Das Donauwörther Tanzhaus. Bild: Thomas Oesterer
In 9 Tagen wird in Donauwörth per Bürgerentscheid über die Zukunft des Tanzhauses entschieden. Wir haben mit Vertretern von "Neues Forum Tanzhaus" und "Ja zum Tanzhaus" über ihre Konzepte gesprochen.

Kurzer Rückblick: Nach vielen Jahren des Leerstands wurde Anfang 2020 im Stadtrat entschieden, das Tanzhaus in seiner jetzigen Kubatur zu erhalten und das Gebäude zu sanieren. Obwohl die Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2020 auch unter dem neuen Stadtrat und Oberbürgermeister Jürgen Sorré bestätigt wurde, wurde der Sanierungsbeschluss im März 2021 aufgehoben und ein Rückbau des Gebäudes und ein damit verbundener Neubau beschlossen. 

Aufgrund der Entwicklung der vergangenen Monate gründete sich im April 2021 die "Bürgerinitiative für die Sanierung des Donauwörther Tanzhauses". Innerhalb eines Monats konnten die Initiatoren über 2000 Unterschriften sammeln und brachten so den Bürgerentscheid auf den Weg, der jetzt zusammen mit der Bundestagswahl stattfinden wird. Als Ergänzung zum Bürgerbegehren wurde außerdem von Seiten der "Abriss-Befürworter*innen" im Stadtrat ein Ratsbegehren angestrebt, welches die Abstimmung per Bürgerentscheid ergänzen wird. 

Innerhalb des Stadtrats bildeten sich seitdem zwei Interessensgruppen. "Neue Forum Tanzhaus" (17 Stadtratsmitglieder) und "Ja zum Tanzhaus (13 Stadtratsmitglieder) werben parallel zur Bundestagswahl für ihre Anliegen. Weil die Entscheidung rund um die Zukunft des Donauwörther Tanzhauses aber nicht mehr beim Stadtrat, sondern bei den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Donauwörth liegt, haben wir im Vorfeld mit Vertretern beider Gruppen gesprochen um vor dem Bürgerentscheid einen möglichst sachlichen und kompletten Überblick zu geben. 

Was spricht für einen Rück- und Neubau was für eine Sanierung?

Aus Sicht der Neubau-Befürworter ist die Sache klar. "Ein Neubau wäre eine klare Signalwirkung für die Stadt Donauwörth, gerade in Hinblick auf die Belebung der Reichsstraße. Ein nutzungsorientierter Neubau bietet außerdem genug Platz für das bereits beschlossene Nutzungskonzept", erklärt Karl Kammer (EBD/Neues Forum Tanzhaus) und fügt hinzu: "Natürlich wären wir durch den Neubau sowohl finanziell als auch baulich viel flexibler als bei einer Sanierung."

Eine Sichtweise, die die Vertreter von "JA zum Tanzhaus" in dieser Form nicht teilen können. Für sie steht fest, dass ein Neubau nicht in das Gesamtbild der Reichsstraße passen würde. "Die Plausibilisierungsstudie und die Machbarkeitsstudie haben gezeigt, dass das Tanzhaus auch von der Bausubstanz viel erhaltungswürdiger ist, als oft dargestellt wird", argumentiert Wolfgang Fackler (CSU/JA zum Tanzhaus). Für ihn und auch für viele Donauwörther*innen sei das Tanzhaus ein Symbol für den Wiederaufbau. "Außerdem wäre eine Sanierung schneller und nachhaltiger", fügt Jonathan Schädle hinzu. 

So könnte sich ein kleinerer Neubau in der Reichsstraße lassen. Dabei handelt es sich lediglich um erste Gedankenspiele der Vertreter*innen von "Neues Forum Tanzhaus". Bild: Neues Forum Tanzhaus

Wie soll das Tanzhaus in Zukunft aussehen?

Zumindest was die Raumnutzung des neuen Tanzhauses angeht, stimmen beide Parteien zu großen Teilen überein. Dies liegt auch daran, dass bereits im Vorfeld ein klares Nutzungskonzept beschlossen wurde. Dementsprechend soll das Gebäude in Zukunft eine große, multimediale Stadtbibliothek, einen Veranstaltungssaal, und ein Café mit Außengastronomie beherbergen. "Ein bedarfsgerechter Neubau würde genug Platz für das Nutzungskonzept bieten und man würde zeitgleich genug Platz einsparen, um den Bereich außerhalb des Tanzhauses mit viel Grün zu bereichern. "Wenn ich mir das Tanzhaus in einigen Jahren vorstelle, sehe ich ein Gebäude, das generationenübergreifend zum Flanieren einlädt und als zentraler Treffpunkt für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt fungiert", erklärt Dr. Ralf Loitzsch (PWG/Neues Forum Tanzhaus). 

