Das Medieninteresse an der heutigen Pressekonferenz war groß. Nachdem in der vergangenen Woche bekannt geworden war, dass in einer Wemdinger Arztpraxis möglicherweise zum einen falsche Impfnachweise ausgestellt wurden, zum anderen Patient*innen statt Impfstoff nur eine Art Placebo erhalten hatten (wir berichteten), gekommen war, laufen nun die Ermittlungen der Kriminalpolizei Dillingen und der Staatsanwaltschaft Augsburg. Bei der Pressekonferenz die heute im Landratsamt Donau-Ries stattfand, informierten Landratsamt, Polizei und Staatsanwaltschaft über bisher getroffene Maßnahmen und Hintergründe, sowie das weitere Vorgehen.
Transparenz sei für ihn das Gebot der Stunde, informierte Stefan Rößle zu Beginn der Pressekonferenz. Man wolle sehr früh über die Ereignisse informieren, müsse aber auch auf die laufenden Ermittlungen Rücksicht nehmen, führte der Landrat weiter aus. Weiterhin bat der Landrat um Verständnis, das zum jetzigen Zeitpunkt möglicherweise nicht alle Fragen beantwortet werden können, da es sich um einen umfangreichen Themenkomplex mit vielen Betroffenen, nämlich mehreren Hundert, handle.
Immense Ausmaße
Landrat Rößle skizzierte zunächst, was sich seit Freitagnachmittag ereignet hatte: "Am Freitagnachmittag erreichte mich der Anruf von Frau Dr. Hesse, der Leiterin unseres Gesundheitsamtes, die sich die in einer gemeinsamen Besprechung mit Polizei und Staatsanwaltschaft befunden hatte. Bis zum Freitagnachmittag war ich von Einzelfällen ausgegangen. Dann wurde allerdings klar, dass es immense Ausmaße annimmt." Seit diesem Zeitpunkt wisse man, dass es sich insgesamt um mehrere hundert Personen handle. Teils seien diese gezielt zu Dr. Holst gegangen, um ohne Impfung einen Impfnachweis zu erhalten. Teils handle es sich aber auch um Personen, die bisher im guten Glauben waren, dass sie geimpft wurden, führte der Landkreischef aus.
Auch warum man sich dazu entschieden hatte den Namen des Arztes zu veröffentlichen äußerte sich Rößle. Er begründete seine Entscheidung damit, dass nach Abwägung der gesamten Situation klar war, dass eine Gefahr für die Öffentlichkeit bestehe, da sich Betroffene mit Corona anstecken oder gar schwer erkranken könnten. Zudem seien unter den Betroffenen auch Menschen mit schweren Vorerkrankungen, die besonders gefährdet sind. Es habe also erhebliches Gefährdungspotential vorgelegen, die zur Entscheidung geführt habe den Namen zu nennen. "Hätten wir nur die Auskunft weitergegeben, dass es sich um einen Arzt aus Wemding handelt, hätte das Chaos ausgelöst, da es mehrere Ärzte in Wemding gibt", so der Landrat. In Zusammenarbeit mit der Stadt Wemding wurde dann zudem die Praxis des Mediziners geschlossen. "Unsere juristischen Mitarbeiterinnen haben eine Gefährdungsanalyse erstellt, damit die VG Wemding eine sichere Rechtsgrundlage hatte, die Schließung anzuordnen", so Rößle.
Für Betroffene der Praxis Dr. Holst bleibt das Bürgertestzentrum weiterhin kostenfrei
Nach intensivem Austausch mit der Regierung von Schwaben und dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, konnte erreicht werden, dass Betroffene der Praxis Dr. Holst in Wemding auch über den 10. Oktober hinaus kostenlose PCR-Tests am Bürgertestzentrum Monheim in Anspruch nehmen können, informierte Rößle. Nachdem die in besagter Arztpraxis ausgestellten Impfnachweise keine Gültigkeit mehr besitzen, unterliegen die Betroffenen wieder der Testpflicht im Rahmen der „3G-Vorgaben.“
Für Gesundheitsamt und Landratsamt Donau-Ries sei es deshalb ein großes Anliegen gewesen, Betroffenen auch über den 10. Oktober hinaus eine kostenfreie Möglichkeit für Tests zu bieten. Zudem soll für alle Betroffenen ein Sonderimpftermin in Wemding organisiert werden.
Rößle bittet KVB um Unterstützung
Ein weiteres Problem in Wemding sei nun, dass sich mit der Schließung der betroffenen Wemdinger Arztpraxis nun zudem noch die Situation der Hausärztlichen Versorgung zuspitze, informierte Rößle. Aus diesem Grund habe sich Landrat Stefan Rößle heute in einem Schreiben an die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) gewandt und auf die sich damit verschärfende hausärztliche Versorgungslage in Wemding und um hingewiesen. Man hoffe auf Unterstützung durch die KVB, um die Regelversorgung in Wemding wieder zu gewährleisten.
Gerüchte führten zu Antikörper-Tests
Mehrere anonyme Hinweise seien eingegangen, ehe die Kripo die Ermittlungen im Fall Dr. Holst aufgenommen habe, erklärte Michael Lechner, Leiter der Kriminalpolizei in Dillingen. Zudem hätten auf Grund von Gerüchten, die in Wemding kursierten, einige Betroffene bereits privat eine Antikörpertestung durchführen lassen, wodurch sich der Verdacht weiter erhärtete, dass möglicherweise "falsche" Impfungen in der Wemdinger Praxis durchgeführt wurden. "Im Zuge der Ermittlungen konnte man feststellen, dass der Verdacht von Straftaten da ist, das Impfbescheinigungen ausgestellt bzw. bestätigt wurden, obwohl Betroffene nicht geimpft wurden", so Lechner weiter. Daraufhin haben man am Mittwoch vergangener Woche Praxis- und Wohnräume des Mediziners durchsucht und im Zuge dessen "Gegenstände und Unterlagen" sichergestellt, führte Lechner aus. So habe man erfahren, dass es sich um mehrere hundert Betroffenen handle, so Lechner. Wer Hinweise zum Fall geben könne sich an die "Ermittlungsgruppe Impfen" unter der Telefonnummer 09071 56442 wenden.
Dr. Andreas Dobler, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Augsburg betonte, dass man sich noch ganz am Anfang der Ermittlungen befinde. Aus diesem Grund ist es auch noch fraglich welche Straftatbestände im Raum stehen. Zunächst müsse, so Dr. Andreas Dobler, die Vergangenheit aufgearbeitet werden. Mögliche Straftatbestände seien Körperverletzung und Urkundenfälschung.