Nördlingen eröffnet den Grundgesetzpfad: „Einer der größten Schätze“

Am 23. Mai feiert das deutsche Grundgesetz seinen 75. Geburtstag. Im Rahmen dieser Festlichkeiten eröffnete die Stadt Nördlingen am Montag im Gewölbekeller des Rathauses einen Seh- und Hörpfad, der 15 Orte in der ganzen Stadt umfasst. An jedem Ausstellungsort ist ein Artikel des Grundgesetzes ausgestellt. Dieser wurde vom Nördlinger Typografen Oskar Bernhard gestaltet. Dazu gibt es eine Audiospur, in der eine Person von einem persönlichen Erlebnis berichtet, das im Zusammenhang mit dem jeweiligen Grundgesetzartikel steht.

Die Audiospuren können unter www.noerdlingen.de/grundgesetz abgerufen werden. Zudem ist dort jeder einzelne Artikel abgebildet und mit einer kurzen Erklärung versehen. Zusätzlich gibt es auch eine Erklärung in Leichter Sprache. Ziel ist es, möglichst viele Menschen an dieser Ausstellung teilhaben zu lassen, denn „das Grundgesetz hat mit jeder Einzelnen und jedem Einzelnen zu tun und ist einer der größten Schätze, die unsere Demokratie zu bieten hat“, wies Frau Dr. Emmerling, Leiterin der Kultur- und Erwachsenenbildung, als Kuratorin der Ausstellung auf die Bedeutung des Grundgesetzes hin.

Auch Nördlingens Oberbürgermeister David Wittner zeigte sich begeistert von den Werken – und das gleich in doppelter Hinsicht. „Oskar Bernhard ist in dieser Stadt als Drucker und Schriftsetzer eine Institution. Allerdings hatten wir bislang noch kein Werk von ihm dauerhaft im Besitz der Stadt. Jetzt haben wir mit den Drucken auch Werke von ihm“, würdigte er das Werk des Typografen.

Zudem habe das Grundgesetz eine herausragende Bedeutung, die man nun mit den Werken Bernhards und dem gestalteten Pfad aufzeigen könne. „So passt die Ausstellung gut in das Jubiläumsjahr und hat für die Stadt auch einen dauerhaften Wert. Das ist was Besonderes für uns.“ Zumal es in der aktuellen Zeit wichtig sei, das Thema Demokratie wieder in die Öffentlichkeit zu bringen, wie Wittner betont. „Die Demokratie und Marktwirtschaft, wie wir sie hier haben, ist das bestmögliche System. Davon bin ich überzeugt.“ Daher müsse man wieder in den Diskurs treten und andere Meinungen aushalten. „Dafür muss man raus ins richtige Leben. Auch dazu kann der Grundgesetzpfad anregen.“

Zum Nachdenken anregen ist auch ganz im Sinne des Künstlers selbst. Dies will er mit typografischen Anreizen schaffen. So ist im Artikel 6 das Wort Ehe spiegelverkehrt gedruckt – „andersrum“, wie Bernhard es bezeichnete. Damit will er auch die Homoehe in den Artikel einfließen lassen. Zudem ist das Wort Familie mit einem kleinen l und i gedruckt, obwohl der restliche Artikel komplett in Großbuchstaben abgebildet ist. „Das kleine l könnte man also als Erwachsenen nehmen und das kleine i steht für ein Kind. Das sagt uns, dass sich die Ehe verändert hat, genauso eine Familie. Man kann es interpretieren als alleinerziehend mit Kind.“

Diese und alle weiteren typografischen Einfälle Bernhards können nun auf dem Grundgesetzpfad quer durch Nördlingen erkundet werden.