Dem Angeschuldigten wird von der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) in der Anklageschrift zum einen vorgeworfen, von von Mitte April bis Ende September 2021 176 Patient*innen in 314 Fällen (da teilweise bei Erst- und Zweitimpfung) eine Impfung lediglich vorgetäuscht zu haben. Er soll allein mit den Patienten im Behandlungszimmer gewesen sein, die Beschäftigten des Arztes sollen nicht anwesend gewesen sein.
Arzt benutzte leeren Spritzen
Nach Entleerung der von den Beschäftigten zuvor vorbereitenden Spritzen soll der Angeschuldigte den Patient*innen die Spritzen leer von hinten ins Gesäß gestochen haben, so dass die Patient*innen den Impfvorgang nicht sehen konnten. Die Patient*innen sollen dies - mit einer Ausnahme - nicht bemerkt haben, so dass sie gutgläubig von einer Impfung ausgingen, tatsächlich aber keinerlei Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Virus entwickelten. Im Anschluss soll der Angeschuldigte die eigentlich unterbliebene Impfung in den Impfpässen dieser Patienten falsch dokumentiert haben. Jeder Stich mit einer Spritze ins Gesäß stellt eine vorsätzliche Körperverletzung dar, weil die Einwilligung der Patient*innen unter der Bedingung stand, tatsächlich geimpft zu werden.
Mindestens 40 Patient*innen wollten "Schonimpfung"
Darüber hinaus soll der Angeschuldigte bei mindestens 40 anderen Patient*innen, die sich nicht gegen das SARS-CoV-2-Virus impfen lassen wollten, fälschlicher Weise die Durchführung einer Impfung in deren Impfpässen bescheinigt haben. Dies soll unter Impfgegnern als „Schonimpfung“ bekannt gewesen sein.
3.000 Euro Schaden bei der KVB
In beiden Fallkonstellationen soll er diese Impfungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) falsch abgerechnet haben, wodurch der KVB für das Quartal 2/2021 ein Schaden von über 3.000 Euro entstanden sein soll. Die ZKG strebt die Einziehung dieses Erlöses im Rahmen der Hauptverhandlung an.
Außerdem sind nach der Anklage die Voraussetzungen für die Anordnung eines Berufsverbots wegen grober Verletzung der mit seinem Beruf verbundenen Pflichten gegeben. Ein vorläufiges Berufsverbot wurde bereits durch das Amtsgerichts Nürnberg im Rahmen des Ermittlungsverfahrens verhängt.
Strafbar gemacht haben soll sich der Arzt wegen vorsätzlicher Körperverletzung, Betrugs und wissentlicher unrichtiger Dokumentation von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus (§ 74 Abs. 2 IfSG).
Hinweise kamen aus der Bevölkerung
Anlass des Verfahrens waren mehrere Mitteilungen aus der Bevölkerung, dass der Angeschuldigte Verschwörungsmythen anhängen und Einträge in Impfpässen ohne Impfung vorzunehmen würde. Nach den vorliegenden Erkenntnissen soll er der Impfung gegen das SARS-CoV-2-Virus äußerst ablehnend gegenübergestanden haben.
Die vom Gesundheitsamt Donau-Ries - in Zusammenarbeit mit der KPI Dillingen - großangelegten und freiwilligen Reihentestungen unter Zuhilfenahme des Fachlabors des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ergaben in den meisten Fällen keinen oder nur einen sehr geringen Antikörpernachweis.
Ermittlungen gegen Patient*innen laufen noch
Das Verfahren wurde ursprünglich von der Staatsanwaltschaft Augsburg geführt. Durch die ZKG wurde es hinsichtlich des jetzt angeklagten Arztes wegen des Betrugsvorwurfs übernommen. Die Staatsanwaltschaft Augsburg führt weiterhin die Ermittlungen gegen die Patient*innen, denen vorgeworfen wird, keine Impfung gewollt zu haben, und die gewusst haben sollen, dass ihnen falsche Impfbescheinigungen ausgestellt werden.
Mit den polizeilichen Ermittlungen die KPI Dillingen mit einer eigens gegründeten Ermittlungsgruppe betraut. Der Angeschuldigte hat sich bislang nicht zur Sache eingelassen. Über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens muss jetzt das Landgericht Augsburg entscheiden.
Es wird darauf hingewiesen, dass der Angeschuldigte bis zu einer etwaigen rechts-kräftigen Verurteilung als unschuldig gilt. (pm)