Mit seinem Beruf deutschlandweit, in Europa und sogar in der ganzen Welt zu den Besten gehören? Diesen Traum haben sich zwei Betonbauer erfüllt: der 21-jährige Julian Kiesl aus dem bayerischen Mallersdorf-Pfaffenberg und Niklas Berroth aus Sulzbach-Laufen (Baden-Württemberg), die von Josef Leberle im Leistungszentrum der Bauinnung in Nördlingen trainiert wurden. Niklas, der inzwischen die Meisterschule absolviert hat, arbeitet im Familienbetrieb, dem Bauunternehmen Berroth. Julian Kiesel arbeitet im Bauunternehmen Fahrner, besucht derzeit die Meisterschule und hat, wie Leberle extra lobt, trotz der schulischen Vorbereitung an allen Trainings teilgenommen.
Der Ausbildungsleiter erklärt: „Das Nationalteam im Bauhauptgewerbe wird gebildet aus den Berufen Maurer, Betonbauer, Stuckateure, Fliesenleger und Zimmerer.“ Werner Luther, Obermeister der Bauinnung Nordschwaben, und er selbst waren seit vielen Jahren Organisatoren der nationalen Wettbewerbe, die vom Zentralverband des Baugewerbes ausgerichtet wurden. 2014 wurde Werner Luther gefragt, ob sie auch Lust hätten, international aktiv zu werden – das war der Startschuss für das Leistungszentrum in Nördlingen. Wie Josef Leberle erklärt, erfolgt die Auswahl der Teilnehmer über alle Instanzen der Leistungs- und Gesellenprüfung. Die erste Hürde ist die Kammerleistungsprüfung, der Sieger nimmt am Landeswettbewerb teil, der Beste wiederum am Bundesleistungswettbewerb. „Im Höchstfall messen sich dort Teilnehmer aus 16 Bundesländern“, führt Leberle aus. Viele Jahre war Werner Luther beim Auswahlverfahren für internationale Wettbewerbe dabei, Josef Leberle organisiert „die eigenständigen Wettbewerbe, bei denen sich zeigt, wer das absolute Zeug für Wettbewerbe auf Weltniveau oder europäischer Ebene hat“. Im vergangenen Jahr errangen Julian und Niklas bei den WorldSkills im russischen Kassan den 3. Platz, die Bronzemedaille in der Weltrangliste. Dieses Jahr fragte er beide, ob sie noch einmal die extreme Kraft, das Durchhaltevermögen und das Opfer aufbringen, auch im Urlaub zu trainieren, um bei den 2. EuroSkills in Graz teilzunehmen. „Mit Begeisterung sagten sie sofort ja und haben die anstrengende Trainingswoche in der Bauinnung in Nördlingen auf sich genommen“, an die auch Josef Leberle gerne zurückdenkt.
Immer wieder hörten sie seine Ratschläge, Verbesserungsvorschläge, „obwohl sie schon gut genug waren“. Das hat sich im September ausbezahlt, als sie unter anderem „das umlaufende Gerüst eines großen Bewehrungskorbes einer kleinen Schalung, die in Sichtbetonklasse 4 mit einer 3D-Silhouette vom Glockenturm in Graz zu schalen“ hatten: Sie erreichten den 2. Platz, wurden Vizeeuropameister mit lediglich 2,5 Punkten weniger als die Sieger. Was Josef Leberle so kommentiert: „Wir haben vier Tage, bzw. 22 Stunden gekämpft, bis zur letzten Minute, bildeten ein Team, wie man es sich nur wünschen kann - und am Ende war für den zweiten Platz das halbe Haar in der Suppe ausschlaggebend.“ Nicht einmal ein Fehler. Der Nördlinger vergleicht es mit einem Windstoß mehr, der die Goldmedaille bringt, weil er einen Skirennfahrer eine Hundertstelsekunde schneller ins Ziel bringt. Das Team Julian, Niklas und Josef Leberle bekam zusätzlich die „Medal of Excellence“ für die Spitzenleistung, mehr als die Maximalpunktzahl zu erreichen. (pm)