Die Dreiteilung des Jura ist an den Tälern und Höhenrücken deutlich erkennbar. Auf den untersten Schichten des Schwarzen Jura mit seinen frucht-baren Böden liegen Äcker und Wiesen. Der darüber liegende, wenig fruchtbare Braune Jura, ist zum großen Teil mit Wald bestanden. Die jüngste Schicht, der Weiße Jura mit dem typischen Magerrasen, reicht bis in Höhen von 640 Meter. Bei den Bauern in den dortigen Dörfern gibt es den Spruch: „Hier oben muss es zu jeder Brotzeit regnen“, um den steinigen Böden etwas abzuringen. Die Landschaft und ihr raues Klima haben einen besonderen Menschenschlag mit einem eigenen Dialekt geprägt. Vor allem in den Wintermonaten waren die Bewohner oft länger von der Außenwelt abgeschnitten. Den meisten Riesern ist dieser Landstrich sicher bekannt, vor allem das uralte Benediktinerkloster in Heidenheim oder die weithin sichtbare Burg Spielberg. Aber diese geschichtsträchtige Landschaft hält für den Besucher noch viel mehr Interessantes bereit. Einige der Orte mit ihrer Geschichte und ihren Geschichten sollen bei dem Streifzug vorgestellt werden. Er soll einmal zu einem Besuch des Hahnenkamms anregen.
Ein Relikt vergangener Handwerkskunst
Ein seltenes Denkmal vergangener Handwerkskunst liegt bei dem Weiler Wolfsbronn. Bereits der Name deutet auf den Reichtum an Wasser hin.
Dort wo der Hahnenkamm steil zum Altmühltal abfällt, befinden sich zahlreiche Quellen, die das ganze Jahr gleichmäßig Wasser spenden.
Unweit von Wolfsbronn steht am Waldrand das mächtige Fachwerkgebäude einer Mühle. Mühlen sind in unserer Landschaft nichts Besonderes, doch hier handelte es sich um eine Papiermühle.
Im Jahre 1736 erbaute der Bauernsohn Leonhard Meyer aus dem nahen Ort Degersheim unter geschickter Ausnutzung der Wasservorkommen eine Papiermühle. Vor allem an den Hof der Markgrafen von Ansbach wurden die Erzeugnisse der Papierer geliefert. Aber schon 1866 wurde die Produktion eingestellt, da man nicht mehr mit der modernen Papierfabrikation konkurrieren konnte.
Gustav Adolfs Page
Begibt man sich bei Windischhausen im östlichen Rohrachtal auf den Weg hinunter nach Wettelsheim im Altmühltal, so gelangt man in den kleinen Ort Falbenthal. Mitten in dem Weiler fällt ein ungewöhnliches Gebäude mit drei Ecktürmen auf, über dessen Eingang ein Wappen mit der Jahreszahl 1681 eingemauert ist. Auf der Tafel wird ein Wolff Philip von Leibelfing Heer vff Fallenthall und Maria Catharina Philipina von Leibelfing genannt.
Das Geschlecht derer von Leubelfing erschien Ende des 13. Jahrhunderts in Niederbayern. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts ließ sich ein Zweig der Familie in Franken nieder. 1642 wurde das Gut Falbenthal vom Obristen Johann von Leubelfing erworben und bis 1787 verblieb das Geschlecht in dem Ort.
Der bekannteste Angehörige der Familie war wohl August von Leubelfing, der als Page mit dem Schwedenkönig Gustav Adolf in der Schlacht bei Lützen 1632 sein Leben verlor. Der Schweizer Conrad Ferdinand Meyer verwendete diesen Stoff in seiner Novelle „Gustav Adolfs Page“. 1960 wurde das Leben des August von Leubelfing verfilmt, in den Hauptrollen spielten damals Curd Jürgens und Lieselotte Pulver. Heute erinnern nur Epitaphien in der Martinskirche in Wettelsheim an dieses Geschlecht.
Quarzitbrocken gelten noch heute als Rätsel
Das Dorf Döckingen liegt auf der Albhochfläche rund 500 Meter über dem Meeresspiegel. Für geologisch Interessierte gibt es hier manche Besonderheit zu entdecken. Überall im Ort trifft man auf gewaltige rot-braune Gesteinsbrocken aus Quarzit. Sie stellen die Wissenschaftler bis heute vor Rätsel, da nicht mit letzter Sicherheit geklärt ist, ob sie bei der Entstehung des Rieskraters hierher verfrachtet wurden. Auch bei Baumaßnahmen stellen sie Herausforderungen dar, da sie wegen ihrer unglaublichen Härte jedem Werkzeug standhalten und kaum zu zertrümmern sind.
