berufliches Leben bei der Stadt Nördlingen verbracht habe.   

Bei Ihrer Verabschiedung sagte OB Wittner, die Tatsache, dass das Stadtmauerfest als kulturelles Highlight so erfolgreich und sich derart großartig entwickelt habe sei maßgeblich Ihr Erfolg. Warum?
P.S.: Ach, nicht mein Erfolg. Das ist auch ein Erfolg von Kontinuität und Tradition. Man hat 1984 das 350-jährige Gedenken der Schlacht bei Nördlingen begangen. Da hat man als einen Mosaikstein einen kleinen historischen Aspekt gemacht. Man hat das bisherige Stadtfest umgeswitcht auf ein historisches Fest. Da war ich dabei, mit vielen anderen. Das wurde dann größer und größer. Mir hat das immer Freude bereitet, weil man gestalten konnte, weil man – ich betone im Team – etwas Neues machen konnte. Insofern war es nicht nur mein Verdienst, sondern der Verdienst vieler, vor allem der Vereine und Institutionen.   

Seit 1987 waren Sie außerdem Leiter der Rieser Volkshochschule. Was waren wichtige Meilensteine dieser Bildungseinrichtung?
P.S.: Das war eigentlich ein Zufall. Ich war in meiner Aufgabe als Pressereferent mal ein Jahr im Tourismusamt. Damals war die Erwachsenenbildung beim Tourismus angegliedert. Das hat mir vom ersten Tag an Spaß gemacht, weil man so frei planen und agieren konnte, ohne groß eingeengt zu werden. Als dann der neue Touristiker kam, wollte der sich auf den Tourismus beschränken und so war die Volkshochschule als Bereich zunächst nicht mehr eingeordnet. Also hat man zu mir gesagt: Ach, Sie haben das doch so gut gemacht, machen Sie das doch weiter. Das ist mir dann auch bis zum Schluss geblieben. Dort gibt es auch ein tolles Team von Kolleginnen. Ja, was hat sich verändert in all den Jahren? Die Volkshochschule hat ein modernes Image bekommen, hat die Angebotsbreite wesentlich erhöht und das räumliche Angebot wesentlich verbessert. Früher waren die VHS-Kurse immer abends in Schulen auf ungeeignetem Mobiliar. Wenn jemand nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zu einem Kurs geht, dann muss die Umgebung passen! Insofern hat sich die Zahl der Kurse, das Angebot für Körper, Geist und Seele wesentlich erhöht. Es ist auch gelungen, viel mehr Kursleiter und Kursleiterinnen zu begeistern. Sie sind ja das Rückgrat der Volkshochschule.

Sie sitzen für die CSU im Kreistag und seit einigen Jahren auch im Bezirkstag. Lassen sie uns über die Kommunalpolitik sprechen.

Warum haben Sie sich entschieden, in die Politik zu gehen?
P.S.: Nach vielen Jahren in der Verwaltung ohne politische Ambitionen kandidierte ich im Jahr 2002 für die Liste der Jungen Bürger für den Kreistag und wurde gewählt. Als nächster Schritt dieser politischen Aktivitäten folgte 2006 eine Kandidatur udas Amt des Oberbürgermeisterin Nördlingen, wo ich jedoch Hermann Faul unterlag. Ich blieb im Kreistag, auch nach 2006. 2013 ergab sich in Nachfolge von Alois Stadler die Gelegenheit, bei der Bezirkstagswahl für die CSU für das Direktmandat im Landkreis Donau-Ries zu kandidieren. Nachdem mir die Themen, die dort bearbeitet werden, zusagten, habe ich „ja“ gesagt. Ich bin, was mich sehr gefreut hat, gewählt worden. So war die Entwicklung zu diesem "Doppelleben“: Verwaltung bei der Stadt Nördlingen und politische Aktivität. 

