Mit einer Schweigeminute für die Opfer der Hochwasserkatastrophe begann die gestrige Sitzung des Donau-Rieser Kreistages, ehe zur Tagesordnung übergegangen wurde. Punkt 1 hatte es dann auch in sich, denn es ging erneut um das mögliche Geopark Besucherzentrum. Kein neues Thema, denn bereits seit 2018 ist das Besucherzentrum, dass auf dem Gelände des Kloster Mönchsdeggingen Platz finden könnte, immer wieder Thema im Kreistag und führt dort auch regelmäßig zu ausgedehnten Diskussionen. So auch in der jüngsten Sitzung, in der vom Münchner Beratungsunternehmen Project M die vom Landkreis beauftragte Machbarkeitsstudie für das Projekt vorgestellt wurde.
Ziel der Studie war es herauszufinden, ob es überhaupt Bedarf für ein Besucherzentrum gibt, welcher Standort in Frage kommt und welche Synergieeffekte ein Besucherzentrum mit sich bringen könnte.
"Für ein Besucherzentrum gibt es Bedarf", führte Detlef Jarosch von Project M aus. Zwar gäbe es im Landkreis mehrere Geopark Infozentren und Infostellen, diese würden aber lediglich ein Grundangebot darstellen, jedoch nicht das Spektrum eines Besucherzentrums abdecken. Mit dem Besucherzentrum könne, so Jarusch, eine Art Portal, eine Bündelungseinrichtung, geschaffen werden, um dort auch für die anderen Infostellen und -zentren zu werben. Eine Konkurrenzsituation solle daraus nicht entstehen. Auch im Bereich Umweltstation und nachhaltige Entwicklung gäbe es im Geopark Ries sowie im direkten Umfeld eine Lücke. Deshalb hätte man nun die Chance in das Besucherzentrum auch eine Station für nachhaltige Entwicklung zu integrieren. Außerdem bescheinigte Jarusch der Region ein enorm hohes Potential im Bereich Tagesstourismus, das durch weitere Attraktionen ausgeschöpft werden könnte. Außerdem spräche, so Detlef Jarusch, das Fehlen einer Leuchtturm-Attraktion für das Besucherzentrum, das diese Funktion übernehmen und so auch die überregionale Bedeutung des Geopark Ries steigern könnte. In Sachen Synergieeffekte, betonte Jarusch, dass das Besucherzentrum auch als Impuls für die ländliche Regionalentwicklung dienen könnte.
Was spricht für Mönchsdeggingen?
Wie Detlef Jarusch erläuterte, spräche Mönchsdeggingens Lage am Rand des Rieskrater dafür, dass das Geopark Ries Besucherzentrum die Funktion eines Geopark-Portals übernehmen könnte. Ein Portal müsse nicht dort sein, wo die meisten in den Landkreis kommen. Es solle vielmehr die Aufgabe der Besucherlenkung übernehmen, so Detlef Jarusch. Aber auch die Lage im Dreieck München, Stuttgart, Nürnberg, das ausgeglichene Angebot an touristischen Highlights, sowie die Zusicherung der Unterstützung von Seiten der Besitzer und des Denkmalschutzes spreche für den Standort. Gegen Mönchsdeggingen hingegen sprächen neben der ausbaufähigen Infrastruktur, dazu gehört auch die mangelnde Erreichbarkeit mit dem ÖPNV, zudem das geringe touristische Angebot vor Ort und die kostenintensive Sanierung die für die denkmalgeschützte Bausubstanz notwendig werden würde.
Wie könnte das Besucherzentrum aussehen
Detlef Jarusch skizzierte im Anschluss an seine Ausführungen, wie ein solches Besucherzentrum aussehen könnte. Neben dem Kernmodul, dem Besucherzentrum mit einer Ausstellung zum Thema Riesereignis und regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen, könnten ergänzende Module, wie Gastronomie, Beherbergung oder ein Seminarzentrum die Anziehungskraft und Auslastung des Besucherzentrums dauerhaft steigern, so Jarusch. Die ergänzende Module müssten dabei aber privatwirtschaftlich ausgerichtet und betrieben werden.
