Das Bild zeigt je einen Vertreter der 13 Projekte, zusammen mit Paul W. Ritter , Kreisverbandsvorsitznder der VR-Banken im Landkreis Donau-Ries, (ganz rechts im Bild). Bild: Szilvia Izsó
59 Bewerbungen waren für den Heimatpreis 2021 eingegangen. Am vergangenen Freitagabend wurden nun im Stadtsaal Klösterle in Nördlingen die Gewinner geehrt.

„Ich bin die Heimat durchzogen, und ich habe sie reicher gefunden, als ich zu hoffen gewagt hatte.“ Mit diesem Zitat von Theodor Fontane, eröffnete Paul W. Ritter, Kreisverbandsvorsitzender der VR-Banken im Landkreis Donau-Ries, die Verleihung des Donau-Rieser Heimatpreises und betonte: "Ja wir sind die Heimat durchzogen und wir haben sie reicher gefunden, als wir je zu hoffen gewagt hätten. Alle Projekte auch die, die nicht prämiert wurden, zeigen welcher Reichtum in unserer Region und den Menschen steckt." Gemeint sei hier nicht der finanzielle Reichtum, sondern der ideelle Wert, der in der Heimat und den Menschen stecke, so Ritter.

Seit 30 Jahren wird alle drei Jahre der Donau-Rieser Heimatpreis verliehen. „Wir haben in den 30 Jahren bis heute 439 Bewerbungen erhalten, konnten 98 Preisträgerinnen und Preisträger auszeichnen und 85.000 Euro an Preisgeldern vergeben: Der „Donau-Rieser Heimatpreis“ ist damit der größte Wettbewerb seiner Art. In Form, Reichweite und Dotierung ist er einzigartig im Landkreis“, fuhr Ritter fort.

10. Donau-Rieser Heimatpreis

In diesem Jahr fand der Heimatpreis zum 10. Mal statt. Insgesamt 13.250 Euro an Preisgeld wurden an die Preisträger ausgeschüttet. Anders als in den Jahren zuvor wurde heuer ein Preis mehr vergeben. Aufgrund der Corona-bedingten Ereignisse in den letzten 19 Monaten hatten sich die Volksbanken und Raiffeisenbanken im Donau-Ries dazu entschieden, einen Corona-Sonderpreis auszuloben. Deshalb wurden heuer 13 statt 12 Preisträger geehrt.

Vergeben wurden die Preise durch eine 13-köpfige unabhängige Landkreisjury. Deren Mitglieder hatten im Vorfeld die Qual der Wahl und wählten durch geheime Punktevergabe die 13 Preisträger.

Heimat im Fokus

Das Thema Heimat stand bei der Verleihung im Fokus. So sagte Landrat und Schirmherr der Veranstaltung Stefan Rößle, dass immer wieder versucht werde zu definieren, was Heimat heißt. Es handle sich dabei um ein typisch deutsches Wort, dass es in Sprachen wie Französisch oder Englisch gar nicht gebe und nicht nur ein Wohnort, sondern ein Gefühl sei. Heimat sei außerdem wie eine leere Leinwand, auf der jeder Bürger seine Pinselstriche hinterlasse.

"Heimat lebt von den Menschen, die sich für sie einsetzen, betonte David Wittner, der Oberbürgermeister der Stadt Nördlingen. Auch gerade in Corona-Zeiten habe man die Heimat mit all ihren Vorzügen kennenlernen dürfen, sagte Wittner außerdem.

Auch die Festrede von Bezirksheimatpfleger Christoph Lang war vom Begriff Heimat geprägt. So sagte Lang: "Jeder hat eine andere Vorstellung von Heimat. Vielleicht ein unbestimmtes Geborgenheitsgefühl, einen geografischen Ort, eine Region, aber auch die Natur oder den Klang der Sprache. Aber wie auch immer man Heimat für sich definiert, so hat der Begriff auch eine gemeinsame Bedeutung: Es geht darum sich für etwas einzusetzen, was Heimat ist."

Nach der Festrede, und einer Darbietung der Gempfinger Hofmarkmusik, die den ganzen Abend musikalisch unter anderem mit Stücken aus Israel und der Ukraine begleitete, wurden die diesjährigen Preisträger, die bis zu diesem Zeitpunkt geheim geblieben waren, bekanntgegeben.

