Der afrikanische Kontinent hat nicht nur eine junge Bevölkerung, sondern ist zudem reich an natürlichen Ressourcen. Trotz dieser günstigen Voraussetzungen sehen viele junge Menschen auf dem Kontinent keine Perspektiven für die eigene Zukunft. Gewaltvolle Konflikte, Korruption und Klimakatastrophen sind nur einige der Gründe, warum sich die junge Generation nach einem besseren Leben fernab der Heimat sehnt und hierfür sogar lebensgefährliche Fluchtrouten nach Europa in Kauf nimmt. Auch wenn es für komplexe Fluchtursachen keine einfachen Lösungen gibt, so kann das Engagement von Einzelnen im Kleinen durchaus wichtige Veränderungen anstoßen. Hier setzt die bundesweite Initiative „1000 Schulen für unsere Welt“ an, die Landrat Stefan Rößle vor fünf Jahren ins Leben rief: Über spendenbasierte Schulbauprojekte werden in ländlichen Regionen des Globalen Südens Grundlagen im Bildungsbereich geschaffen, die ein Leben ohne Armut in der eigenen Heimat ermöglichen. Vor Kurzem konnte im Rahmen der Initiative nun eine weitere Schule in Mosambik eröffnet werden. Die Spender, Erna und Fritz Fälschle aus Fessenheim, reisten für die Schuleröffnung gemeinsam mit Landrat Stefan Rößle in das ostafrikanische Land und erhielten dort Einblicke in ein Land zwischen Krisen, Hoffnung und Aufbruchstimmung.
Eine neue Schule in Incaia
Die neue Schule in Incaia, 150 km nördlich der Hauptstadt Maputo, ist zyklonsicher gebaut. Da Zyklone in Mosambik immer häufiger werden, achtet die Deutsch-Mosambikanische Stiftung, die das Bauvorhaben umsetzte, bei der Auswahl der Materialien besonders auf deren Wind- und Wasserfestigkeit. Durch die Spende des Ehepaars Fälschle in Höhe von 68 000 Euro entstanden zwei Klassenzimmer und zwei moderne Sanitäranlagen. Die neuen Gebäude sind leicht erhöht, mit Treppen bzw. Rampen zu erreichen und bieten damit Schutz vor Überschwemmungen. Buschland, Ananasstauden und kleinere Siedlungen prägen die unmittelbare Umgebung. Der Schulweg zu Fuß beträgt für manche Schüler zwischen 7 und 12 km. Dennoch ist die Nachfrage groß: Um den Schulbetrieb für alle sechs Jahrgangsstufen zu gewährleisten, wird in zwei Schichten unterrichtet: Am Morgen kommen die kleinen, am Nachmittag die großen Schüler.
„Am meisten berührt hat uns die Freude der Kinder“, berichtet Fritz Fälschle vom Empfang an der neuen Schule in Incaia. „Aber auch das Programm anlässlich der Schuleröffnung war beeindruckend. Jugendliche aus dem Dorf haben ein Theaterstück aufgeführt, das zeigte, wie wichtig es ist, dass auch Mädchen in die Schule gehen dürfen. Der Gemeindechor hat Lieder vorgetragen. Am Ende haben alle getanzt. Auch wir mussten mittanzen.“ Fritz Fälschle, der anlässlich seines 70. Geburtstags vor einem Jahr den Entschluss zum Schulbau gefasst hatte, blickt begeistert auf den Besuch zurück: „Es war total herzerwärmend zu sehen, wie viel unsere Spende den Menschen in Incaia, von den Schulkindern bis zu den Gemeindeältesten, bedeutet“. Gefreut habe er sich außerdem darüber, dass ein besonderes Geschenk an die Schulkinder so gut angekommen sei: Im Vorfeld der Schuleröffnung ließ er bei einem lokalen Kleinbetrieb T-Shirts mit dem Schulnamen bedrucken und diese der Schule zukommen. Am Tag der Schuleröffnung trugen dann sowohl die Schulkinder als auch die Besucher aus Deutschland das gleiche blaue T-Shirt: „Ein unvergessliches Bild: Alle in den blauen T-Shirts, strahlend und sich gemeinsam über die neue Schule freuend.“
Ein Bauvorhaben mit vielfältigem Entwicklungspotential
