Paulas und Carlas Mama ist tot. Ein Autounfall. Dabei wollte sie nur kurz zum Einkaufen fahren. Der Papa weint. Paula versteht nicht, warum er so traurig ist. Sie ist erst zwei Jahre alt. Sie weiß nicht, was es bedeutet, tot zu sein. „Mama heia“, sagt Paula, als der Papa mit ihr die Mama in der Aussegnungshalle besucht. Was soll er seiner Kleinen sagen? Die Mama dort im Sarg, die schläft doch nicht! Aber wenn Paula sowieso nicht versteht, dass ihre Mama gestorben ist – muss er ihr trotzdem die Wahrheit sagen?
„Ja“, erklärt die Familientrauerbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper dem Vater. „Babys und Kleinkinder nehmen Stimmungen und Gefühle wahr.“ Ernst sieht er sein Kind an und sagt, „die Mama macht nicht heia. Die Mama ist tot.“ Unverwandt betrachtet die kleine Paula ihre Mutter, zögert ein paar Sekunden. Dann sagt sie im Brustton der Überzeugung: „Mama heia.“ Sie wendet den Blick ab und kuschelt sich in Papas Arm. Für den Moment ist das Thema für sie erledigt. Die siebenjährige Carla hat alles schweigend mit angesehen, auch sie lässt Papas Hand nicht los. Sie versteht schon mehr als ihre kleine Schwester, sie versteht: Mama ist tot, sie kommt nicht wieder. …vielleicht erst nach Weihnachten? Das wird sie den Papa später fragen. Denn totsein muss doch auch mal zu Ende gehen.
Wenn Paula älter ist, wird sie sich an diese Szene wahrscheinlich nicht mehr erinnern können. Doch im Laufe der Zeit wird sie erkennen, dass das Leben in ihrer Familie anders ist, als bei ihren Freundinnen und Klassenkameraden. Immer schmerzlicher wird ihr bewusst, dass die Mama fehlt. Das Angebot, eine Trauergruppe für Kinder und Jugendliche zu besuchen, macht ihre ältere Schwester Carla neugierig. „Was macht man in so einer Gruppe? Heult man da ständig herum?“, will sie wissen. Eine typische Frage, weiß Mechthild Schroeter-Rupieper und lächelt. Natürlich wird auch geweint, Tränen gehören zum Leben. Genauso wie das Lachen.
Am ersten Februarwochenende war sie als Dozentin beim Malteser Kinder- und Jugendhospizdienst in Günzburg zu Gast, um 19 angehende Kinder- und Jugendtrauerbegleiterinnen auszubilden. Sie weiß, wie wichtig es ist, trauernden Kindern und Jugendlichen einen Ort anzubieten, an dem sie lernen können, mit ihrer Traurigkeit umzugehen. Sie schreiben auf ein Trostpflaster, was ihnen Kraft gibt, rühren eine duftende Trostsalbe an, essen Lach- und Weingummis. „Nur wer den Tod eines geliebten Menschen begreift und akzeptiert, kann auch trauern. Dafür brauchen wir sämtliche Sinne. Worte alleine reichen nicht aus“, erklärt Mechthild Schroeter-Rupieper im Seminar. „Wer seine Gefühle der Trauer zulässt, anstatt sie zu unterdrücken, kann in sich etwas verändern und an der schweren Erfahrung wachsen.“
Der Malteser Kinder- und Jugendhospizdienst steht Familien mit einem lebensverkürzend erkrankten Kind oder Elternteil durch psychosoziale Begleitungen entlastend zur Seite. Das Projekt „Hospiz macht Schule“ ist ein weiteres Angebot, das drei Projekttage zum Thema „Krankheit, Sterben, Tod, Trauer und Trost“ in Grundschulen anbietet. Mit dem Herzenswunsch Krankenwagen erfüllen die Malteser unheilbar kranken Menschen einen letzten besonderen Wunsch. Seit Herbst gibt es außerdem einen Gesprächskreis für Väter und Mütter, die jung verwitwet sind oder deren Kind verstorben ist.
Den Tag der Kinderhospizarbeit am 10. Februar, wurde vor 13 Jahren von betroffene Familien ins Leben gerufen, um auf die speziellen Situationen von lebensverkürzend erkrankten Kindern und deren Familien aufmerksam zu machen und das Tabuthema Sterben und Tod offen zu ansprechen. Die Malteser nehmen diesen Tag zum Anlass, um ehrenamtlich engagierte Menschen zu gewinnen. „Wie sind auf Ihre Unterstützung angewiesen, damit wir die vielschichtigen Aufgaben für trauernde Kinder und deren Familien schultern können“, betont die Organisatorin Sylvia-Maria Braunwarth und ruft alle Interessierten auf: „Bitte melden Sie sich bei uns!“ Telefon: 08221 2070792, Mail: sylvia-maria.braunwarth@malteser.org. Mehr Infos gibt es im Internet unter www.malteser-kinderdienste.de. (pm)