18. März 2022, 08:00
Zukunft Fahrrad

Ist das Fahrrad eine echte Alternative im Alltag?

Bild: iStock ©Canetti
Alexander Wolfinger ist seit Oktober 2019 Radverkehrsbeauftragter des Landkreises Donau-Ries. Zuvor arbeitete er bereits über zehn Jahre im Landratsamt. Für den passionierten Radfahrer ist der Radverkehr nicht nur Beruf, sondern zeitgleich auch Hobby und Leidenschaft. Wir haben mit ihm über seine Aufgaben, Ziele und die Frage gesprochen, wie gut der Landkreis tatsächlich in Sachen Fahrradmobilität aufgestellt ist.

Hallo Herr Wolfinger, schön, dass Sie sich die Zeit genommen haben. Beschreiben Sie doch bitte was alles zu Ihren Aufgaben gehört.

Alexander Wolfinger: Gerade in der Anfangszeit bestand mein Tagesablauf fast ausschließlich aus Bestandsaufnahme. Wie umfangreich ist unser Radverkehrskonzept? An welchen Verkehrspunkten sind wir bereits gut aufgestellt und wo gibt es Lücken, die man in den nächsten Jahren schließen möchte? Ergänzt werden diese Aufgaben durch überregionale Projekte wie z. B. das Stadtradeln. Das nächste große Ziel soll aber eine digitale Karte sein, auf der alle Radwege des Landkreises aufgeführt sind. Die Karte enthält Informationen über den aktuellen Zustand des Radweges, Behinderungen durch Baustellen oder ob der Weg im Winter geräumt wird oder nicht.

Wie gut sind wir in Sachen Fahrradmobilität im Landkreis aufgestellt?

AW: Gerade zwischen den Städten und Gemeinden sind wir relativ gut aufgestellt. Wenn man aber die Radwegekarte betrachtet, gibt es nach wie vor einige Bereiche, in denen Nachholbedarf besteht. Das gilt auch für die Infrastruktur und die Vernetzung mit Öffentlichen Verkehrsmitteln. Hier würden zum BeispielFahrradboxen an Bahnhöfen einen echten Mehrwert für Radfahrer*innen bieten – eines meiner Herzensprojekte. Viele Kommunen haben mittlerweile ein eigenes Radwegekonzept oder zumindest eines in Auftrag gegeben, das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Wie groß ist der Radverkehrsanteil im Landkreis Donau-Ries und was ist im Hinblick auf die Mobilitätswende ein erklärtes Ziel?

AW: Aktuell liegen wir im Landkreis Donau-Ries bei einem Radverkehrsanteil von rund zwölf Prozent. Auf Sicht gesehen, hoffen wir aber darauf, dass dieser Anteil auf mindestens 20 Prozent steigt. Positiv stimmt uns, dass es sich bei einem Großteil der aktuellen Pkw-Fahrten um Fahrten in Nahdistanz handelt. Mit einer entsprechend ausgebauten Infrastruktur könnte hier in Zukunft öfter das Fahrrad zum Einsatz kommen. Leider glaube ich trotzdem, dass man erst ab einem Radverkehrsanteil von 30 Prozent von einer endgültigen Verkehrswende sprechen könnte.

Kann das Fahrrad in Zukunft auch im ländlichen Donau-Ries eine echte Alternative zum Pkw darstellen?

AW: Hier muss man grundsätzlich unterscheiden, über welche Distanzen wir sprechen. Ich persönlich glaube, dass das Fahrrad auf einer Strecke bis zu maximal acht Kilometern eine echte Alternative darstellen kann, auch für den Weg zur Arbeit. Wer sich darauf einlässt, wird feststellen, dass man die Heimfahrt gut zum Abschalten nutzen kann. Außerdem tut man nebenbei direkt etwas für seine Fitness. Natürlich ist mir bewusst, dass der Landkreis und die Kommunen entsprechende Voraussetzungen schaffen müssen.

Welche Rolle nehmen dabei Aktionen wie „Stadtradeln“ oder „Mit dem Rad zur Arbeit/Schule“ ein?

AW: Grundsätzlich wirkt sich jede Aktion, die das Radfahren in den Fokus bringt, positiv aus. Das Stadtradeln 2021 hatte außerdem einen direkten Einfluss auf die Radverkehrsplanungen des Landkreises. Per Radar, der in der Stadtradeln-App abrufbar war, konnten Radfahrer*innen Gefahrenstellen, fehlende Beschilderung etc. melden. Diese Meldungen wurden im Anschluss nicht nur an mich, sondern auch direkt an die zuständigen Kommunen weitergeleitet.

Wenn Sie die Augen schließen – wie sehen Sie den Landkreis in zehn Jahren?

AW: Mein größter Wunsch wäre ein geschlossenes Radwegenetz. Außerdem glaube ich, dass man zu diesem Zeitpunkt auf alle Fälle von einer Verkehrswende sprechen kann – zumindest befinden wir uns 2032 auf der Zielgeraden.

Was würden Sie sich persönlich wünschen, wenn es um das Thema Radfahren geht?

AW: Ein persönliches Anliegen ist mir die gegenseitige Rücksichtnahme der unterschiedlichen Verkehrsformen und ich hoffe, wir können in Zukunft die Bedingungen dafür schaffen, dass die Attraktivität des Radfahrens für alle Bürger*innen im Landkreis gesteigert wird.

Für das Jahr 2022 sind bereits fünf konkrete Bauprojekte geplant. Dafür wurden im Vorfeld finanzielle Mittel in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro bewilligt.

  • Lückenschluss des Radwegs westlich von Balgheim (mit Anschluss an einen Wirtschaftsweg)
  • Verbindungsweg von Sulzdorf Richtung Buchdorf (1. Bauabschnitt)
  • Radweg an der DON 4 zwischen Schopflohe und Hausen
  • Lückenschluss des Radwegs zwischen Ronheim und Heroldingen auf Höhe Katzenstein
  • Radweg zwischen Maihingen und Dürrenzimmern