Helfende Hände Mittleres Ries

Wir schaffen das zusammen

Bild: Sieglinde Besel
„Manchmal brauchen wir einfach nur eine Hand, die unsere hält und einen Menschen, der uns sagt: ‚Wir schaffen das zusammen!‘“ Frei nach diesem Motto gründete sich bereits 2018 die Nachbarschaftshilfe „Helfende Hände Mittleres Ries“ für die Gemeinden Alerheim, Deiningen und Wechingen mit dem erklärten Ziel, Senior*innen möglichst lange ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben in ihrem vertrauten Wohnumfeld zu ermöglichen.

Dem vorausgegangen waren einige Jahre der Planung, denn bereits 2015 wurde die Idee erstmals öffentlich diskutiert. Das Besondere: Anders als bei vielen Nachbarschaftshilfen aus der Region ist der Träger der „Helfenden Hände“ kein Verein oder die Kirche, sondern die Kommune selbst. Entsprechend ist auch Sieglinde Besel, Hauptverantwortliche für die Nachbarschaftshilfe, direkt bei der Gemeinde Deiningen angestellt. Die gelernte Programmiererin, die zuvor für eine Sozialstation gearbeitet hat, begleitet das Projekt seit der Gründung und ist für die komplette Verwaltung, Organisation und Abrechnung verantwortlich.

Besel: "Zeit ist Luxus, den wir uns bewusst gönnen und leisten wollen"

Dass aller Anfang schwer ist, mussten die Initiatoren recht früh erfahren, die Gründung gestaltete sich schwieriger als zunächst angenommen. „Wir haben damals Politiker eingeschaltet und sind bis zur obersten Ebene gegangen, um unser Vorhaben nach unseren Vorstellungen umzusetzen“, erzählt Besel. In der Zwischenzeit haben sich die „Helfenden Hände“ allerdings zu einer echten Konstante im Alltag der drei beteiligten Gemeinden entwickelt. Während man zu Beginn noch mit rund zehn Helfer*innen angefangen hatte, ist die Anzahl an helfenden Händepaaren mittlerweile auf 50 gestiegen – 30 davon sind regelmäßig im Einsatz und kümmern sich um rund 60 Klient*innen, die sich recht gleichmäßig auf Deiningen, Alerheim und Wechingen verteilen. Besonders stolz ist Besel darauf, dass rund 20 Senior*innen bereits seit Tag eins das Angebot der Nachbarschaftshilfe in Anspruch nehmen und in dieser Zeit fleißig Werbung gemacht haben. „Das ist ein schönes Zeichen der Wertschätzung und zeigt, dass wir mit unserer Entscheidung vor sechs Jahren genau richtig lagen“, erklärt Besel.

In einer schnelllebigen Gesellschaft gehen die Bedürfnisse von Seniorinnen und Senioren oft unter.

Genauso individuell wie die Klient*innen selbst, sind dabei in der Regel auch ihre Wünsche. So sei es üblich, dass einige der Senior*innen nur ein bis zwei Mal im Jahr mit einem Anliegen auf die „Helfenden Hände“ zukommen. Andere wiederum benötigen wöchentlich Hilfe bei Fahr- und Begleitdiensten, beim Einkaufen oder Rasenmähen. Für die Nachbarschaftshilfe ist dabei völlig klar, dass neben den klassischen Hilfsangeboten vor allem der Faktor Zeit eine immer wichtigere Rolle spielt. Die „Helfenden Hände“ gehen hier einen anderen Weg und nehmen sich bewusst mehr Zeit für ihre Klient*innen. „Das ist ein Luxus, den wir uns gönnen und auch leisten wollen“, erklären die Verantwortlichen. 

Das Angebot richtet sich an alle Einwohner*innen aus Alerheim, Deiningen und Wechingen, die mindestens 60 Jahre alt sind. Die Kosten halten sich dabei mit zehn Euro pro Stunde in Grenzen – neun Euro gehen davon direkt an die Helferinnen und Helfer, ein Euro bleibt bei der Verwaltung. Dass die verantwortlichen Gemeinden damit nicht reich werden, erklärt sich beim Blick auf die Zahlen fast schon von selbst. Generell sei sogar eher das genaue Gegenteil der Fall, verrät Besel: „Wir sind in der glücklichen Situation, dass die Verantwortlichen unseren Verlust ausgleichen. Dadurch können wir unsere Leistungen so günstig anbieten.“

Gemeinsam zu Mittagessen in Wemding

Ergänzt wird das Angebot bereits seit Oktober 2018 durch das Projekt „Auf Rädern zum Essen“: Gemeinsam mit einer Gruppe ehrenamtlicher Helfer*innen geht es für die Seniorengruppe jeden Freitag zum Mittagessen zum Wallfahrtswirt nach Wemding – ein echtes Wochenhighlight und eine lieb gewonnene Tradition für alle Teilnehmer*innen. „Um einen Ersatz während der Coronazeit zu schaffen, haben wir zeitweise sogar einen Lieferservice nach Hause angeboten“, erinnert sich Sieglinde Besel. 

Und auch für die Zukunft scheint die Nachbarschaftshilfe gut aufgestellt, obwohl sich die Suche nach neuen Helfer*innen nicht immer ganz einfach gestaltet. So plant Besel bereits jetzt mit neuen Projekten, die den generationenübergreifenden Austausch weiter in den Vordergrund stellen sollen. Ein gemeinsames Nähprojekt zwischen Jugendlichen und Senior*innen in diesem Jahr war hierzu ein erster Vorgeschmack für die zukünftigen Planungen.

Dieser Artikel ist in der blättle Ausgabe 58 September/Oktober 2024 erschienen und ist auch in unserem Webkiosk als E-Paper verfügbar.