Konzert

Musica Ahuse: Träume sind nicht langweilig

Bild: Peter Lang
Träume und Visionen prägen das aktuelle Konzertprogramm der Auhausener Konzertorganisation „Musica Ahuse“. Jetzt war das Ensemble "Capella de la Torre" zu Gast.

Träume und Visionen prägen das aktuelle Konzertprogramm der Auhausener Konzertorganisation „Musica Ahuse“. Nach „Unio Mystica – die Visionen der Hildegard von Bingen“ und „A Dreaming Lover – Geheime Wünsche eines Mönchs“ kam zum vorletzten Abend des Zyklus das Ensemble „Capella de la Torre“ mit dem etwas enigmatischen Motto „Wir sind ein Traum der Zeiten“.

„Capella de la Torre“, hatte eine Programmfolge von weltlichen und geistlichen Werken aus der „Wendezeit“ von der Renaissance bis zum Barock zusammengestellt. Deutsche, lateinische, alt-französische und -italienische Titel und Texte, musikalisch ausgedeutet von Michael Prätorius (1571 – 1621), Adam Krieger (1634 – 1666), Josquin Desprez (1450 /1455 – 1521) /, Johan Crüger (1598.- 1662), Constantin Christian Dedekind (1628 – 1715), Claudin de Sermisy (1490 – 1562) und Johann Hermann Schein (1586 – 1630) spannten einen Bogen von „Bransle de la Torche“ bis zu der Gavotte „Vostre esprit recréatif“. Beides sind Tanzsätze von Michael Prätorius - die Gavotte folgte auf das geistliche Stück „Jubilate Deo“und stand am Ende des ausgedruckten Programms.

Breites Repertoire geboten

In der Kombination von frommer und ausgelassener Stimmung dokumentierte die Capella zusammen mit dem Gesangssolisten die Breite der kompositorischen Aktivitäten des an der Schwelle von Spätrenaissance (Bransle) und Frühbarock (Gavotte) aktiven Musikpraktikers und -wissenschaftlers Michael Prätorius. Eine ähnliche Kombination ergab sich gegen Ende der ersten Hälfte des ausgiebigen Programms bei den Werken „Pavane d’Espaigne“ und „Benedicamus Domino“ – nicht zufällig vom gleichen Autor.

Zwischen den beiden Sphären bot das Ensemble einen Kosmos von geistlichen, vorreformatorischen Gesängen (Desprez: „Tu solus qui facis mirabilia“ – der du allein Wunder tust“) und „biederer“ lutherischer Choralmusik (Crüger: „Lobet den Herren, alle die ihn ehren“), von Liebeslyrik, Abschieds-und Weltschmerz („Di lassar tu divo aspetto“, „Tant que vivray“ von Claudin de Sermisy).

Das Niveau hervorzuheben, auf dem „Capella de la torre“ musiziert, hieße Eulen nach Athen zu tragen. In der Renaissance-Zeit, bis ins Barock hinein, waren die Instrumentationen nicht immer vom Komponisten vorgegeben; man spielte in der Besetzung, wie sie jeweils zur Verfügung stand. Ein vierstimmiger Chorsatz konnte ohne weiteres als Sologesang mit Instrumentalbegleitung aufgeführt werden – eine Praxis, die hier exemplarisch verwirklicht wurde.

Traumserie endet am 31. August 2024

Katharina Bäuml, Leiterin des Ensembles und künstlerische Leiterin von „Musica Ahuse“, dokumentiert ihre Führungsrolle mit ausdrucksvoller Körpersprache als Schalmei-Solistin mit der jeweiligen Oberstimme, synchron assistiert durch Hille Wippermann, die zusammen mit ihr das Register „Holz“ darstellt. Yosuke Kurihara steuert mit seiner eng mensurierten „Barockposaune“ immer wieder dezente, doch deutlich abgesetzte Melodiebögen bei oder gibt durch die harmonisch wichtige Mittelstimme den im Prinzip meist vierstimmig komponierten, Akkorden ihren Charakter. Der Dulzian, mit dem Regina Hahnke „des Basses Grundgewalt“ verkörperte, ist zwar aus Holz, kann aber im konkreten Gegenüber der Register zusammen mit der Posaune dem „Blech“ zugerechnet werden. Basslinien werden außerdem von Martina Fiedlers Truhenorgel und von dem Lautenisten Johannes Vogt dargeboten. Beiden werden auch immer wieder Solopassagen anvertraut, die den Rahmen eines begleitenden oder stützenden Basso continuo überschreiten. Zu den Instrumentalisten trat in Auhausen der Tenorsolist Hermann Oswald, der deutlich, aber unaufdringlich; nicht opernhaft, sondern als menschliche neben bis zu sechs instrumentalen Stimmen den geistlichen Gesängen Würde und Ernst, den Liebesliedern Empfindung und Geschmeidigkeit verlieh. Im Tutti wie in den verschiedenen Teilbesetzungen, durchaus mit lebendiger Dynamik und Rhythmik, wurden die jahrhundealten Klänge lebendig. Keine Anmutung von musealer, „korrekter“ Steifheit, sondern Musik zum Träumen.

Träume sind nicht langweilig. Jedenfalls nicht die, an die wir uns, wie an den Abend in Auhausen, erinnern. Die Traumserie endet übrigens am Samstag, 31. August 2024, wenn Marco Ambrosini: (Nyckelharpa) und Eva‑Maria Rusche (Orgel) unter dem Titel „ALFEDANS (Elfentanz)ʺ Werke von und um Edvard Grieg zu Gehör bringen. (dra)