Kinderheim Oettingen

Ein Leuchtturmprojekt für Inklusion

Von links: Günter Schwendner (Vorstandsvorsitzender Lebenshilfe Donau-Ries), Susanne Moser-Knoll (Architekturbüro Moser + Guckert) und Manfred Steger (Vorstand Lebenshilfe Donau-Ries) Bild: Thomas Oesterer
Bereits 2018 fand der Spatenstich zum Umbau des Oettinger Kinderheims zur inklusiven Wohnstätte für Kinder und Jugendliche statt. Am Samstagvormittag wurde das Bauprojekt feierlich eingeweiht.

Was ursprünglich in Oettingen als Kinderbewahranstalt unter der Leitung der Dillinger Franziskanerinnen begann, entwickelte sich in den vergangenen 150 Jahren zu einer modernen, inklusiven Wohnstätte für Kinder und Jugendliche, die mittlerweile von der Lebenshilfe Donau-Ries betrieben wird.  Seit 2017 ist das Heim offiziell in deren Trägerschaft, nachdem sich die Dillinger Franziskanerinnen zurückgezogen hatten. Zuvor war der Orden für 146 Jahre für den Betrieb des Kinderheimes verantwortlich. Hinter dieser Entwicklung stehen in jüngster Vergangenheit umfangreiche Umbauarbeiten, die bereits 2015 mit einer ersten Begehung und einem Vorort-Termin begannen und bis heute andauerten. Auf welch herausragende und einmalige Geschichte das Kinderheim zurückblicken kann, machte deshalb auch die Einweihungsfeier am 06. Juli 2024 klar, die zunächst an der neu konzipierten Wohnstätte begann und später für einen ausgiebigen Festakt in den Saal des Residenzschlosses Oettingen verlegt wurde. 

Wohnstätte in insgesamt vier Bauabschnitten umgesetzt

Auffällig dabei: Neben zahlreichen Vertreter*innen aus der Landespolitik - darunter Ulrike Scharf, Bayerische Staatsministern für Familie, Arbeit und Soziales - waren auch zahlreiche ehemalige Bewohner*innen des Kinderheims nach Oettingen gekommen, um hier am Folgetag das 150-jährige Bestehen des "Kinderheims" zu feiern.  Gefeiert wurde allerdings nicht nur die lange und bedeutende Historie der Einrichtung, sondern auch der Mut der Lebenshilfe, mit diesem Projekt einen neuen und wichtigen Schritt in  Richtung "inklusiver Zukunft" zu gehen. Daraus ergaben sich bereits während des Umbaus zahlreiche Herausforderungen. Susanne Moser-Knoll, Architekturbüro Moser + Guckert, erklärt: "In insgesamt vier Bauabschnitten haben wir das bestehende Wohnheim im laufenden Betrieb erweitert und umgebaut. Dies war auch logistisch und vom Bauablauf her eine Herausforderung – sehr lange haben wir überlegt und diskutiert, in welcher Reihenfolge wir die Bauabschnitte im Bestand angehen, so dass der möglichst uneingeschränkte Betrieb des Wohnheims möglich ist. Schließlich sollte während jedes Bauabschnitts der Rest des Wohnheims voll funktionsfähig sein."

Staatsministerin Ulrike Scharf fand ausschließlich lobende Worte für das neue inklusive Kinder- und Jugendhilfeprojekt in Oettingen. Bild: Thomas Oesterer

Platz für 22 Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung

Und das gelang - wenn auch mit immer wieder auftretenden Verzögerungen, sei es aufgrund der Corona-Pandemie oder aufgrund umfangreicher archäologischer Ausgrabungen. Letztendlich konnten so insgesamt 22 neue barrierefreie Zimmer mit dazugehörigen Bädern, neue Hauswirtschafts- und Küchenräume, neue Hobby- und Freizeiträume und eine Wohngemeinschafts-Wohnung geschaffen werden. Das Kinderheim Oettingen bietet damit aktuell Platz für 22 Kinder und Jugendliche im Aufnahmealter von 6-21 Jahren mit und ohne Behinderung. Mit einem der Plätze ist die Lebenshilfe außerdem Teilnehmer an einem Kurzzeitpflege-Modellprojekt für behinderte Kinder und Jugendliche.

"Kinder und Jugendliche finden hier eine echte Heimat"

Wie besonders die neu konzipierte Wohnstätte tatsächlich ist, zeigte sich auch während des Festakts im Residenzschloss Oettingen. "Das hier heute ist ein Festtag für euch Kinder und Jugendliche und auch für ganz Oettingen. Wir feiern heute die Geschichte des Kinderheims und gleichzeitig ein echtes Leuchtturmprojekt der Inklusion", erklärte Staatsministerin Scharf entsprechend. Die Wohnstätte sei ein Vorbild für ganz Bayern und hoffentlich ein Beispiel, an dem sich andere Träger in der Zukunft orientieren. Ähnliche lobende Worte fand auch die Landesvorsitzende der Lebenshilfe Carolina Trautner: "Junge Menschen finden hier mehr als nur eine Bleibe - sie finden eine echte Heimat." Außerdem wurden im Laufe des Vormittags zwei Personen herausgestellt, die sich in den vergangenen Jahrzehnten über alle Maßen für die Geschicke des Kinderheims einsetzten. Dazu zählen Schwester Mansueta und Christian Zuber, Vorsitzender des Fördervereins Kinderheim Oettingen. Manuseta war von 1985 bis 2017 als Heim- und Gruppenleiterin im Kinderheim tätig. Das Besondere: Sie lebte zusammen mit den Schwestern Henrika Voit, Wilma Kaufmann und „ihren“ Kindern wie in einer großen Familie und ohne Dienstplan. Dafür wurde sie bereits 2020 mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet. Christian Zuber hingegen wuchs als Kind selbst im Kinderheim auf und engagiert sich seit vielen Jahren über alle Maße für die Zukunft des Kinderheims - besonders in seiner Funktion als Vorsitzender des Fördervereins. Gemeinsam mit seiner Tochter erarbeitet er außerdem die Festschrift zum 150-jährigen Jubiläum. 

Zwei Einzelpersonen, die verdeutlichen, was das Heim über die vergangenen Jahrzehnte so besonders machte. Trotz einiger Krisen, besonders auch während des 2. Weltkriegs, fanden Kinder und Jugendliche hier stets eine Heimat und die faire Chance auf einen guten Start in das Leben - ein Grund zum Feiern ist das allemal.