Ausstellung

Donau-Rieser Geschichtsstunde: Auf Spurensuche im Fürstlich Oettingen-Wallersteinschen Archiv Harburg

Gerhard Beck ist seit vielen Jahren der Leiter des Fürstlich Oettingen-Wallersteinschen Archivs Harburg (FÖWAH). Bild: Thomas Oesterer
Das Fürstlich Oettingen-Wallersteinsche Archiv Harburg (FÖWAH) ist das Archiv des Adelshauses Oettingen-Wallerstein. Mit rund 15.000 Urkunden ist es wohl eines der größten deutschen Privatarchive.

Es befindet sich seit dem Jahr 1991 im Fürstenbau auf Schloss Harburg – zuvor war es über viele Jahrhunderte im Schloss Wallerstein. Zusammen mit dem Fürstlich Oettingen-Spielbergschen Archiv Harburg (FÖSAH), welches sich ebenfalls aktuell auf Schloss Harburg befindet, bildet das Harburger Gesamtarchiv mit rund 15.000 Urkunden und rund 5.500 Regalmetern anderer Archivalien womöglich eines der größten deutschen Privatarchive – mit Sicherheit aber eines der größten verbliebenen privaten Adelsarchive Bayerns.

Seit vielen Jahren leitet Gerhard Beck das Gesamtarchiv in Personalunion. Für Beck der bisherige Höhepunkt seiner Karriere, gleichzeitig aber auch eine echte Herausforderung. Er erklärt: „In der langen Historie des Archivs hatten die Archivare in der Regel Unterstützung von mehreren Mitarbeitern. Heutzutage ist das leider nicht mehr so. Um der Menge an Dokumenten gerecht zu werden, bedarf es deshalb viel Einsatz, der über das klassische Arbeitsfeld hinausgeht.“ 

Ein genauerer Blick in das Fürstlich Oettingen-Wallersteinsche Archiv zeigt, mit welch großem Verwaltungsaufwand das Leben einer Adelsfamilie verbunden war. Zeugnis dafür tragen massenweise Rechnungs- und Steuerbücher, die die Jahrhunderte fast unbeschadet überdauert haben. Für uns hat Archivar Gerhard Beck einige ganz besondere Stücke herausgesucht.

Exponate des Archiv des Adelshauses Oettingen-Wallerstein

Rechnungsbuch des Klosters Zimmern

Das Rechnungsbuch aus dem Jahr 1663 steht im FÖWAH stellvertretend für eine Vielzahl an Rechnungsbüchern, die bis heute Zeugnis des Lebens zu dieser Zeit enthalten. Darin feinsäuberlich festgehalten sind u. a. Rechnungen für den Neu- und Umbau von Gebäuden. Im Rechnungsarchiv, das sich im Keller des Saalbaus befindet, lagern aktuell Dokumente aus dem 15. bis 18. Jahrhundert.

Rechnungsbuch des Klosters Zimmern Bild: Thomas Oesterer

Ablass-Urkunde von 1493

„Diese Ablass-Urkunde ist eine unserer schönsten und am besten erhaltenen Stücke, die sich aktuell in unserem Archiv befinden“, erklärt Archivar Gerhard Beck. Sie wurde 1493 in Augsburg zu Gunsten der Barbara-Kapelle auf der Harburg vom Dominikanermönch Heinrich Kramer ausgestellt. Das Besondere: Auch wenn der Name des Mönchs weniger geläufig ist, so ist es doch sein bekanntestes literarisches Werk. Kramer, der von 1488 bis 1493 als Inquisitor der Ordensprovinz „Alemannia“ in Augsburg ansässig war, ist der Verfasser des bis heute berüchtigten „Hexenhammer“ (Malleus maleficorum) – ein Werk zur Legitimation der Hexenverfolgung.