Der Corona-Sonderpreis ging an die SpVgg Deiningen. Bild: Szilvia Izsó

Erster Corona-Sonderpreis

Einige engagierte Bewerbungen, die sich mit Corona und der Bewältigung der Pandemie befassen, seien in diesem Jahr eingegangen, so Ritter. "Alle haben uns beeindruckt, aber eine Bewerbung fanden wir besonders herausragend. Wir haben daher weitere 1.000 Euro auf das Preisgeld obendrauf gepackt, um dieses Engagement zu würdigen - stellvertretend für die vielen Bemühungen, das Leben im Donau-Riestrotz Pandemie aufrecht zu erhalten.  Es ist die Spielvereinigung Deiningen e.V. mit ihren Aktionen „Gemeinschaft und Identifikation erleben trotz Corona“, so Ritter in seiner Laudatio.

Die Spielvereinigung Deiningen habe gezeigt, wie man trotz aller Einschränkungen sogar in einem Lockdown für die Mitglieder präsent sein könne, erklärte Ritter. Toll habe die Jury auch den offensiven Ansatz, mit dem Corona-Virus umzugehen, gefunden. "Es ging nicht nur um das Managen der schwierigen Situation, sondern es waren Gefühle erlaubt, auch negative oder ängstliche Gefühle und diese durften aktiv ausgelebt werden. Zum Beispiel bei einem originellen Corona-Masken-Wettbewerb oder einer Malaktion für Kinder, die so ihre Gefühle im Lockdown ausdrücken konnten“, begründete Ritter die Entscheidung der Fachjury.

 

Der 1. Platz in der Kategorie "Junges Donau-Ries" ging an den Bauwagen Broidaloch aus Ehingen am Ries. Bild: Szilvia Izsó

Kategorie Junges Donau-Ries 

Über den 1. Platz in der Sparte Junges Donau-Ries und 1000 Euro Preisgeld durften sich die Jugendlichen vom Bauwagen Broidaloch aus Ehingen am Ries freuen. Das ein erster Eindruck täuschen kann, zeigten die Jugendlichen der Jury mit einer unscheinbaren Bewerbung, die es "in sich hatte". "Wer je eine Broschüre oder eine Chronik oder eine Schülerzeitung oder einen Jahresbericht redaktionell verantworten musste, der weiß, wovon ich rede! Und der kann abschätzen, welches Engagement die jungen Leute für ihre Dörfer Ehingen und Belzheim jedes Jahr erbringen, indem sie in mühevoller Kleinarbeit, die bis zu 140 Seiten starke Dorfchronik zusammentragen. Und was die Dorfjugend vom Bauwagen Broidaloch besonders auszeichnet: die jungen Leute aus dieser Gemeinde machen das schon seit 25 Jahren: 1996 veröffentlichte die örtliche Dorfjugend erstmals eine Chronik des Dorflebens. Damit leisten sie bis heute einen wertvollen Beitrag zum kollektiven Gedächtnis ihrer Gemeinde, denn es sind auch diese Dorfchroniken, die als Fundus für kommende Generationen festhalten, was in der Gemeinde alles passiert ist“, so Ritter.

Der 2. Platz, der mit 500 Euro dotiert ist, ging an den KLJB Fünfstetten, für ihre 72 Stunden-Aktion zur Artenvielfalt. Unter dem Motto "Die Welt ein bisschen besser machen" schafften es die Jugendlichen innerhalb von 72 Stunden, Insektenhotels und Bienenstöcke zu bauen, eine Ausstellung zur Aktion zu installieren, sowie Blumenwiesen anzusäen. 

Antonia Eßmann, Anna Fischer und Franziska Eßmann wurden mit dem dritten Platz in dieser Kategorie ausgezeichnet. Antonia Eßmann schrieb die Geschichte der Molkerei Linse, die ein Teil ihrer Familiengeschichte ist, für die Nachwelt auf. Anna Fischer und Franziska Eßmann wurden für ihre Forschungsarbeit zum Thema "Josef Guido Emil Squindo: Ein kurzes Leben für die Kunst" ausgezeichnet.