Im vergangenen Herbst wurden Sie erneut in den Bezirkstag gewählt und sind seit November stellvertretender Bezirkstagspräsident. Was bringt dies Aufgabe mit sich?
P.S.: Der Bezirk wird auch Sozialparlament genannt, weil ein Großteil der ihm anvertrauten Haushaltsmittel für die Schwächeren der Gesellschaft, also für soziale Dinge eingesetzt werden. Das heißt für die Menschen mit Behinderungen, für die Pflege, für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Das sind die Hauptaufgaben des Bezirks in Zusammenarbeit mit den Sozialträgern wie Lebenshilfe Donau-Ries und Stiftung Sankt Johannes. Das sind sehr, sehr wichtige Aufgaben. Der zweite Aufgabenbereich, nicht minderwichtig, aber finanziell natürlich nicht so bedeutend sind die Aufgaben der überregionalen Kulturarbeit, Tradition, Brauchtumspflege und Volksmusik Ich bin seit 2013, also seit zwei Wahlperioden dabei und jetzt für die dritte Wahlperiode wiedergewählt. Meine Fraktion, die CSU-Bezirkstagsfraktion, hat mich für das Amt des Bezirkstags-Vize nominiert, und der Bezirkstag hat mich gewählt. Das hat mich natürlich sehr gefreut, weil es eine Anerkennung der bisherigen Arbeit ist. Ich bin der Vertreter des Bezirkstagspräsidenten. Man vertritt ihn bei repräsentativen Terminen, bei Terminen im Bezirk, in der Bezirksverwaltung und man nimmt an allen Sitzungen teil. Man ist so etwas stärker an der Nahtstelle zwischen Politik und Verwaltung. Das passt jetzt ganz gut, weil ich von meinen dienstlichen Aufgaben bei der Stadt Nördlingen befreit bin. Insofern ist es eine schöne Aufgabe, die etwas mehr Zeit und Flexibilität einfordert, aber das kann ich einbringen!   

In der öffentlichen Wahrnehmung geht die Arbeit des Bezirks oft unter. Warum eigentlich?
P.S.: Das ist so, und das war immer so, dass die Bezirke etwas im Schatten standen. Bei den sozialen Themen interessiert man sich nicht dafür, solange man selbst oder in der Familie nicht betroffen ist, vom Thema geistige Behinderung, vom Thema, wer zahlt den Pflegeplatz für meine Angehörigen, vom Thema, wo bekomme ich Behandlung, wenn ich an der Seele erkranke? Aber wenn die Betroffenheit da ist, wird sehr schnell gefragt und geschaut, wer Hilfe bieten kann. Dann sind die Bezirke sehr schnell im Spiel .Die Träger betreiben die Werkstätten, Förderstätten, Betreuungseinrichtungen und Wohnheime. Für den Außenstehenden ist die Verbindung zum Bezirk Schwaben nicht sofort klar. Er, der Bezirk, ist jedoch wichtiger Partner und Kostenträger. Auch sind es im Bezirk nicht oft sehr große und kontrovers diskutierte Themen, die in der Öffentlichkeit von sich reden machen. Sozialpolitik ist politische Arbeit im Hintergrund. Bei den kulturellen Themen ist es etwas anders, da weiß man, das Museum in Maihingen gehört zum Bezirk, aber man weiß schon nicht mehr, dass z.B. die Schlosskonzerte Leitheim oder das Käthe-Kruse-Museum in Donauwörth vom Bezirk unterstützt werden. Es hat sich viel getan im Bereich Öffentlichkeitsarbeit in der Bezirksverwaltung. Die Sozialen Medien werden sehr professionell bedient, es wird eine sehr gute aktuelle Internetseite betreut und es wird über Veranstaltungen berichtet. Da hat sich schon viel getan, um den Bezirk näher zu den Menschen zu bringen.               

