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Der Orgelbau als Herzensangelegenheit

Bei der Inspektion einer Orgel ist viel Feingefühl nötig. Bild: Manuel Habermeier
In Hainsfarth hält Helmut Marx die Tradition des Orgelbaus am Leben. Mittlerweile nennt er ein Art kleines Familienunternehmen sein Eigen.

Der Name G.F. Steinmeyer & Co. ist ein großer Name in der Welt des Orgelbaus. Über 150 Jahre fertigte das Unternehmen in Oettingen die berühmten Kircheninstrumente, ehe der aktive Orgelbau 2001 eingestellt wurde. Nach dem Verkauf von Betriebsteilen an den Orgelbauer Karl Göckel, wurde ab 2002 unter dem Namen Orgelbau Steinmeyer GmbH die Orgelbauwerkstatt in Oettingen am Orgelhof bis Dezember 2022 weiter betrieben. 

Diese Veränderungen hat Helmut Marx aus nächster Nähe mitbekommen. Nach seiner Lehre zum Orgelbauer in den 1980ern beim Ursprungsunternehmen war er lange als Geselle tätig und arbeitete sich bis zum Werkstattleiter hoch. Vor zwei Jahren war jedoch Schluss und Marx ging in die Selbständigkeit. Heute ist er zusammen mit seiner Frau Sonja, die ebenfalls rund 20 Jahre bei Steinmeyer gearbeitet hatte, als Orgelbauer in Hainsfarth ansässig und hält die altehrwürdigen Instrumente, die er aus seiner Zeit bei Steinmeyer kennt, instand – mit der Unterstützung von Sohn Daniel, der als Schreinermeister nebenberuflich aushilft. Man kann also fast schon von einem echten Familienunternehmen sprechen.

Die Weichen zum Orgelbau wurden früh gestellt

Natürlich schaut Helmut Marx mit etwas Wehmut auf die vergangenen Zeiten zurück. „Es ist schade, dass in Oettingen die Tradition des Orgelbaus mehr oder weniger aufhört“, beschreibt er die Situation und fügt hinzu: „Vor allem, wenn so eine große Firma immer ihren Sitz in Oettingen hatte.“  

Den Beruf an den Nagel zu hängen, kam für Marx aber trotz des Wandels nicht infrage. Bereits in seiner Jugend kam er mit dem Instrument, das sein Leben prägen sollte, in Berührung. „Meine Klavierlehrerin war Organistin. Als Schüler musste ich immer die Tasten drücken, wenn der Orgelstimmer gekommen ist.“ Da es sich bei dem Instrument um eine Steinmeyer-Orgel handelte, kam es zu der witzigen Situation, dass er seinen „späteren Kollegen als kleiner Junge die Tasten gehalten“ habe, erinnert sich Marx mit einem Lächeln.

Aus diesem Zufall entwickelte sich seine Leidenschaft für Musik und Handwerk, was eine Ausbildung zum Orgelbauer nahelegte - zumal es in seiner Jugendzeit noch ein echter Modeberuf war. Insgesamt 170 Schüler absolvierten damals in der Oscar-Walcker Schule in Ludwigsburg, Deutschlands einziger Berufsschule für Orgelbau, die Ausbildung. „Heute sind es nur noch 15“, ordnet Marx die Zahl ein.

Orgelbau - Entbehrungen und Leidenschaft

Zum Teil kann er die schwindende Attraktivität des Orgelbaus verstehen. Den Großteil seines Arbeitslebens verbrachte Marx auf Montage. „Bei der alten Firma Steinmeyer war ich zu 90 Prozent unterwegs. Da ging es bis nach Hamburg und Zürich.“ Ein Zustand, der natürlich auch Auswirkungen auf das Familienleben hatte – aber doch positiv in Erinnerung geblieben ist, wie Sohn Daniel bestätigt. „Man erinnert sich daran, aber die Zeit, wenn er daheim war, hat eine größere Rolle gespielt.“ Dass dies die Liebe zur Musik nicht schmälern konnte, beweist der Umstand, dass alle vier Kinder ein Instrument gelernt haben. Und auch „die Leidenschaft für die Orgel ist trotzdem da“, betont Marx Junior.

Eine Leidenschaft, die Marx Senior weiter in sich trägt. „Es ist eine Herzensangelegenheit.“ Dafür ist er auch heute noch bereit, Reisen auf sich zu nehmen, um die Orgelinstrumente, die er früher für Steinmeyer gebaut und intoniert hat, instand zu halten. Vor allem die Instrumente, an denen er mitgewirkt hat, sind mittlerweile zu einer Art alter Bekannter geworden, die er gerne besucht.„Hier in Bayern ist das auf jeden Fall die Orgel in der Klosterkirche in Speinshart.“ Dabei handelt es sich um einen Steinmeyer Neubau aus dem Jahre 1996, für deren Klangbild Marx damals verantwortlich war. „Wenn ich da hinkomme, dann lebt das noch mit, dass man in der Werkstatt beim Bau und auf Montage einige Monate daran gearbeitet hat.“

Und auch in Zukunft wird Marx weiter zu seinen Orgeln fahren – wenn auch nicht mehr so lange wie früher, da heutzutage reparaturbedürftige Teile oft mit nach Hause genommen werden können. Doch die Langlebigkeit der Instrumente garantiert noch viele Aufträge – zumal immer mehr Orgeln unter Denkmalschutz stehen und damit nicht einfach ersetzt werden können. So stehen noch viele Besuche bei alten Bekannten an, die für Helmut Marx viel mehr als ein Beruf sind – sie sind eine Herzensangelegenheit. (Manuel Habermeier)

Dieser Artikel ist im blättle, Ausgabe 59 - November/Dezember 2024 erschienen. Hier das E-Paper lesen. 

Redakteur. Unterwegs für blättle und online. Geboren in Augsburg ist er über Freiburg, Wien und München endlich im schönen Donau-Ries angekommen. Hier hat er besonders die Themen Kunst, Kultur, Geschichte und Sport im Blick.

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