Pflegegipfel

„Humanitäre Katastrophe“ verhindern

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Das Thema Pflege ist in Gesellschaft und Politik nach wie vor brandaktuell. Die älter werdende Gesellschaft stellt die Pflege vor weitreichende Probleme. Dass das Thema auch die Bürger im Landkreis beschäftigt, zeigte die große Anzahl an Besucher, die am vergangenen Freitag, 30. November 2018, zum Pflegegipfel nach Wemding gekommen waren. Organisiert wurde die Veranstaltung, die unter dem Thema „Pflege geht uns alle an“ stand, vom Verein für Ambulante Pflege in Wemding und der Gesundheitsregion plus DONAURIES. Als Gastreferent sprach der CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath, der auch Vorsitzender des Gesundheitsausschuss ist, über zentrale Punkte zum Thema Altenpflege.

Wemding - Bei einem Pflegegipfel zum Thema „Pflege geht uns alle an“ hat MdL Bernhard Seidenath (CSU) dafür plädiert den Beschäftigten in den Pflegeberufen mehr Wertschätzung entgegenzubringen und so die Attraktivität des Pflegeberufs zu stärken. Viel habe sich in den letzten Jahren im Bereich der Pflege getan, sagte Seidenath vor rund 160 Zuhörern im Gasthof „Zur Wallfahrt“ in Wemding. Darunter viele, die im Bereich der Pflege arbeiten oder persönlich davon betroffen sind. Nicht geändert habe sich, so der Landtagsabgeordnete, der Ausganssatz, dass sich die Humanität einer Gesellschaft am Umgang mit den Schwächsten zeige. Auch an der dramatischen Ausgangssituation, dass „die Zahl der Pflegebedürftigen deutlich steigt“, habe sich nichts geändert. Dramatisch sei dies auch gerade wegen des vorherrschenden Fachkräftemangels.

Eine erste Maßnahme die in einer Zeit ergriffen werden müsse, in der sich Familienstrukturen dahingehend verändern, dass viele keine Kinder mehr hätten oder die Kinder ganz woanders arbeiten würden und demnach ihre Eltern nicht pflegen könnten, sei die, dass man noch mehr professionelle Pflegeeinrichtungen und ambulante Pflegedienste brauche.

Angehörige entlasten

In seinen Ausführungen betonte der Landtagsabgeordnete außerdem, dass es besonders wichtig sei die pflegenden Angehörigen zu entlasten, um ein „ausbrennen“ zu verhindern. Dazu seien vor allem Kurzzeitpflegeplätze nötig. 500 zusätzliche Kurzzeitpflegeplätze sollen, so die Pläne er CSU, in Bayern entstehen. Diese sollen in bestehende Einrichtungen „eingestreut werden“, erläuterte Seidenath.  Den Heimbetreibern müsse allerdings ein finanzieller Anreiz geschaffen werden, diese Plätze auch dann vorzuhalten, wenn sie nicht belegt sind. Nur dann seien bei Bedarf freie Plätze vorhanden. Deshalb werde ein freier Kurzzeitpflegeplatz mit 100 Euro pro Tag gefördert.

Bernhard Seidenath sprach in Wemding außerdem über die Wichtigkeit von Tagespflegeplätzen. Derzeit müssten 11% aller pflegenden Angehörigen ihren Beruf aufgeben, um ein Familienmitglied zu pflegen, so Seidenath. Man müsse nicht nur an die Kinder von erwerbstätigen denken, sondern auch an die Eltern von erwerbstätigen Kindern. In Sachen Kindergartenplätze sei in den letzten Jahren einiges geschehen. Nun sei es daran Pflegeplätze zu schaffen, die sich um die Pflegebedürftigen kümmern, während die Angehörigen ihrem Beruf nachgehen.

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Eine weitere Entlastung solle das Bayerische Landespflegegeld schaffen. „Für jeden Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 gibt es pro Jahr 1000 Euro, erstmals ausgezahlt im September 2018 durch das neue Landesamt für Pflege“, informierte Bernhard Seidenath. Das Geld, das nicht auf andere Leistungen angerechnet werde, könne genutzt werden, um Entlastung zu schaffen.

