Kunst um der Kunst willen! Im 19. Jahrhundert wurde diese Redewendung in Frankreich zum Leitmotiv zahlreicher Freigeister. Die Kunst sollte nur noch sich selbst genügen und frei von allen äußeren Zwecken sein. So eröffneten sich der damaligen Avantgarde neue Möglichkeiten, sich künstlerisch auszuprobieren.
Fast könnte man meinen, Wolfgang Balzer wäre ein direkter Nachfahre dieser Bewegung. Auch der Nördlinger Maler macht sich das Leitmotiv „Kunst um der Kunst willen“ zu eigen und sucht ständig neue Herausforderungen. „Das, was ich schon kann, das kann ich ja“, begründet er seine künstlerische Neugier, die ihm größte Freude bereitet. „Für mich ist es ein Privileg, so frei zu sein.“
Und diese Freiheit lebt er voll aus, wie sich schon in seiner persönlichen Sicht auf das eigene Schaffen zeigt. Die Bezeichnung Nördlinger Künstler würde er selbst nie verwenden. „Ich trete immer auf und sage, dass es mein Hobby ist.“ Der Zusatz des Nördlinger Künstlers sei ihm hingegen im Laufe der Zeit von der Öffentlichkeit verliehen worden – welcher ihm jedoch auch gefällt, wie er zugibt.
Zeitweise ging das Malen verloren
Dass es hingegen so weit gekommen ist, fühlt sich für den gebürtigen Nördlinger, der beruflich als Bautechniker im Architekturbüro sl2 tätig ist, immer noch fast unwirklich an. Die Anfänge seiner Liebe zur Kunst liegen bereits in der Kindheit. Schon zu Kindergarten und Schulzeiten hat er sich mit Bleistift und Kohle ausprobiert. Und Nördlingen war bereits damals sein Leitmotiv.
Doch während Wehrdienst und Studium schlief seine malerische Ader komplett ein. Einzig bei der Gestaltung des Maibaums für den SC Athletik Nördlingen hatte er noch Bezug zur Kunst. Zudem versuchte er sich immer wieder in Installationen, was er bis heute beibehalten hat. So steuerte er zum Kunstpfad 2019 das Auge in Großsohrheim bei. Da die Stadt Harburg das Kunstwerk im Anschluss gekauft hatte, ist die Installation immer noch zu sehen.
Zum Malen fand er jedoch erst im Laufe der Zeit zurück. Freunde schenkten ihm zum 40. Geburtstag einen Kurs an der Freien Kunstakademie in Augsburg. „Da ist die Leidenschaft am künstlerischen Tun wieder richtig bei mir geweckt worden.“ Danach wagte er den Sprung zur Farbe und entdeckte das Aquarell für sich.
Nördlingen ist die große Leidenschaft
Aber auch wenn sich das Material – mittlerweile versucht sich Balzer auch in Acryl - ändert, eines bleibt: seine Leidenschaft für Nördlingen, die ihm auch den Namenszusatz ‚Nördlinger Künstler‘ einbrachte. „Mittlerweile hat es Größenordnungen angenommen, das hätte ich vor zwei, drei Jahren nicht gedacht“, staunt Balzer selbst über seinen Erfolg.
Eines seiner bekanntesten Kunstwerke ist die Nördlingen-Silhouette auf einem Bus. „Wow! Deine Silhouette fährt jetzt in der Größe durch die Stadt!“, erinnert sich Balzer noch an seine Gedanken, als der Bus erstmals an ihm vorbeifuhr. „Das ist dann schon eine andere Stufe, wo der Bekanntheitsgrad steigt.“
Auch im Freibad kann die Öffentlichkeit ein Werk von ihm bestaunen. „Das genieße ich schon. Alles andere wäre gelogen.“
Malen ist wie Meditation
Dennoch sucht er nicht den Ruhm. „Wenn ich male, ist das wie Meditation“, verrät er seine wahre Motivation. „Ich male nicht um des Ergebnis willen, sondern bin beim Malen komplett bei mir. Das beruhigt mich wahnsinnig.“ Daher will er sich in seinem künstlerischen Prozess auch nicht von Fristen treiben lassen – auch nicht bei Auftragsarbeiten. „Ich will mich nicht zwingen müssen. Ich will mir die Freiheit behalten, so viel Zeitpuffer zu haben, dass ich zwei Wochen nicht daran denke und dann kommt es plötzlich.“
Was sich jedoch geändert hat, ist die Gefühlswelt seiner Gemälde. Zum 15. Jubiläum der Palliativstation Nördlingen im Jahr 2023 hat Balzer acht Bilder gemalt. Dort entdeckte er eine besondere Emotionalität, die sich nun auch in seinen Werken widerspiegelt. Früher habe er nach eigener Aussage gefühllos gemalt. Mittlerweile seien seine Bilder aussagekräftiger. „Ich bin gespannt, ob das dauerhaft anhält.“
Was sicher von Dauer sein wird, ist seine Liebe zu Nördlingen. Aktuell hat er sich zwar etwas von diesem Motiv abgewandt. Doch „das wird sich nie verlieren. Es ist und bleibt meine Heimat.“
Und mit dieser Heimat ist er dank seiner öffentlichen Kunstwerke eng verbunden. In einigen Jahren könnte diese Verbundenheit sogar noch inniger werden – wenn Wolfgang Balzer in Rente geht. Dann sei er „frei für die Kunst“, freut er sich schon auf diese Zeit.