Gesamtkosten in Höhe von 30 Millionen Euro
Die Studie geht von Gesamtkosten in Höhe von rund 18 Millionen für das Kernangebot aus. Insgesamt veranschlagt die Studie rund 30 Millionen für das Projekt. Die fehlenden 12 Millionen müssten dabei von einem privaten Investor kommen.
Noch keine Kostenberechnung
Landrat Stefan Rößle betonte im Anschluss, dass es sich noch nicht um ein fertiges Konzept, sondern lediglich eine Machbarkeitsstudie handle und die Zahlen lediglich der Orientierung dienen sollen, es sich aber weder um Kostenschätzungen noch eine Berechnung handeln würde.
Rund 18 Millionen Euro der Kosten sieht Landrat Stefan Rößle abeim Landkreis, rechnet aber auch mit reichlich Fördermitteln für das Projekt. So dass es am Ende zwar "eine beachtliche Investitionssumme" sei, die für den Landkreis aber "machbar" sei. Das Projekt selbst stellt für Rößle eine "Grundsatzmaßnahme mit Strahlkraft" dar.
Was sagen die Fraktionen?
Ulrich Lange (CSU/AL-JB) betonte, dass es noch nicht um eine Grundsatzentscheidung gehe, da man sich aktuell noch im Stadium der Diskussion und weiteren Auseinandersetzung befinde. Die Studie habe einige interessante Impulse gegeben. Aber es sei eine Machbarkeitsstudie, "nicht mehr und nicht weniger". Dass das Ries geologisch einzigartig sei, und ein großes Einzugsgebiet habe, sei richtig, allerdings könne man den Einzug nicht mit Gästen gleichsetzen, gab Lange zu bedenken. Einen "Leuchtturm" könne das Ries sehr wohl gebrauchen, da in Sachen Bekanntheit noch durchaus Luft nach oben sei. "Was wird da innovativ, was wird neu?", fragte Lange nach. Das Riesereignis könne nämlich nicht in den Mittelpunkt des Besucherzentrums gestellt werden, da das Rieskratermuseum bereits von diesem lebe.
CSU modifiziert Beschlussvorschlag
Nach seinem Statement beantragte Ulrich Lange, dass die Verwaltung ihren vorliegenden Beschlussvorschlag zurückzieht und stattdessen über den Beschlussvorschlag der CSU/AL-JB- Fraktion abgestimmt werde. Im ursprüngliche Vorschlag der Verwaltung war vorgesehen, dass das Potential für die Errichtung des Besucherzentrum entsprechend den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie gesehen wird, Fördermöglichkeiten geprüft werden und das Kloster in Mönchsdeggingen ein geeigneter Standort sei. Im modifizierten Vorschlag der CSU-AL/JB hingegen, werden die Ergebnisse der Studie und auch die Standorteignung von Kloster Mönchsdeggingen lediglich zur Kenntnis genommen und auch alle anderen Kommunen im Landkreis erhalten die Chance sich bis 31.12. 2021 als Standort zu bewerben. Die Fördermöglichkeiten sollen weiterhin ausgelotet werden und zudem erhält jede Fraktion die Möglichkeit das Gutachterbüro zur Erläuterung der Machbarkeitsstudie einzuladen.
Dominik Ach (Grüne) meinte es wäre selten, dass er zu 90 % mit einem Statement der CSU übereinstimme, aber diesmal sei es so. Zwei große Probleme habe er mit der Studie. Zum einen fehlen ihm belastbare Informationen bezüglich der Betreiberstruktur, zum anderen gäbe es für ihn ein Fragezeichen bezüglich des Standorts. Man habe gehofft, dass es positive Effekte auf das Almarin geben könnte. Nun habe man erfahren, dass es keine positiven Auswirkungen geben werde. Deshalb frage er sich, ob das dann wirklich der beste Standort sei. Des Weiteren bemängelte Ach, dass es für den laufenden Betrieb keine Zuschüsse geben werde und dies den Kreishaushalt belasten werde. "Das knallt bei uns dann voll rein. Wenn man die Kosten hochsummiert, schmälert das die Handlungsmöglichkeiten im Landkreis für Jahrzehnte", so Ach.