Wie Seidenath weiter ausführte, sei es geplant, dass erwachsene Kinder in Zukunft nur noch dann für die Pflegekosten ihrer Eltern aufkommen müssten, wenn sie mehr als 100000 Euro im Jahr verdienen. Die Pflegebedürftigkeit des Vaters oder der Mutter dürfe nicht dazu führen, dass man selbst in den Ruin gehen müsse, betonte der Landtagsabgeordnete.

Öffentliche Wahrnehmung verbessern

Auch in der Pflegeausbildung werde sich in Zukunft grundlegendes ändern. Die Ausbildung werde ab 2020 generalistischer. Altenpfleger, Krankenpfleger und Kinderkrankenpfleger werden dann gemeinsam ausgebildet, um später auch einen Berufswechsel zwischen den Berufszweigen zu ermöglichen. Neben der Attraktivität der Ausbildung sei es aber auch besonders wichtig, das Image und die Wertschätzung des Pflegeberufs in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich zu verbessern.

„Die Sicherung einer menschenwürdigen Pflege, zu der wir alle verpflichtet sind, auch um die Menschen, die unser Land aufgebaut haben entsprechend zu ehren, bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, betonte der Landtagsabgeordnete. Hier sei die Unterstützung aller Bereiche gefragt, um eine „humanitäre Katastrophe“ zu verhindern, so Seidenath.

Wichtiges Thema in der Kreispolitik

Landrat Stefan Rößle betonte, dass das Thema Pflege auch in der Kreispolitik ein wichtiges Thema darstelle. Unterstrichen wurde das dadurch, dass gleich zehn Kreisräte zur Veranstaltung erschienen waren. In seinen Ausführungen erläuterte der Landrat, dass auch im Landkreis die Zahl der Pflegebedürftigen und damit der Bedarf an ambulanter Pflege, Kurzzeitpflege, stationärer Pflege und somit nach Pflegepersonal deutlich steige. Im Bereich Pflege hätte man im Landkreis zwar schon einiges geschafft, aber natürlich gäbe es auch noch einiges zu tun. Dem Pflegeberuf müsse, so der Landrat abschließend, der Stellenwert verliehen werden, den er verdient hat.

Bei der anschließenden Diskussion äußerte Karola Rigel, Leiterin der Pflegefachschule in Donauwörth, Sorgen darüber, dass bei einer generalisierten Ausbildung der zu schützende Bereich der Altenpflege möglicherweise an Attraktivität verlieren könne und sich nur noch wenige bewusst für den Bereich der Altenpflege entscheiden würden. Anreize müssten geschaffen werden, damit dieser Bereich nicht zu kurz komme.

Auch die Frage ob ein Altenheim Gewinn machen müsse wurde vom Publikum gestellt. Bezogen auf den Landkreis informierte Landrat Stefan Rößle daraufhin die Anwesenden, dass man im Landkreis mit den Seniorenheimen ein jährliches Defizit von rund 2 Millionen Euro erwirtschaften und dieser durch die Krankenhäuser im gemeinsamen Kommunalunternehmen erwirtschaftet werden müsse.

Kreisrätin Andrea Eireiner, die seit über 30 Jahren in der stationären Altenpflege tätig ist, betonte, dass auch die Gestaltung der Umgebung, wie Einkaufsangebote oder soziale Angebote für ältere Menschen geschaffen werden müssten, das schlechtere Ernährung und auch die Vereinsamung eine Pflegebedürftigkeit begünstigen könnten. Das sei für sie ein Punkt, an dem die Politik anpacken müsse.

Moderiert wurde die Veranstaltung von Gottfried Hänsel, 1. Vorsitzender Verein für Ambulante Krankenpflege Wemding und Herbert Schmidt, dem Leiter der Geschäftsstelle der Gesundheitsregion Donau-Ries.

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