Für die Betroffenen war es ein schwerer Schritt am Donnerstagvormittag über die Türschwelle des ehemaligen Kloster Heilig Kreuz zu treten. Viele waren seit ihrer Kindheit nicht mehr in Donauwörth gewesen. Eine Kindheit, die tiefe Wunden hinterlassen hat.
Vor vier Jahren wurde durch Recherchen des Bayerischen Rundfunks bekannt, dass es im ehemaligen Kinderheim der Pädagogischen Stiftung Cassianeum zwischen 1952 und 1977 vielfache Fälle von physischer, psychischer und sexueller Gewalt gegen Kinder gab. Mehrere Opfer hatten den Mut, endlich über die Taten, die sie jahrelang über sich ergehen lassen mussten, zu berichten. Schläge nach der Beichte, sexuelle Übergriffe und stundenlanges Ausharren auf Kleiderbügeln und in Kellern waren an der Tagesordnung. Wer ins Bett machte, bekam nichts zu trinken, wer nachts sprach, musste sein Erbrochenes essen.
Im Zentrum der Anschuldigungen steht der 1980 verstorbene Pfarrer Max Auer. Der Enkel Ludwig Auers leitete das Kinderheim bis zur Schließung im Jahr 1977.
Opfer enthüllen Mahnmal
"Es ist uns so wichtig, dass es diesen Ort jetzt gibt", sagt eine Betroffene. Für die ehemaligen Heimbewohner war es ein großer Wunsch, dass ihrem Schicksal an einem öffentlichen Ort erinnert wird. Sie berichten von schweren Traumata, die sie bis heute mit sich tragen.
Als das blaue Samttuch vom Mahnmal gezogen wird, haben viele der Anwesenden Tränen in den Augen, denn ihre Geschichten wurden viel zu lange unter den Teppich gekehrt. Genau das möchte Martin Knöferl mit seinem Kunstwerk deutlich machen. Das Mahnmal stellt einen zusammengerollten roten Teppich dar. "Leid und Schmerz, Versagen und Schuld, nicht länger unter den Teppich kehren, Missbrauch und Gewalt endlich wehren, Leben und Liebe wirklich ehren", sind die Worte, die in den Teppich eingeschnitten sind. Platziert wurde die Teppichrolle neben einer in den Boden eingelassenen, begehbaren Glasplatte, unter der sich Scherben befinden.
"Stolperstein, der uns immer wieder wachrüttelt"
"Es ist eine Tragödie, dass Kinder, die Schutz brauchen, so behandelt wurden und es ist eine Tragödie, dass es so lang unentdeckt blieb", sagt Peter Kosak, Stiftungsvorsitzender des Cassianeums, bei der Enthüllung des Mahnmals. Er betonte auch, dass damit kein Haken hinter die Angelegenheit gesetzt werde. Der rote Teppich neben der bekannten Statue Ludwig Auers soll auch darauf hinweisen, dass die Pädagogische Stiftung Cassianeum im Austausch mit den Betroffenen bleiben möchte.