Eine davon ist Michaela Huith. Sie ist seit mehr als 14 Jahren Gästeführerin und zeigt mit viel Leidenschaft und historischem Wissen Tourist*innen, Kindergruppen und Mitbürger* innen ihre Heimatstadt. Bei einem Spaziergang oder einer Fackelwanderung macht sie sich auf den Weg durch die mehr als 750-jährige Geschichte der Blumenstadt im schwäbisch-bayerischen Grenzgebiet.
Auf die Lage zwischen Schwaben und Bayern weisen bis heute das Schwabtor am nordwestlichen Altstadtausgang und das Kunstwerk „Zukunft wächst jetzt“ in Erinnerung an das ehemalige Bayertor im Osten der Hauptstraße. Der Granitblock symbolisiert der Vergangenheit, der Ginkgobaum die Gegenwart und der große Edelstahlbogen steht für die Zukunft.
Meistens startet die Stadtführungen am imposanten Tillydenkmal in der Hauptstraße und am Stadtmodell im Foyer des Rathauses. Weiter geht es durch Rains Gassen, Kirchen, Kapellen und Gärten.
Spitalkirche
Als RainLotsin kennt sie auch die versteckten Plätzchen, die selbst manchen Rainer Bürger*innen bislang verborgen blieben. Michaela Huith hat zum Beispiel den Schlüssel zur Spitalkirche. Der vierteilige Spitalkomplex mit Bürgerspital, Kirche, Pfarrhaus und Stadel grenzt östlich an das Schwabtor. Sogar vorbeikommende Spaziergängerinnen halten kurz inne und sind ganz erstaunt, als die Stadtführerin die Kirchentür öffnet und sie dabei einen Blick auf die drei Altäre der Kirche erhaschen. Die Kirche „Zur heiligen Dreifaltigkeit“ ist 1468 bis 1471 entstanden und erlebte 1718 einen barocken Umbau.
Allerheiligenkapelle und Karner
Mythen und so manche Gruselgeschichte ranken sich in Rain um den Karner. Die Gruft unter der Allerheiligenkapelle gegenüber der katholischen Stadtpfarrkirche St. Johannes der Täufer am Kirchplatz ist ebenfalls Station der Stadtführungen von Michael Huith. Die Kapelle war früher Friedhofskirche. Als es irgendwann keine Grabplätze mehr gab, wurden Gebeine aus dem Friedhof ausgegraben und in die Gruft unter der Allerheiligenkapelle gebracht. Die Gruftkapelle ist eine der letzten vier in Bayern erhaltenen Gebeinsgewölbe.
Wenn Huith mit ihren Gruppen die Treppen hinabsteigt, breitet sich bei so manchem ein mulmiges Gefühl aus. Aber auch Kinder führt sie in die Gruftkapelle. Selbstverständlich dürfe jeder selbst entscheiden, ob er sich hinab in die Gruft wagt, oder lieber draußen wartet, so die RainLotsin.
In der Gruft lagern mehr als 2 500 Schädel, insgesamt über 16 000 Knochen. Sie stammen aus dem 13. bis 18. Jahrhundert und wurden im Rahmen von Sanierungsarbeiten Ende der 90er Jahre wissenschaftlich untersucht. Durch ihren ausgezeichneten Erhaltungszustand sind sie wichtige Quelle zur Erforschung der Lebensumstände der Bevölkerung Rains im ausgehenden Mittelalter bis in die Neuzeit. Sorgsam aufgereiht und übereinander gestapelt finden die Gebeine hier in der Gruft ihre letzte Ruhe.
Lourdesgrotte an der Ziegelschanze
Auf die Mariengrotte im südöstlichen Teil der Altstadt weist der Grottenweg hin, in den man von der Hauptstraße abbiegt. Vorbei führt der Weg dann am alten Wasserturm zur Ziegelschanze. Sie war das südöstliche Bollwerk der alten Stadtbefestigung. Von hier steigt man einige Treppenstufen hinab und gelangt zu einem der idyllischsten Plätzchen in der Altstadt. Im frühen 20. Jahrhundert gelobte der Rainer Maurermeister Andreas Frimmer nach einem Gehirnschlag auf dem Krankenbett, bei seiner Genesung eine Lourdesgrotte aus Tropfsteinen zu erbauen. Als er tatsächlich wieder gesund wurde, setzte er dieses Vorhaben um. Bis heute werden in der Lourdesgrotte Maiandachten abgehalten.