In der Kategorie "Natur und Nachhaltigkeit " belegte die Stadt Monheim den 1. Platz. Bild: Szilvia Izsó

Kategorie Natur und Nachhaltigkeit 

In der Sparte Natur und Nachhaltigkeit hatte die Stadt Monheim mit ihrem Projekt "Monheim summt" die Nase ganz vorne. Es sei beeindruckend, was ein loser Zusammenschluss von Privatpersonen, Familien, Vereinen und Verbänden unter der Federführung des städtischen Stadtaktivmanangements und des Imkervereins Monheim alles geschafft habe, sagte Paul W. Ritter."

Um heimische Insekten und Wildbienen zu schützen, sollte in Monheim ein blühendes Netzwerk geschaffen werden und das ist der Stadt gelungen. "Finanziert wird das Projekt aus der Stadtkasse und durch Spenden. Es gliedert sich in verschiedene Teilprojekte, die nach und nach und bis heute umgesetzt wurden: öffentliche Brachflächen und totes Straßenbegleitgrün werden in blühende Wiesen verwandelt. 100 Blühpaten betreuen ehrenamtlich 74 Beete und Blühflächen, bei zwei Zwiebelpflanzaktionen nehmen über 100 Menschen teil und stecken 45.000 Blumenzwiebeln“, erläuterte Ritter. 2000 Euro gab es hierfür.

Den 2. Platz in dieser Kategorie belegte der Nördlinger Unverpackt-Laden "Ohne Umweg". Inhaberin Sarah Eberhardt bietet dort seit 2017 unverpackte Lebensmittel aus der Region an und leistet so einen Beitrag zur Müllvermeidung und Nachhaltigkeit. Ohne Umweg, sei ein Beispiel dafür, dass auch ökologische Ansätze wirtschaftlich funktionieren können, so Paul W. Ritter. Mit der Platzierung sind 1000 Euro Preisgeld verbunden.

500 Euro für den 3. Platz erhielt der Demeterhof Funk, aus Oberndorf, der seit 2016 die "Solidarische Gemüsekiste" anbietet. Die Idee dahinter: Für einen festen monatlichen Beitrag erhalten die Mitglieder der Gemüsekiste, einen Anteil an der saisonalen Ernte. Der Zusatz „solidarisch“ bezieht sich auf mögliche Ernteausfälle: So erhalten die Kunden übers Jahr immer etwas mehr Gemüse für den Preis. Gibt es Einschnitte, etwa durch Unwetter die einen Teil der Pflanzen vernichten, tragen das dann auch alle gemeinsam.

Platz 1 für die Gemeinde Möttingen in der Kategorie "Architektur und Ortsplanung". Bild: Szilvia Izsó

Architektur und Ortsplanung

Die Gemeinde Möttingen sicherte sich in dieser Kategorie den 1.Platz und das Preisgeld in Höhe von 2000 Euro. "Eine Gemeinde, die von der B25 zerteilt wird und die es dennoch geschafft hat, sich ein Zentrum zu geben", so Ritter. Das Bürgerzentrum sei das größte und teuerste Projekt der vergangenen Jahrzehnte in Möttingen, informierte Ritter. Nach 9 Jahren Planung und 2 Jahren Bauzeit konnte das Bürgerzentrum 2018 eingeweiht werden. 2,2 Mio. Euro steuerte die Regierung von Schwaben aus Städtebaufördermitteln bei, über eine halbe Million Euro kamen von der ev. Kirchengemeinde und 125.000 Euro von den Schützen. Über 4 Millionen Euro musste die 2500-Einwohner-Gemeinde aber selbst stemmen.

„Liebe Gäste, wie viel Tradition muss sein und wie viel Moderne darf man einem Dorf zumuten?“, fragte Paul W. Ritter in seiner Laudatio und beantwortet die Frage folgendermaßen: „Das neue Gebäude des Architekturbüros Wernicke & Dietzig hat diese Herausforderungen sehr gut gelöst: Das neue Bürgerzentrum greift für den Ort typische Konstruktionsweisen und Materialien auf und fügt sich fast selbstverständlich in die vorhandene Dorfstruktur ein. Dennoch sind der Baukörper und sein Innenleben aber sehr modern und klar und sofort als etwas Neues erkennbar. Gemeinde, Kirche, Schützenverein und letztendlich die ganze Gemeinde Möttingen haben hier ihre neue Heimat gefunden.“

Die Regierung von Schwaben sprach damals von einem „Meilenstein in der Geschichte des Ortes“. Landrat Stefan Rößle bezeichnete das neue Zentrum „als Zeichen des Selbstbewusstseins der Kommune.“

Den 2. Platz in dieser Kategorie ging an das Nördlinger Bauunternehmen Eigner und ihr Bürogebäude im Reutheweg 21, das moderne Bauweise mit einer energetisch nachhaltigen Lösung verbindet. So besteht das Gebäude aus Sichtbeton und Cortenstahl, was eine Nachbehandlung der Oberfläche unnötig macht. Bei einem späteren Rückbau könnten die Materialien sortenrein getrennt werden. Durch eine den Einsatz einer Wärmepumpe, die ihre Energie aus der eigenen PV-Anlage bezieht, lässt sich das Gebäude je nach Bedarf heizen oder kühlen.  

