Die Spuren des klösterlichen Lebens in Wemding reichen bis in das Jahr 1664 zurück, als die ersten vier Kapuziner in der Stadt angekommen sind und das Kapuzinerhospiz gegründet haben. Die Einweihung der Klosterkirche am 15. Mai 1672 schloss die Gründungsphase des Wemdinger Kapuzinerklosters ab. Nach der Schließung des Kapuzinerkonvents nach 326 Jahren Wirkenszeit, wurde vor 22 Jahren das Kloster durch die Karmelitinnen von Speyer neu belebt und die Klostertradition fortgesetzt. In diesen Tagen begehen die Wemdinger das 350-jährige Weihejubiläum der Klosterkirche.
Für Stadtpfarrer Wolfgang Gebert und den ersten Vorsitzenden des Vereins der Freunde des Karmelitinnenklosters Wemding, Gottfried Hänsel, ist dieses Ereignis Anlass genug, das hohe Jubiläum in gebührendem Rahmen zu begehen. Das Kloster hat bis heute seine Strahlkraft nicht verloren, ist es doch seit 350 Jahren ein „Zentrum des Glaubens und des Gebets“ wie Stadtpfarrer Gebert anmerkte.
Den Festgottesdienst zelebrierte Provinzial Pater Raoul Kiyangi, der für den Orden der Karmelitinnen in Deutschland als Geistlicher Repräsentant mit Leitungsfunktion wirkt. In seiner Predigt ging Pater Kiyangi zunächst der Frage nach, worum es den Kapuzinern ging, in Wemding eine Klosterkirche zu bauen. Neben der Gottesverehrung und Christungsfrömmigkeit ging es vor allem darum, die heilende Liebe Gottes erfahrbar zu machen und Gott zu suchen. In Anlehnung an das Johannes-Evangelium stellte Pater Kiyangi dar, dass jedes Leben gut und in den Augen Gottes unendlich wertvoll sei. Diese Botschaft haben seinerzeit die Kapuziner verkündet. Auch heute verkünden die Karmelitinnen diese Botschaft, die in der Stille und in Freundschaft mit Jesus leben. Das Leben in der Verborgenheit und im Schweigen bezeichnete der Provinzial hingegen nicht als Abschottung von der Welt. Vielmehr leben die Karmelitinnen in einer lebendigen inneren Gemeinschaft mit den Menschen, deren apostolisches Wirken allein das Gebet ist, durch das die Karmelitinnen die Führung Gottes für alle Menschen, die Kirche und die Welt erbitten.
„Darum brauchen wir Stätten, an denen deutlich wird, dass wir Gott suchen müssen, und zeigen, wo er zu finden ist“, betonte Pater Kiyangi. Gott zu suchen, ist die Lebensaufgabe der Menschen in der Welt, ihn zu finden ist die Erfüllung des Lebens in der Ewigkeit. Doch noch entscheidender als die Gottessuche der Menschen sei es, dass Gott die Menschen sucht. Allerdings lasse sich Gott weder im Luxus, noch im Lärm dieser Welt finden. Das Glück der Menschen bestehe darin, sich von Gott finden zu lassen und so teilzunehmen an seiner Liebe und an seinem dreifaltigen Leben. Dies gelinge allerdings nur in der Stille um dort Antworten auf unsere Fragen zu finden.
Besondere Gäste
Im Anschluss an den Gottesdienst leitete Gottfried Hänsel auf den angekündigten Festvortrag über. Hierzu konnte Hänsel als Ehrengäste Landtagsabgeordneten Wolfgang Fackler sowie Bezirksrat Peter Schiele begrüßen. Hänsel ging in seinen einleitenden Worten auf die Förderer der Klosterkirche in deren Gründungszeit ein. Wesentlich zur Klostergründung trugen der damalige Bürgermeister Jacob Schneidt sowie Frau Rosina Ernst durch ihr großzügiges Mäzenatentum bei. Bürgermeister Schneidt war einerseits ein Mann der Kirche und schuf die Voraussetzung für die Klostergründung, indem er seinen Garten vor den Toren der Stadt als Grundstück schenkte. Die Brauerei- und Gastwirtswitwe Rosina Ernst hingegen war kinderlos und erteilte ein Vermächtnis für den Klosterneubau. Mit diesen erheblichen Mitteln aus dem Nachlass von Frau Rosina Ernst konnte rund ein Drittel der Klosterbaukosten finanziert werden.
Als Festredner referierte Pfarrer Alois Loeßl, der mehrere Jahre in Huisheim und Gosheim als Pfarrer wirkte, in einem geistlichen Impulsvortrag über das Thema „Christlichen Dialog neu lernen“. Pfarrer Loeßl beklagte eine Verrohung des Verhaltens in unserer Zeit, welches sich mittlerweile auf eine flache und rein funktionale Weltsicht beschränke und eine notwendige Tiefendimension vermissen lasse. Gerade jedoch das rein funktionale Denken widerspricht dem jüdisch-christlichen Denken. Die notwendige Tiefendimension, der ein großer Teil der Gesellschaft verlorengegangen sei, findet sich in seinen Augen im Hauptwerk „Ich und Du“ des jüdischen Philosophen Martin Buber. Danach bringe eine Ich-Es-Beziehung nur eine Abgrenzung hervor, die ohne Antwort bliebe. „Diese Abgrenzung erleben wir derzeit in der Gesprächsunfähigkeit, ja im Gesprächsverbot unserer Zeit“, merkte Loeßl an. Unabhängig, ob es um die Corona-Pandemie, den Krieg in der Ukraine oder dem Klimaschutz gehe, im Vordergrund der Auseinandersetzung stehe kein Erfahrungsaustausch mehr, sondern eine Abgrenzung und Verfremdung untereinander. Hierbei wird das „Du“ zum „Es“ degradiert. Diese Gesprächsunfähigkeit führe zur Einsamkeit. Vielmehr bedarf es heute wieder eines dialogischen Denkens. Den Menschen als Antwort zu denken ist allerdings auch eine grundchristliche Bemühung. Danach bezeichnete Loeßl das Gebet als „letztes Tor zur Weisheit des Lebens“. Dieses mache die Menschen still und objektiv. Für Pfarrer Loeßl könne nur die Besinnung auf die gemeinsame Wurzel von Gebet und Dialog die Menschen wieder zusammenbringen.
Auf zwei weitere Veranstaltungen möchte der Verein der Freunde des Karmelitinnenklosters Wemding auf das Weihejubiläum hinweisen. Neben einem Vortrag zur Geschichte des Klosters am 19. Juni 2022 von Herrn Dr. Leo Hintermayr, wird am 26. Juni im Garten der Klosteranlage das Klosterfest stattfinden. Hierzu wird der Abt der Benediktinerabtei Weltenburg, Herr Thomas M. Freihart OSB, den Pontifikalgottesdienst zelebrieren. (pm)