Immer mehr Menschen leiden an psychischen Erkrankungen. Die psychiatrische Versorgung ist eine wichtige Aufgabe des Bezirks. Wie ist der Bezirk Schwaben hieraufgestellt?
P.S.: Es gibt ein vielfältiges Hilfsnetz für Menschen, die an der Seele erkranken. Das werden, den gesellschaftlichen Umständen geschuldet, immer mehr. Es gibt ein niederschwelliges Hilfsnetz, begonnen mit Beratung, Krisentelefon, Tagesstätten, wo man sich hinwenden kann, um Halt und Stabilität zu bekommen. Aber es geht auch hin zu unseren Bezirkskrankenhäusern für psychisch erkrankte Menschen. Es ist wichtig, dass die Versorgung über ganz Schwaben wohnortnah angeboten werden kann. 

Und im Landkreis Donau-Ries?
P.S.: Deshalb ist es so wichtig, dass auch wir im Landkreis Donau-Ries, was viele immer noch nicht wissen, ein Bezirkskrankenhaus haben. Örtlich ist es verknüpft mit der Donau-Ries-Klinik in Donauwörth. Dieses Hilfsangebot trägt auch dazu bei, betroffene Erkrankte
nicht zu stigmatisieren, sondern Ihnen wohnortnah und diskret Hilfe vor Ort anzubieten .Die Lösung ist in Donauwörth das Bezirkskrankenhaus, das früher eine Außenstelle von Günzburg war. Mittlerweile ist es ein selbstständiger Standort in unserem großen Kommunalunternehmen. Im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist die Einrichtung der Katholischen Jugendfürsorge in Nördlingen zuständig. Auch hier besteht steigender Hilfebedarf.

Mit diskret ist aber nicht gemeint, diese Menschen zu verstecken, oder?
P.S.: Jeder Patient besucht das gleiche Krankenhausgebäude, egal ob er im Bezirkskrankenhaus Hilfe sucht oder in der Kreisklinik. Man muss über die Einrichtung reden, weil die Leute wissen müssen, dass es sie gibt. Mit diskret meine ich, dass niemand stigmatisiert werden
soll, weil er wegen einer psychischen Erkrankung ins Krankenhaus muss.

Der Bezirk Schwaben unterstützt auch Menschen mit Behinderungen. Für was genau ist der Bezirk hier zuständig?
P.S.: Der etwas sperrige Begriff heißt „Eingliederungshilfe“. Das bedeutet, dass Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung möglichst gut ins Leben eingegliedert werden sollen. Eingliederung findet in allen Lebensbereichen statt: Kindertagesstätte, Schule, Ausbildung, Arbeit, Wohnen, Freizeit. Um diese Inklusion zu fördern und den Menschen mit Behinderung ein möglichst normales Leben zu ermöglichen, unterstützt der Bezirk mit vielen individuellen Hilfsleistungen und finanziert Einrichtungen mit Menschen mit Handicap. Das sind keine Einrichtungen des Bezirks, aber der Bezirk ist Kostenträger. In unseren Gremien werden Plätze genehmig und es werden Pflegesätze ausgehandelt. Deshalb ist für den örtlichen Bezirksrat ein enges Verhältnis zu diesen Sozialträgern sehr wichtig. Wichtig ist auch die Diskussion um die Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Natürlich strebt man immer die vollendete Inklusion an. Das würde
bedeuten, dass jeder Mensch mit geistiger Behinderung am ersten Arbeitsmarkt Fuß fasst. Das ist aber zur Zeit noch gesellschaftliche Vision, auch weil nicht jeder Mensch mit geistiger Behinderung das möchte und zu leisten im Stande ist. Ich sage, man muss auf den einzelnen Betroffenen und seine Familie schauen, um zu entscheiden, was das Richtige ist. Das Wichtigste ist, sich den Menschen anzunehmen, passende Einrichtungen zu bieten und gleichzeitig ihnen die Möglichkeit der Entwicklung zu geben, damit sie ein selbstbestimmtes Leben innerhalb der Gesellschaft führen können. Neben der Eingliederungshilfe für Menschen mit geistiger und/ oder körperlicher Behinderung und der Hilfe für psychisch kranke Menschen, ist der Bezirk auch für die pflegebedürftigen Menschen als dritte wichtige Gruppe zuständig. Der Bezirk finanziert die Pflegekosten mit, wenn die eigenen Mittel nicht ausreichen.     