Eine Vorstellung die für die Vertreter von "JA zum Tanzhaus" auch mit einer Sanierung des jetzigen Gebäudes möglich ist. Jonathan Schädle argumentiert diesbezüglich:  "Im Innenbereich des Tanzhauses haben wir sehr viel Spielraum für zusätzliche Räume, die die Stadt dringend benötigt. Die oberen Stockwerke, die seit Jahren ungenutzt sind, könnten so z. B. zu einem modernen Konferenz und Sitzungssaal umgewandelt werden - nicht nur für die Stadtverwaltung, sondern auch für Firmen und Betriebe im Stadtgebiet". Im Zuge der Sanierung soll auch der Merkurplatz wieder die Bedeutung bekommen, mit der er einst angelegt worden war. "Wir wollen den Merkurplatz, der mittlerweile komplett zur Durchfahrtsstraße verkommen ist, zu einem urbanen Lebensraum machen, an dem sich Menschen gerne treffen und Zeit verbringen, am besten natürlich in Kombination mit entsprechender Außengastronomie", so Wolfgang Fackler. 

Wie groß soll das neue Tanzhaus werden und welche Kosten würden entstehen? 

Bei den Kosten für eine Sanierung stütze sich "JA - zum Tanzhaus" vor allem auf die Zahlen der Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2019, erklärt Jonathan Schädle und fügt an: "Die Sanierung des Tanzhauses wird ca. 17 Millionen Euro kosten. Dabei ist zu beachten, dass wir mit circa 3 Millionen Euro Fördergeldern rechnen können. Am Ende würden die Kosten für die Stadt zwischen 13 - 14 Millionen Euro liegen."

Der vom "Neuen Forum Tanzhaus" angestrebte Neubau wäre mit einer Größe zwischen 1800-2400 Quadratmeter viel kleiner als das bisherige Tanzhaus, das circa 4000 Quadratmeter groß ist. "Wir würden das Tanzhaus, bis zum Parkhaus rückbauen und im Anschluss einen neuen, modernen Komplex an der gleichen Stelle errichten. Aufgrund des Größenunterschieds unterscheiden sich auch die Kosten für Neubau und Sanierung sehr stark. Wir rechnen mit einem Kostenrahmen von 7,4 - 10,6 Millionen Euro. Die Spanne von 3 Millionen Euro ist für das jetzige Stadium durchaus branchenüblich", weiß Karl Kammer. 

Eine Kostengegenüberstellung, die am Ende schneller ins Wanken geraten könnte, als angenommen. Das Landesamt für Denkmalpflege überprüft aktuell ebenfalls die Causa Tanzhaus. Sollte das Landesamt entscheiden, dass ein Neubau im Sinne des Ensembleschutzes der Reichsstraße eine ähnliche oder sogar gleiche Kubatur haben muss wie das aktuelle Tanzhaus, würden die Kosten für einen Neubau entsprechend steigen. Für Ralf Loitzsch stellt sich dieses Frage aktuell nicht: "Wir halten weiter an unserem kleineren Neubau fest und hoffen, dass wir zusammen mit dem Landesamt für Denkmalpflege eine gemeinsame Lösung erarbeiten können."

Wie schnell können Neubau oder Sanierung umgesetzt werden? 

Die Befürworter des Neubaues gehen von einem Baubeginn zum Jahreswechsel 2022/2023 aus. Das erklärte Ziel sei aber auf alle Fälle, dass das neue Tanzhaus noch in dieser Legislaturperiode - also spätestens 2026 fertiggestellt werde. 

Bei einer Sanierung des Tanzhauses wäre eine internationale Aufschreibung nicht nötig. Deshalb gehen die Vertreter von "JA zum Tanzhaus" davon aus, dass ein Baubeginn Anfang 2022 bereits realistisch ist. Die Sanierung würde wohl rund zwei Jahre in Anspruch nehmen. 

Wie geht es im Stadtrat nach dem Bürgerentscheid weiter? 

Blickt man von außen auf die Stadt Donauwörth und seinen Stadtrat, entsteht schnell das Bild eines entzweiten Rates, zumindest was die Causa Tanzhaus betrifft. Wie sich dennoch eine Annäherung darstellen lässt, ist heute schwer abzusehen. Auch wenn die Fronten aktuell verhärtet scheinen, ergab sich in unseren Gesprächen, dass es beiden Parteien um das Wohl der Stadt Donauwörth geht.

"Am 26. September wird es zu einem Votum kommen. Was auch immer am Ende entschieden wird, wir sind ein Stadtrat und werden diese Entscheidung gemeinsam tragen und im Sinne der Stadt Donauwörth versuchen, sie so schnell wie möglich umzusetzen", so Loitzsch. Dabei sieht Wolfgang Fackler vor allem Oberbürgermeister Jürgen Sorré in der Pflicht: "Nach dem Bürgerentscheid wird es an ihm sein, die beiden Enden wieder zusammenzuführen, denn am Ende geht es uns allen um die Stadt und nicht um persönliche Befindlichkeiten." 

Ein gemeinsamer Nenner, der die Zusammenarbeit im Stadtrat und die Zukunft der Stadt Donauwörth in den kommenden Jahren entscheidend prägen könnte.

Wer sich selbst ein Bild von den Konzepten beider Seiten machen möchte, kann dies an den kommenden beiden Samstagen in der Reichsstraße tun. "Neues Forum Tanzhaus" und "JA zum Tanzhaus" werden an diesen Tagen jeweils mit einem kleinen Informationsstand Rede und Antwort stehen.