Sollte die am Freitag (23. Oktober) beginnende Schlichtung keinen Durchbruch bringen, könnte es in der Milchwirtschaft zu einem „heißen Herbst“ kommen, sagte NGG-Landeschef und Verhandlungsführer Mustafa Öz. „Anders als viele andere Branchen steht die bayerische Milchwirtschaft trotz Corona sehr gut da. Die Unternehmen kommen mit den Aufträgen kaum hinterher, die Arbeitszeit wird sogar auf Dreischicht und Wochenendarbeit ausgeweitet“, so Öz.
Nach Angaben des Marktforschungsunternehmens Nielson ist die Nachfrage nach Milchprodukten in den ersten sieben Monaten des Jahres teils rasant gestiegen: Bundesweit fragten Verbraucher im Lebensmitteleinzelhandel knapp 29 Prozent mehr Weidemilch nach als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Sahne verzeichnete einen Zuwachs um rund zwölf Prozent, der Absatz von Butter legte um gut acht Prozent zu. „Ein Großteil dieser Bilanz wurde in Bayern mit seinen milchverarbeitenden Betrieben erwirtschaftet. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz bei 11,7 Milliarden Euro – 40 Prozent mehr als noch im Jahr 2010. Jeder Beschäftigte erwirtschaftete danach zuletzt einen Umsatz von jährlich knapp 630.000 Euro. Das ist rekordverdächtig. Die Beschäftigten erwarten für ihre mittlerweile als systemrelevant geltende Arbeit eine faire Anerkennung“, betont Öz.
Die Arbeitgeber hatten in den bisherigen Verhandlungen eine Lohnerhöhung von 1,5 Prozent und zuletzt von 1,7 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten angeboten. Nach Angaben der NGG liefe das auf ein Plus von lediglich sechs Euro brutto pro Monat für einen Facharbeiter hinaus. Der Gewerkschafter spricht von einem „Schlag ins Gesicht der Beschäftigten“. Die Gewerkschaft verlangt sechs Prozent mehr Lohn, mindestens aber 190 Euro mehr im Monat. Auszubildende sollen 125 Euro zusätzlich bekommen. Ernsthafte Verhandlungen seien offensichtlich nicht möglich, so Öz. Deshalb habe die NGG die Gespräche abgebrochen und die Schlichtung angerufen.
Nun soll der Präsident des Landesarbeitsgerichts, Dr. Harald Wanhöfer, in dem festgefahrenen Tarifkonflikt vermitteln. Die Schlichtung beginnt an diesem Freitag in Fürstenfeldbruck. Mit Warnstreiks in 15 Milchbetrieben hatte die Gewerkschaft bereits Anfang Oktober den Druck in der Tarifrunde erhöht. „Die Betriebsräte bereiten sich jetzt auf flächendeckende und lange Streiks vor, sollte die Schlichtung ohne Ergebnis bleiben“, macht Öz deutlich. Weitere Streiks sind möglich, wenn entweder Arbeitgeber oder Gewerkschaft den Schlichterspruch ablehnen. (pm)
Zu den Betrieben der Branche zählen, untergliedert nach den Regionen der NGG Bayern:
- Region Allgäu: Milchwerke Bad Wörishofen, Edelweiss, Hochland Heimenkirch & Schongau, Nestlé Deutschland AG, Saliter, Töpfer, Karwendel, S&R Lindenberg, Allgäu Milch Käse eG
- Region Schwaben: Ehrmann GmbH, Neuburger Milchwerke e.G., Zott Günzburg & Mertingen
- Region Niederbayern: Goldsteig Käsereien Bayerwald GmbH, frischli Milchwerke
- Region München: Bel Deutschland GmbH, Danone GmbH, Andechser Molkerei Scheitz
- Region Rosenheim-Oberbayern: Danone GmbH, Hochwald Foods GmbH, Molkerei Meggle Wasserburg, J. Bauer GmbH & Co. KG, Bergader Privatkäserei, Milchwerk Jäger, Molkerei Weihenstephan, Almil AG, Wendelstein Käsewerk, Milchwerke Berchtesgaden
- Region Nürnberg-Fürth: BMI Windsbach, Bayernland Nürnberg
- Region Oberpfalz: Bayernland eG Amberg, Milchwerke Ingolstadt Thalmässing, Goldsteig Käsereien, Privatmolkerei Bechtel
- Region Oberfranken: BMI Ebermannstadt, BMI Zapfendorf, Bayernland Bayreuth & Kemnath
- Region Unterfranken: Danone GmbH, BMI Würzbu