  Außerdem schreibt sich der Bezirk die Pflege und Förderung der schwäbischen Kultur auf die Fahnen. Wie wird das umgesetzt?
P.S.: Es geht darum, Kultur in ganz Schwaben sichtbar zu machen. Schwaben ist eine sehr kulturreiche Region, nicht nur in den Zentren, sondern in ganz Schwaben. Es geht darum, die schwäbische Identität, die auch regional unterschiedlich sein kann, herauszustellen. Der
Bezirk hat dafür eigene Einrichtungen: Unsere Bezirksmuseen in Maihingen, Oberschönenfeld und Illerbeuern. Der Bezirk unterstützt durch Zuschüsse auch andere Museen oder kulturelle Aktivitäten im Bereich der Musik, des Theaters usw., die überregionale Wirkung haben. Da wird der Bezirk durchaus sichtbar weil wir der Meinung sind, dass die kulturelle Identität Heimat bildet und für die Menschen in diesen aufgewühlten Zeiten der Globalisierung und vielem mehr ganz wichtig ist. Das geht von Trachtenförderung über Volksmusik bis hin zu einem Popularmusikbeauftragten, der junge Leute, die Musik machen wollen, unterstützt.

Was macht die Kultur im Donau-Ries für Sie aus?
P.S.: Das Museum KulturLandRies ist die schwäbisch Kultureinrichtung in unserer Region, die die landwirtschaftliche Geschichte aufzeigt. Viel Brauchtum und Tradition, aber es schlägt auch immer wieder den Bogen in die Neuzeit. Das ist ein guter Ort der Begegnung für Jung und Alt. Das ist gelebte Heimat! 

Im neuen Bezirkstag sitzen nun sechs AfD-Mitglieder. Wie hat sich die politische Arbeit im Bezirkstag verändert?
P.S.: Da schließe ich mich der jüngsten Erklärung des Bezirkstagspräsidenten voll und ganz an, der gesagt hat, dass gerade in einem Bezirkstag als Sozialparlament kein Platz für Ausgrenzung, Diskriminierung, Rassismus oder gar Hassrede ist. Aktueller Anlass war dieses Treffen in Potsdam mit unsäglichen Remigrationsplänen oder gegrölte ausländerfeindliche Parolen am Rande des AfD-Parteitag in Greding. Der Bezirkstagspräsident hat es richtig formuliert, dass derartige Auswüchse in diesem Bezirkstag keinen Platz haben und wir alle angehalten sind, dafür unseren Beitrag zu leisten. Ich bin froh und dankbar, dass es im neuen Bezirkstag klare Mehrheitsverhältnisse gibt, sodass es nicht auf die Vertreter der AfD als Zünglein an der Waage ankommt. 

Ein Blick in die Zukunft: Möchten Sie nach dieser Wahlperiode eigentlich weitermachen?
P.S.: Das habe ich bereits erklärt. Ich bin jetzt bald 64 Jahre alt, am Ende der Wahlperiode dieses Bezirkstages 68 Jahre. Das wird meine letzte Wahlperiode als Vertreter des Landkreis Donau-Ries im Bezirk Schwaben sein. Man muss wissen, wann man aufhört und selbstbestimmt aufzuhören ist eine wichtige Sache.

