Für den Entschluss, Priester zu werden, habe es kein ausschlaggebendes Berufungserlebnis gegeben, erzählt der 32-Jährige. Er habe schon immer einen sehr guten Kontakt zu den Pfarrern seiner Heimatgemeinde gehabt und in der Schule habe ihm vor allem der Religionsunterricht sehr viel Spaß gemacht. Wenn er seine Oma in Erkheim besuchte, ging er mit ihr sonntags natürlich in die Messe. Seine Großmutter habe dann gesagt: „Du könnscht amal Pfarrer werda“. Er nahm den Vorschlag an, nach dem Motto: „so wie es einen Stuckateur oder Schreiner gibt, gibt es auch den Beruf des Pfarrers“ und behielt dies stets im Hinterkopf. Seine Mutter ist Krankenschwester, sein Vater Pharmareferent, Heilpraktiker und Altenpfleger. Massinger hat Zwillingsbrüder, die drei Jahre jünger sind als er.
Zunächst besuchte Massinger die Realschule in Mindelheim und anschließend das erzbischöfliche Spätberufenen-Seminar St. Matthias in Wolfratshausen. Dort wohnte er im Internat und holte sein Abitur nach. Besonders gefallen hat ihm hier der geistliche Bereich. Die Gottesdienste und Gebetszeiten in diesen fünf Jahren ließen den Wunsch reifen, „zukünftig etwas zu machen, was dem Leben gut tut“, so der Kaplan weiter. Allerdings war er auch hier sehr unentschlossen. Bereits Jahre vorher, als es um das Amt der Ministranten ging, habe er sich nicht so recht getraut und begann erst relativ spät nach der Firmung. Eigentlich steigt man schon nach der Erstkommunion ein.
Freiwilliges Soziales Jahr in Indien
Im Anschluss wollte er aber nicht gleich weiter studieren sondern sein gewohntes Umfeld für eine Zeit lang verlassen, um auch Antwort auf die Frage: „Wer bin ich eigentlich?“ zu erhalten. Aufgrund eines Filmes über das „Freiwillige soziale Jahr“ (FSJ) nutzte er die Chance, über den Entsendungsauftrag der Salisianer Don Boscos Benediktbeuren, dies in Goa in Indien zu verbringen. Dort widmete er sich hauptsächliche der Kinder- und Jugendarbeit. „Danach konnte ich mich aber immer noch nicht entscheiden und trat als Vornovize in den Orden ein“, erklärt Massinger weiter. Mönch zu sein sei aber nicht sein Weg gewesen. So setzte er sein Studium am Priester Seminar in Augsburg fort, in dessen Verlauf er auch sechs Wochen als Praktikant in Nördlingen weilte. In seinem 'Freijahr' zur Mitte des Studiums zog es ihn erneut nach Indien, diesmal nach Bangalore. Anschließend war er Pastoral-Praktikant und Theologe in Herz Jesu in Pferrsee. Am 27. Juni wurde er zum Priester geweiht.
„Mei, mir daugt's eifach“
„Diese Lebensform, für viele Menschen da sein zu können, ist momentan die Richtige“, antwortet der Kaplan auf die Frage, wie er mit der Zölibatsfrage umgeht. Eine eigene Familie verlange genauso viel Verantwortung und große Aufmerksamkeit wie die Pfarrgemeinde. In seinem Lebensentwurf stehe die Pfarrgemeinde im Mittelpunkt. Das Wichtigste sei jedoch, immer ehrlich zu sich selbst zu sein. „In einer Ehe gibt man das Versprechen, nur mit einem Menschen vereint zu sein, bei uns ist es Gott.“ Er sehe das Zölibat keineswegs als Einschränkung, denn es bedeute ja nicht, dass man keine zwischenmenschlichen Beziehungen haben dürfe oder gar Einsamkeit oder Beziehungslosigkeit. Im Gegenteil, sei gerade der Austausch mit anderen Geistlichen, die die gleichen Erfahrungen und Probleme haben sehr wichtig, weil diese die Situation nachempfinden können. „Es ist einfach ein anderer Lebenslauf.“
Zwei Jahre in Nördlingen
Jürgen Massinger wird für die nächsten zwei Jahre in Nördlingen bleiben. Er sieht es nicht als seine Aufgabe in dieser Zeit große Veränderungen zu forcieren, „denn nach zwei Jahren kommt ja wieder ein neuer Kaplan.“ Nach Nördlingen wird er in anderen anderen Pfarrei erneut zwei Jahre als Kaplan eingesetzt, ehe er dann seine eigene Pfarrgemeinde übernehmen wird. Um möglichst viele Strukturen kennen zu lernen, gehören neben dem Praktikum die Tätigkeit als Diakon und zwei Kaplansphasen.
Bach und Greenday
In seiner Freizeit geht Massinger gerne klettern oder zum Bogenschießen. „Fahrradfahren, Schwimmen oder im Wald spazieren gehen und auch mal 'ein kühles Blondes' mit netten Menschen, sich gut unterhalten darf's auch ruhig sein“, ergänzt er schmunzelnd. Sein Musikgeschmack sei breitgefächert. Am liebsten höre er Rockantenne, die Band Greenday aber auch Klassik, vor allem Bach. Er habe sogar das Klavier-Abitur, aber während seiner Zeit in Indien nicht gespielt. Deshalb habe er sich jetzt ein Klavier gekauft, "um wieder rein zu kommen, denn im Moment bin ich noch auf der Suche nach den richtigen Tasten.“
Die offizielle Amtseinführung findet diesen Sonntag um 10.30 Uhr im Rahmen eines Gottesdienstes in der St. Salvatorkirche statt.