Eine weitere Besonderheit in der Flur stellen die vielen unterschiedlich großen Dolinen dar, die für die Juraverkarstung charakteristisch sind. Immer wieder brechen unterirdische Hohlräume zusammen und bilden dann in der Landschaft die typischen Vertiefungen der Dolinen. Regenwasser und Kohlendioxid lösen den Kalk auf und bilden Risse und Klüfte. Jährlich gehen dem Hahnenkamm mehrere Tausend Kubikmeter Kalk verloren. Fachleute vermuten im Untergrund sogar große Höhlensysteme, die sich vor Millionen von Jahren bildeten.
Die ehemalige jüdische Gemeinde in Steinhart
Seit dem 16. Jahrhundert gab es in dem Ort Steinhart eine jüdische Gemeinde und einen Friedhof. Im Ort befand sich auch eine kleine Synagoge und ein Schulhaus. Ende des 19. Jahrhunderts löste sich die Gemeinde auf. Auf dem Burghügel einer abgegangenen Burg unterhalb der heute noch sichtbaren Ruine, im Volksmund auch Judenbuck genannt, befindet sich der ehemalige jüdische Friedhof. Die erhaltenen Grabsteine sind die letzten Zeugnisse, die an die einstigen jüdischen Bewohner von Steinhart erinnern.
Der Schlossberg – ein „sagenhafter“ Platz
Südlich des Hahnenkammsees liegt an der Rohrach die uralte Stahlmühle. Gegenüber erhebt sich steil der Schlossberg, auf dem sich noch die Reste einer ehemaligen Burganlage befinden, die das Geschlecht der Stahelsberger erbaute. Längst sind ihre Mauern zerfallen, der Burggraben allerdings ist noch deutlich zu sehen. Mitten in der Anlage sind die Mauern einer kleinen Kirche erkennbar, die die Herren von Truhendingen 1245 stifteten. Wegen der Abgeschiedenheit des Platzes verließen die dortigen Zisterzienserinnen bereits 1252 den Ort und ließen sich im Ries nieder, wo sie das Kloster Zimmern gründeten.
Ein Holzfass auf der Anhöhe erinnert an einen früheren Burgherrn, der der Sage nach seine ungetreue Ehefrau in das Fass sperrte und sie von der Anhöhe in die Tiefe stürzte. Heute noch geht die Sage um, dass es auf dem Schlossberg spukt und schon mancher Zeitgenosse will in der Nacht auf dem Berg weiß gekleidete Nonnen gesehen haben.
Die Bauernschlacht von Ostheim
Ziemlich unscheinbar ist die Steintafel an der Kirche von Ostheim, die an ein wichtiges Ereignis in unserer Heimat erinnert, das nunmehr fast fünf Jahrhunderte zurückliegt. Als sich im Frühjahr 1525 die Bauern im Kampf um Gerechtigkeit gegen den Adel und den Klerus erhoben, rotteten sich die Bauern des Rieses und der Hesselberggegend zusammen. Gemeinsam plünderten sie am 6. Mai 1525 das Kloster Auhausen und am nächsten Tag sollte das Kloster Heidenheim das gleiche Schicksal erleiden. Auf dem Weg hinauf auf den Hahnenkamm zog der Bauernhaufen durch die Gemarkung Ostheim. Auf dem
Geilbuck, einer kleinen Anhöhe südlich des Dorfes, wurden sie jedoch von 700 Reitern des Markgrafen Kasimir von Ansbach gestellt und vernichtend geschlagen. Viele der Bauern flohen in die nahen Wälder, viele wurden gefangen genommen, rund 1000 verloren ihr Leben. Am traurigen Los der Bauern aber hatte sich nichts geändert.
Die Katharinenkapelle bei Hechlingen
Auf dem 585 Meter hohen Kapellbuck hoch über dem Dorf Hechlingen befindet sich die Ruine einer Kapelle. Vermutlich wurde sie dort oben im 15. Jahrhundert auf den Resten einer Burg errichtet. Eine Zeit lang diente sie als Wallfahrtsort, bevor sie nach und nach verfiel. Heute ist das Bauwerk inmitten von Wiesen und Feldern wieder restauriert. Von der luftigen Höhe bietet sich dem Besucher bei gutem Wetter ein imposanter Rundblick. Alljährlich Anfang
August feiern die Hechlinger zusammen mit zahlreichen Gästen ihr Kapplfest. Nach einem Gottesdienst und Musikdarbietungen ist auch für das leibliche Wohl bestens gesorgt. Geräucherte Forellen, Küchle oder die hervorragenden fränkischen Bratwürste allein sind schon einen Besuch wert. (Gastautor: Werner Paa)