An der Donau ist er bekannt und teils gefürchtet: der Riedstrom. Dabei handelt es sich um Bayerns größtes natürliches Überschwemmungsgebiet. Führt die Donau im schwäbischen Teil zu viel Hochwasser, wirkt der Riedstrom als ausgleichendes Korrektiv. Die Wassermassen können dann in die Gebiete des Donaurieds ausufern.
Diese Funktion des Riedstroms ist insoweit von Bedeutung, als bei normalen Hochwasserlagen die Spitzen abgeschwächt oder zumindest entzerrt werden. Daher ist es gewünscht, dass Hochwasser in die Fläche ablaufen und dort gehalten werden. Darauf wurde bereits bei den ersten Begradigungsmaßnahmen der Donau, die um 1800 herum begannen, und auch bei den Deichbauten Ende des 19. Jahrhunderts geachtet. Der Riedstrom als das natürliche Überschwemmungsgebiet, das er in der Vergangenheit schon immer war, sollte erhalten bleiben. Zum einen, um die umliegenden Landwirtschaftsflächen vor allem durch Winterhochwasser mit Nährstoffen zu versorgen und so als natürlicher Dünger zu wirken. Zum anderen, um eben weiter dessen historische Rolle im Hochwasserschutz entlang der Donau zu erhalten.
Historische Eingriffe in die Donau und deren Auswirkungen
Denn durch die Eingriffe des Menschen hat sich die Flussdynamik der Donau bereits verändert. Hatten früher Bögen sowie Kies- und Sandbänke eine hemmende Wirkung bei Hochwasser, fielen diese Faktoren durch die Begradigung und die damit einhergehende Vertiefung des Flussbetts weg. Zudem greift der Staustufenbau seit den 1960er Jahren stark in das Fließverhalten der Donau ein.
Um damit den Riedstrom jedoch nicht zu unterbinden, wurde bereits damals in den Genehmigungsbescheiden festgehalten, dass das vorhandene Überschwemmungsgebiet erhalten bleiben sowie bei bestimmten Hochwasserabflüssen Ausuferungen oberhalb der Staustufen in das Donauried weiterhin erfolgen müssen. Zu diesem Zweck gibt es verschiedenste Ausuferungsbereiche unterhalb der Staustufen bis die Dämme der nächsten Staustufe beginnen. Über Uferwege, Böschungen, einmündende Gewässer und auch Dammstrecken kann das Wasser in den sogenannten Riedstrom laufen.
Man kann den Riedstrom nicht ein- oder ausschalten
Dies geschieht ab einer Wasserflussmenge von rund 700 - 750 Kubikmetern pro Sekunde. An den Staustufen besteht die Möglichkeit, diese Wassermenge bei anlaufenden kleineren Hochwasserwellen zu beeinflussen. Dafür kann eine Staustufe in den Überstau gehen. Von Überstau spricht man, wenn der Wasserspiegel angehoben wird. Dann ufert das Wasser bereits weiter flussaufwärts an den dafür vorgesehenen Stellen aus. Bei höheren Abflüssen spielt die auch nur an drei Staustufen wasserrechtlich vorgeschriebene Überstauregelung keine Rolle. Dann sind die Wasserstände auch unterhalb der Staustufen so hoch, dass es einfach nur noch in den Riedstrom fließt, oder wie Gudrun Seidel, Behördenleiterin des Wasserwirtschaftsamts Donauwörth, betont. „Es gibt keinen Knopf, der den Riedstrom ein- oder ausschalten kann.“
Es geht hierbei auch um eine Entlastung der Staustufen und -dämme. Denn diese wurden bei Planung, Genehmigung und Bau mit Berücksichtigung der Ausuferungen in den Riedstrom geplant. Bei den Abflussmengen wie sie Anfang Juni zu verzeichnen waren, wäre ohne diese planmäßige Ausuferung sonst die Gefahr von Dammbrüchen gegeben.
Das extreme Hochwasser in der ersten Juniwoche hat sich somit wieder seinen natürlichen Weg durch das Donauried gesucht. Einen Weg, den der Riedstrom schon seit Jahrhunderten nimmt, der nun allerdings durch die intensive Nutzung und Bebauung des historischen Überschwemmungsgebiets zu Problemen führt. Probleme, für die das Wasserwirtschaftsamt Lösungen finden will, um in Zukunft Siedlungsbereiche vor einem Hochwasser der Donau und damit vor dem natürlichen Riedstrom schützen zu können.