Für die Sanierung der "Alten Molk" in Wechingen wurden Sonja und Frank Riefle mit dem 3. Preis ausgezeichnet. 2016 erwarb das Ehepaar das Gebäude von 1908 und erreichte, dass das Gebäude vom Denkmalamt in die Denkmalliste aufgenommen wurde. 

Die Gewinner in der Kategorie "Kultur und Gesellschaft", kommen vom Heimatgeschichtlichen Verein Ebermergen. Bild: Szilvia Izsó

Kategorie Kultur und Gemeinschaft

Auf dem Höhepunkt der beginnenden Coronakrise habe ein wichtiger Jahrestag weniger mediale Aufmerksamkeit als üblich gefunden: am 5. Mai 2020 jährte sich das Ende des 2. Weltkriegs zum 75. Mal, begann Ritter seine Laudatio in der Kategorie Kultur und Gemeinschaft.

"Bereits seit 2018 beschäftigten sich die Preisträger mit der Frage, wie dieser Jahrestag und der 2. Weltkrieg als DIE Katastrophe des 20. Jahrhunderts in das Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt werden können und wie dadurch auch kleinste Dörfer in unserer Heimat schwer davon getroffen wurden", so Ritter. Der 1. Platz und 2000 Euro Preisgeld ging deshalb an den Heimatgeschichtlichen Verein Ebermergen für die jahrelange Recherche und das daraus entstandene Buchprojekt: „Diktatur. Krieg. Vertreibung: Die NS-Zeit und ihre Folgen für Ebermergen, Brünsee und Marbach“. 

"Die Herrschaft des Nationalsozialismus hatte auch für Ebermergen, Brünsee und Marbach schlimme Folgen. Was damals in den Dörfern passierte, was Soldaten an der Front erleben mussten oder wie Hunderte Flüchtlinge ins Dorf kamen: Davon erzählt dieses Buch auf 200 packenden Seiten. Die jahrelangen Recherchen reichten bis in die USA. Unbekannte zeitgeschichtliche Fotos wurden ausgewertet, Entnazifizierungsakten gelesen, im Stadtarchiv in Donauwörth recherchiert und noch lebende Zeitzeugen vor Ort befragt. Das Ergebnis: Schreckliche, tragische, aber auch berührende Geschichten und einmalige Fotos in einem attraktiven Buch, das man trotz der Thematik gerne in die Hand nimmt", begründete Ritter die Entscheidung der Jury. 

Der zweite Platz in dieser Kategorie ging ebenfalls nach Harburg. Ausgezeichnet wurde die Stadt Harburg für ihren Kultursommer 2019 mit Märchenweg. 31 Kunstschaffende hatten die Innenstadt mit ungewöhnlicher Kunst an ungewöhnlichen Orten im Sommer 2019 aus dem Dornröschenschlaf erweckt. "Aus dem Projekt einiger weniger, wurde ein Projekt der ganzen Stadt", so Ritter. Ein besonderes Highlight, so Ritter weiter, sei der Märchenweg gewesen, der für eine Belebung der Innenstadt, der "Märchenstadt Harburg" gesorgt hatte.

Über den 3. Platz in dieser Kategorie freute sich das Kulturforum Nördlingen, das seit 1993 ein vielseitiges Kulturangebot für das Donau-Ries und darüber hinaus, abseits des Mainstream, schaffe. "Eine Heimat, in der es keine Kunst und Kultur gibt, mag ich mir nicht vorstellen", sagte Paul W. Ritter in diesem Zusammenhang.

"Die Heimat ist in der Tat noch reicher, als ich zu hoffen gewagt hatte", sagte Paul W. Ritter abschließend und schloss damit den Kreis zu seinem Grußwort.