Bild: Stiftung Sankt Johannes

Sie sind außerdem Gemeinderat und CSU-Vorsitzender in Fremdingen

Bild: Katharina Trinkl

Welche Themen beschäftigen Sie gerade dort?
P.S.: Fremdingen ist eine Gemeinde im ländlichen Raum. Es geht darum, Lebensbedingungen zu schaffen, dass dort Familien, Jugend und auch Ältere gut leben können. Dabei geht es um die medizinische Versorgung, Breitband, öffentlicher Personennahverkehr usw. Wenn eine Gemeinde diese Dinge bietet, und da ist Fremdingen auf einem guten Weg, dann kann es auch für die Zukunft Heimat sein. Ganz aktuell haben wir über die Mobilfunk- und Breitbandversorgung, über die Erweiterung von Baugebieten und die Innenraumentwicklung diskutiert.
Wie schaffen wir es, dass wir nicht nur auf der grünen Wiese Baugebiete erschließen, sondern dass im Kern, wo es aufgelassene Hofstellen gibt, diese wieder revitalisiert werden?                       

Sie engagierten sich ehrenamtlich im Freundeskreis der ehemaligen Synagoge Hainsfarth. In Zeiten wie diesen, wo Begriffe wie „Remigration“ Bestandteil der Berichterstattung sind, ist dieses Engagement wichtiger denn je. Warum liegt ihnen das Thema ganz besonders am Herzen?
P.S.: Die ehemalige Synagoge als Kultur-, Veranstaltungs- und Erinnerungsraum lebendig zu erhalten ist ganz, ganz wichtig, um für Toleranz und Akzeptanz zu werben und ein klares Zeichen gegen jede Form des Antisemitismus zu setzen. Es geht auch darum, Informationen über die jüdische Kultur und die Religion zu vermitteln. Oft wissen die Menschen viel zu wenig über die jüdische Geschichte. Deshalb ist es eine sehr wichtige Arbeit, die Frau Atzmon mit ihrem Team hier leistet. (Anm. d. Red.: Siggi Atzmon ist Vorsitzende des Freundeskreises der ehemalgien Synagoge Hainsfarth.) Ich versuche im Rahmen meiner Möglichkeiten hier zu unterstützen.   

Trotz Ruhestand sind sie weiterhin politisch und im Vereinsleben aktiv. Wie hat sich ihr Leben nach dem Eintritt in den Ruhestand
verändert?

P.S.: Es wurde etwas selbstbestimmter. Ich habe etwas mehr Zeit für die privaten Dinge. Ich habe einen relativ großen Garten und mittlerweile drei Enkel. Das ist sehr schön, wenn man dafür auch etwas Zeit hat. Es ist nicht langweilig geworden, aber etwas selbstbestimmter. 

Was machen Sie, wenn sie ein Wochenende frei haben?
P.S.: Zwei meiner Enkel leben in Hamburg. Meine Frau und ich versuchen hier den Kontakt zu halten und möglichst oft mit dem Zug nach Hamburg zu fahren. Ansonsten ist unsere Region so schön. Wir sind mittlerweile E-Biker und das ist eine gute Gelegenheit, die nähere
Heimat besser kennenzulernen.

Haben Sie einen Spruch oder ein Lebensmotto, das Sie begleitet?
P.S.: Als Lateiner im Herzen: Carpe diem – Nutze den Tag. Das war immer ein guter Anhaltspunkt, dass man etwas anfängt mit seiner Zeit. Und wenn es ein bisschen etwas für die Allgemeinheit sein kann, ist es ja auch nicht so schlecht.

Kommen wir zum Self-Rating Test. Schätzen sie bitte ihre Fähigkeiten von Null Punkten-Völlig unbegabt- bis zu zehn Punkten -maximale Begabung- ein

Organisationstalent?
P.S.: 9 Punkte.

Netzwerker?
P.S.: 8 Punkte.

Koch?
P.S.: 1 Punkt.

Fußballspieler?
P.S.: In meiner Jugend habe ich mal gespielt, aber davon ist nicht mehr viel da. Ich gebe mir 5 Punkte.

Herzlichen Dank für dieses interessante Gespräch, Herr Schiele.