Helmut Beyschlag (PWG) betonte, dass sich seine Fraktion mehr Tiefe und Schärfe von der Studie erwartet hätte, da diese ja Zeit in Anspruch genommen und Kosten verursacht habe. Viele Fragen seien noch offengeblieben. Die Kosten seien zudem nur eine grobe Schätzung. "18 Millionen sind schon eine Hausnummer. Ich habe noch nie erlebt, dass es billiger wird. Sollten wir auch zwei Drittel gefördert bekommen, sind es immer noch 6 Millionen", gab Beyschlag auch im Hinblick darauf zu bedenken, dass es nach der Pandemie gut sein könne, dass man "den Gürtel enger schnallen müsse". Seine Fraktion sei der Meinung, so Helmut Beyschlag weiter, dass es ein schönes Projekt sei, aber zum falschen Zeitpunkt, da große finanzielle Herausforderungen auf den Landkreis zukommen könnten.
Peter Moll (SPD) sagte: "Das Gelände ist schön und die Vorstellung klingt verführerisch. Wir sehen das aber ähnlich wie die PWG. Das Projekt ist zum jetzigen Zeitpunkt sehr kritisch, unabhängig davon, ob sich noch andere Kommunen bewerben können." Die SPD könne das zum jetzigen Zeitpunkt nicht mittragen. Man wolle die Entscheidung der Unesco bezüglich der Ernennung des Geoparks zum Unesco Global Geopark abwarten, dann würden sich möglicherweise ganz andere Möglichkeiten und Strukturen ergeben.
Michael Bosse (FW) mahnte an, dass die Umsetzung des Besucherzentrums zu viele Mittel binde, die an anderer Stelle dringender gebraucht würden. Obwohl die Machbarkeitsstudie großes Potential zeige, sei eine solche meist auch der Beginn von steigenden Kosten, meinte Bosse. Auch er gab zu bedenken, dass die Pandemie den Landkreis in den nächsten Jahren möglicherweise noch belasten werde.
Ulrich Singer (AfD) meinte, dass die Welt noch anders ausgesehen habe, als die Idee 2018 aufkam. Damals habe man auf einen soliden Haushalt und gute Einkünfte in den nächsten Jahren geschaut. Nun sei es aber so, dass die Folgen der aktuellen Corona-Politik den Landkreis noch treffen werden. Auch die AfD ist dafür, die Entscheidung der Unesco abzuwarten und zusätzlich zu schauen, wie sich der Haushalt entwickelt. Das Thema Besucherzentrum könne man dann "in einigen Jahren" nochmal aufgreifen.
Geht es einen Schritt weiter?
Auch Landrat Stefan Rößle bestätigte, dass die Zeiten schwierig seien, meinte aber, dass vielleicht doch gerade jetzt richtiger Zeitpunkt für Investitionen sei und man aktuell noch keine Corona-bedingten Einbußen habe. Zudem gab er zu bedenken, dass die Corona-Krise mit Sicherheit vorbei sei, bis man vor einer endgültigen Entscheidung stehe und es sich beim aktuellen Beschluss nur um die Entscheidung handle, ob man einen Schritt weiter gehe.
Mit 35 Ja Stimmen sprach sich das Gremium im Anschluss an die Diskussion dann auch mehrheitlich dafür aus, einen Schritt weiterzugehen. 23 Kreisrät*innen stimmten gegen den Beschlussvorschlag und wären somit dafür gewesen, das Projekt Besucherzentrum an dieser Stelle zu stoppen.