Bild: Thomas Oesterer

Schwäbische Chronik aus dem Jahr 1486

„Die frühen Buchdrucke nach Gutenberg werden in Fachkreisen als sogenannte Inkunabeln bezeichnet. Damit sind in der Regel alle gedruckten Werke vor 1.500 gemeint“, erklärt Archivar Beck die Hintergründe dieses Buches. Hintergründe, die sich bei einem ersten Blick kaum so vermuten lassen. Beck ergänzt: „Diese Bücher sind sehr selten, weltweit katalogisiert und zusammengefasst. Weltweit gibt es von den jeweiligen Ausgaben immer nur sehr wenige.“ Umso schöner, dass sich eine davon im Archiv auf Schloss Harburg befindet.

 

Bild: Thomas Oesterer

Perücke von Kurfürst Friedrich III. besteht aus lesbaren Schriftbändern

Die Federzeichnung zeigt Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg, der sich 1701 in Königsberg selbst zum ersten preußischen König ernannte. Bei genauerer Betrachtung und Vergrößerung entpuppt sich die Zeichnung allerdings als eine sogenannte „Mikrographie“. Das heißt: Die Striche und Linien sind einzelne Buchstaben, Worte und lesbare Schriftbänder. Gerhard Beck bescheinigt dem unbekannten Künstler „erstaunliche Kunstfertigkeit, ein überscharfes Auge und mühevolle Geduld“ – auch deshalb, weil die Zeichnung im Original wohl nur 20 x 10 Zentimeter groß ist. „Das macht die Arbeit umso beeindruckender“, so der Archivar.

Bild: Thomas Oesterer

Das Haus Oettingen-Oettingen wird in den Fürstenstand gehoben

Mit diesem Dokument vom 5. März 1774 wird Ernst zu Oettingen-Wallerstein vom Kaiser die Fürstenerhebung bestätigt. 1674 – also einhundert Jahre zuvor, wurde bereits der Familienteil Oettingen-Oettingen gefürstet. Besonders brisant: Obwohl das Adelsgeschlecht Oettingen-Oettingen damals als der bedeutendste Familienzweig galt, haben nur Oettingen-Spielberg und Oettingen-Wallerstein bis heute überdauert. Gerhard Beck erklärt: „Die damalige Zeit - besonders der Hochadel – wird in der heutigen Zeit häufig romantisiert. Nüchtern betrachtet, war der Aufstieg innerhalb des Adels allerdings häufig sehr simpel mit Heirat oder Zahlung einer nicht unbeträchtlichen Summe an die Krone verbunden.“

Das Haus Oettingen-Oettingen wird in den Fürstenstand gehoben Bild: Thomas Oesterer

Die Tagebücher des Herkobald Fröstel

Zum Ende unserer Führung durch das Fürstlich Oettingen-Wallersteinsche Archiv zeigt uns Archivar Beck noch seine Lieblingsstücke, die wenig spektakulär in einer einfachen grauen Kiste gelagert sind – die Tagebücher des Sekretärs Herkobald Fröstel. Nicht nur beschreibt er in seinen Tagebüchern das zu Teilen recht skurril anmutende Leben der Menschen zu seiner Zeit. Er versieht seine Tagebucheinträge immer wieder mit kleinen Zeichnungen, die die Geschehnisse ergänzen. So sind u. a. Tiere, Früchte, aber auch eine Hinrichtung und die unten gezeigte Skizze zu sehen.

Bild: Thomas Oesterer

Stammbaum des Adelsgeschlechts Oettingen

Bild: Thomas Oesterer

Es ist nicht komplett überliefert, aus welcher Zeit der Stammbaum konkret stammt, allerdings ist mittlerweile klar, dass nicht der komplette Stammbaum geschichtlich akkurat gefertigt wurde. Demnach war es in der damaligen Zeit üblich, den Stammbaum im Nachhinein "aufzuhübschen". Von den Ursprüngen des Adelsgeschlechts, die laut diesem Dokument bis ins 9. Jahrhundert zurückreichen, gibt es keinerlei Aufzeichnungen. Außerdem wird hier gut sichtbar, inwieweit sich die Dokumentation der Familienmitglieder veränderte. Während zu Beginn lediglich die Fürsten und ihre Kinder erwähnt werden, kommen über die Jahrhunderte auch Ehepartner und viele weiter kleine Details hinzu.