Landrat Stefan Rößle, der im Rahmen einer privaten Reise gemeinsam mit seiner Frau Christine Rößle und seiner Tochter Bianca Uhl das Ehepaar Fälschle nach Mosambik begleitete, ist sehr zufrieden mit dem Schulbau in Incaia. „Die Deutsch-Mosambikanische Gesellschaft hat hier nicht nur ein sehr hochwertiges Schulgebäude errichtet, sondern sichert durch eine engmaschige Nachbetreuung zudem die Nachhaltigkeit des Projekts. Mit über 25 Jahren Erfahrung in Mosambik ist sie für dortige Bauvorhaben die perfekte Partnerorganisation. Dank der Mitarbeitenden vor Ort hat sie einen guten Überblick darüber, in welchen Orten Spenden großes Potential entfalten können“. In Incaia hat die Spende des Ehepaars Fälschle die Bürger der Gemeinde bereits zur Selbsthilfe angeregt. Ein altes Verwaltungsgebäude, das zur Schule gehört, wurde aus eigenen Mitteln erneuert und im Rahmen der Schuleröffnung den Besuchern aus dem Landkreis Donau-Ries präsentiert. Fritz Fälschle, der als Unternehmer im Gewächshausbau tätig ist, und selbst in einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen ist, sieht für Mosambik besonders viele Entwicklungschancen im Agrarwesen. „Auf der Reise sind uns zahlreiche brachliegende Flächen begegnet. Wenn doch mal etwas angebaut wurde, dann nur im kleinen Stil und mühsam von Hand bewässert. Teilweise fehlte auch Wissen darüber, welche Pflanzenarten für die vorhandenen Böden geeignet sind.“ Gerade mit Blick auf die Ernährungssicherheit im Land könne hier noch einiges verbessert werden. Die Notwendigkeit sei gerade in Zeiten zunehmender Extremwetterlagen offensichtlich, meist fehle es jedoch an finanziellen Mitteln und der fachlichen Expertise. Umso mehr freute sich das Ehepaar Fälschle, dass die Schulkinder in Incaia dank einem Schulgarten kindgerecht an das Thema Landwirtschaft herangeführt werden. Die daraus bezogene Ernte wird in den Mittagsspeiseplan der Schule integriert. Anlässlich der Schuleröffnung durften beide sogar selbst Hand an die Gartenschaufel legen und einen Cashewbaum pflanzen. Bis die Arbeit Früchte trägt, wird es allerdings ein wenig dauern. „In 2-3 Jahren wird eine erste kleine Ernte erwartet“, sagt Fritz Fälschle. „Das wäre dann ein schöner Anlass, um wiederzukommen.“
Über Mosambik: Armut gehört zum Alltag
Als im Frühling 2023 der Zyklon „Freddy“ über Mosambik hinwegfegte, hinterließ er zahlreiche Todesopfer und schwere Überschwemmungen. Es folgten Choleraausbrüche und eine Verschlechterung der angespannten Ernährungslage in einem Land, das bereits zuvor den 7. Platz im Ranking der ärmsten Länder der Welt belegte (gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf im Jahr 2022). Trotz der Armut im ganzen Land fliehen die meisten Menschen in Mosambik noch immer innerhalb der eigenen Landesgrenzen. Seit im Oktober 2017 in der Provinz Cabo Delgado, ganz im Norden des Landes, dschihadistischer Terror ausbrach, sind laut UN über 1 Millionen Binnenflüchtlinge aus dem Norden Mosambiks in den Süden geflohen. Neben der humanistischen Katastrophe der Vertreibung, ist auch der wirtschaftliche Schaden enorm: Weckte die Entdeckung von Erdgasfeldern vor der Küste von Cabo Delgado vor wenigen Jahren noch Hoffnung auf wirtschaftlichen Aufschwung, gefährden die anhaltenden Sicherheitsprobleme nun die benötigten Investitionen. Ein breitflächiger Zugang zu Bildung senkt in Mosambik nicht nur die Analphabetenrate und ermöglicht Kindern verschiedensprachiger Ethnien das Erlernen der Amtssprache Portugiesisch, sondern dient auch als zentrale Präventionsmaßnahme gegen Extremismus. (pm)