„Das Warten hat ein Ende! Endlich ist der Tag des Schäfflertanzes!“ Mit diesen Worten begrüßte Bürgermeister Dr. Martin Drexler neben den Mitwirkenden auch zahlreiche Vertreter der Politik sowie fast den kompletten Stadtrat nach dem Gottesdienst zum Empfang im Rathaus. In kurzen Worten erklärte er, welchen Hintergrund der aus München stammende Schäfflertanz hat. Im Mittelalter wollten die Schäffler mit ihrem Tanz einen Gegenakzent zur Pest setzen und wieder Lebensfreude, Mut und Optimismus verbreiten, um daraus neue Kraft zu schöpfen. Genau das Gleiche sei jetzt, nach zwei Jahren Pandemie, noch aktueller geworden, so Drexler.
Herausforderung für Tänzer und Kapelle
„Ich lobe den Tanz, denn er befreit den Menschen von der Schwere der Dinge.“ Landrat Stefan Rößle griff auf ein Zitat von Bischof Augustinus Aurelius aus dem 3. Jahrhundert zurück. Auch er zog die Parallele zwischen dem Traditionstanz aus dem 16. Jahrhundert und heute. Er würdigte den Aufwand der über 60 Beteiligten, die bereits seit kurz nach Weihnachten eifrig geprobt haben, und zollte vor allem der Leistung von Stadtkapelle und Tänzern Respekt. Nachdem der Tanz an verschiedenen Plätzen in der Stadt aufgeführt wird, muss die 6-strophige Polka mindestens 60 Mal gespielt werden.
Keine Nachwuchssorgen
Ihm sei es in die Wiege gelegt, erzählte Andreas Stöckle, Vorsitzender der Schäffler-Vereinigung. Im Laufe der Jahrhunderte sei die Tradition immer mehr aufgeblüht. „Es sei zwar leicht zu halten, aber schwer zu toppen“, sagte Stöckle im Hinblick auf den Nachwuchs, um den sich die Schäffler keine Sorgen machen müssen. Bereits jetzt sind die Kleinen mit am Start und fiebern ihrem 18. Geburtstag entgegen, denn mittanzen darf man nur zwischen 18 und 60.
Neun junge Männer gaben in diesem Jahr ihr Debut als Tänzer. Sie mussten neu eingekleidet werden und so war das Esszimmer im Hause Stöckle längere Zeit eine Nähstube. Geprobt wurde im Feuerwehrhaus, wobei man die Auswirkungen der Pandemie spürte, so Stöckle. Mangels Tanzkursen und Tanzgelegenheiten stand der Grundschritt der 3-Takt-Polka mehrere Übungsstunden im Mittelpunkt, ehe die einzelnen Figuren eingeübt werden konnten. Die meisten Stunden jedoch werden für das Binden der Buchsbögen verwendet, die alle „aus einer Hand“ stammen, der von Roland Hoinle. Die Anderen dürften vielleicht die Buchszweige zurecht schneiden, aber binden darf sonst niemand, erklärte Stöckle. Mit den Worten von Stöckles Vater: „Ihr miaßat a Leba zeuga“, ging es dann vor das Rathaus.
Feste Choreographie
Angeführt von der Wemdinger Stadtkapelle, dem Münchner Kindl und den Nachwuchstänzern zogen die Schäffler vors Rathaus, der ersten von insgesamt zehn Stationen, an denen der Tanz aufgeführt wurde. Die traditionelle Choreographie umfasst verschiedene Tanzelemente, wie die Schlange, die Laube, das Kreuz, die Krone und das Changieren. Die Geißböcke sollen den Tänzern in der Menschenmenge Platz verschaffen. Einfacher hat es da Gambrinus, der Schutzpatron der Brauer, denn er thront auf einem über 100 Jahre alten, riesengroßen Holzfass, das aus dem Keller der Kreuz-Brauerei „gerettet“ wurde. Das Fass ist das Symbol der Fassmacher oder Fasshauer, die den letzten Ring anlegen. Der Vorsitzende der Schäffler-Vereinigung erklärte jeweils die einzelnen Figuren und deren traditionelle Bedeutung. Der Schäfflertanz, der neben Wemding schwabenweit nur noch in Dinkelscherben zelebriert wird, findet übrigens immer am Sonntag vor dem Faschingssonntag statt. Nächster Termin ist der 24. Februar 2030.