Am vergangenen Samstag fand das Frühjahrskonzert der Stadtkapelle Nördlingen statt. Bild: Doris Dollmann
„Musik ist ein reines Geschenk und eine Gabe Gottes, sie vertreibt den Teufel, sie macht die Leute fröhlich und man vergisst über sie alle Laster.“ Mit diesem Zitat Martin Luthers eröffnete Oberbürgermeister Hermann Faul das diesjährige Frühjahrskonzert der Stadtkapelle, das traditionell immer am Samstag vor dem Muttertag stattfindet.

Heroisch war der Auftakt mit der „Festmusik der Stadt Wien“ von Richard Strauß, gefolgt von dem allseits bekannten „Bolero“ von Maurice Ravel. Klarinettistin Nina Hauber erzählte in ihrer Moderation, dass Ravel selber seinen Titel, der eigentlich für das Ballett komponiert worden war, gar nicht mochte, weil „darin keine Musik vorkomme“. Später änderte er seine Meinung und bezeichnete den „Bolero“ als sein erfolgreichstes Werk. Die tragende Rolle hat das Schlagwerk, denn die Musik ist auf einem Ostinato-Rhythmus im 3/4 -Takt aufgebaut, der von einer, später von zwei kleinen Trommeln gespielt und während des ganzen Stückes durchgehalten wird.

Die Melodie wandert von einem Register in das nächste, bis sich am Ende alle in einem fulminanten Crescendo vereinen. Und gerade das macht den Schwierigkeitsgrad dieses Stückes aus, denn es beginnt im leisen Pianissimo und steigert sich dann bis zum lauten Fortissimo. Viele Tempi-Wechsel beherrschen die Irische Rapsodie „Dublin Dances“ von Jan Van der Roost , während „Latino Mallets“ durch das Solo für Xylophon, hervorrand gespielt von Sebastian Metzner, lebt. Das Arrangement von Stefan Schwalgin erinnert nicht nur durch die Rumba „Tea for Two“ an die gute alte Zeit der großen Tanzsäle. Carl Teike's Marsch „Alte Kameraden“ läutete die Pause ein. Zuvor gratulierte der musikalische Leiter Armin Schneider Katharina Lasser (Querflöte) und Regina Hackenberg (Bass-Klarinette) zur bestandenen D3-Prüfung.

Ebenfalls mit einem Konzert-Marsch, „The Washington Post“, begann der zweite Teil des Konzertes. John Philip Sousa komponierte ihn im Auftrag der gleichnamigen Zeitung. Wie umfangreich das Repertoire der Stadtkapelle ist, stellte sie mit „Star Wars Saga“ von John Williams unter Beweis. Dieser erhielt für seine Filmmusik einen Oscar. Und noch einmal war es ein Arrangment von Schwalgin, das den Musikerinnen und Musiker viel abverlangte. „New York, New York“, „Somethin' Stupid“, „Fly Me to the Moon“ und natürlich „My Way (Comme d'Habitude)“ - vereint er in dem Medley „Frank Sinatra Classics“. Der 1965 in Westfalen geborene Komponist und Arrangeur brachte sich im Alter von 10 Jahren mehrere Blasinstrumente autodidaktisch bei. An Sinatra faszinierte ihn, dass dieser sich stets von hochkarätigen Musikern und Orchestern begleiten ließ. Bei seinen Studio-Aufnahmen sang der USSänger die Titel live mit dem Orchester ein. Üblicherweise werden Musik und Gesang getrennt voneinander aufgenommen und später abgemischt. Gekonnt ersetzt Schwalgin hier die sinfonischen Elemente der Streicher durch die Bläser. Schon bei den ersten Klängen von „Skandal im Sperrbezirk“ weiß man, das“ 80er Kult“ Pop-Medley liegt auf. Ohrwürmer der Neuen Deutschen Welle wie „Ohne Dich“, „1000 Mal berührt“, oder „Ich seh den Sternenhimmel“ inperfektionierter Orchesterbearbeitung. Mit 35 Jahren ist der gebürtige Sauerländer Thiemo Kraas teilweise jünger als die von ihm arrangierten Titel, was wohl auch auf einen Großteil der Nördlinger Stadtkapelle zutrifft.

Das faszinierte Publikum ließ das Orchester nicht ohne Zugaben von der Bühne. Bei „The Saints' Halleluja“ – bekannt unter „When the Saints go marchin' in“, klatschte es eifrig mit. Der Konzert-Marsch „Die Sonne geht auf“ von Rudi Fischer sollte das letzte Stück sein. Doch erneut wurde das Licht gedimmt, und es erklang noch einmal eine Passage aus „Star Wars“. Die Klavier-Parts des Konzertes hatte übrigens Klaus Ortler, der nicht zur Stadtkapelle gehört, übernommen. Auch wenn der ein oder andere Ton vom Orchester nicht immer zu Hundert Prozent getroffen wurde und die Akustik der Vierfach-Halle nicht gerade konzertfreundlich ist, tat dies dem Konzerterlebnis keinen Abbruch. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass bei bekannten Stücken offenbar die große Spielfreude dazu verleitete, das Tempo etwas zu beschleunigen, so dass aus mancher Achtel- eine Sechzehntel-Note wurde.

Immerhin waren es relativ lange, und am Schwierigkeitsgrad gemessen, sehr anspruchsvolle Stücke, die sowohl von den Musikerinnen und Musikern als auch vom Dirigenten ein hohes Maß an Konzentration und Haushalten mit dem Ansatz verlangten. Außerdem handelte es sich hier nicht um ein Wertungsspiel sondern um einen unterhaltsamen und abwechslungsreichen Konzert-Abend.