Konzertveranstaltung

Doppelte Premiere beim Jahresabschlusskonzert

Nördlinger Knabenkapelle und Stadtkapelle spielen erstmals gemeinsam. Bild: Doris Dollmann
Zum Jahresabschlusskonzert fand in Nördlingen ein besonderes Spektakel statt. Auch dank zweier Premieren erlebten die Zuschauer einen würdigen Abschluss eines großen Jubiläumsjahres.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Nördlinger Knabenkapelle fand das Jahresabschlusskonzert gemeinsam mit der Stadtkapelle statt. Premiere Nummer zwei war die Uraufführung des Marsches „Alt Nördlingen“, den Lukas Bruckmeyer dem Verein Alt Nördlingen VAN zum 100-jährigen Jubiläum  geschenkt hatte. Bekanntlich feierten Knabenkapelle und VAN in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen. Nach den Worten von Oberbürgermeister David Wittner sei dies jetzt der krönende Abschluss des Jubiläumsjahres.

In gewohnter Manier eröffnete das Trommlercorps unter Leitung von Michael Fischer das Konzert mit einem imposanten Einmarsch. Nicht weniger beeindruckend war das Bild, das sich dem Publikum beim Anblick von Knabenkapelle und Stadtkapelle nach dem Auszug der Trommler bot. Über 150 Musikerinnen und Musiker auf einer überdimensionalen Bühne. „The Ecstasy of Gold“ aus der Feder von Ennio Morricone aus dem Film „Zwei glorreiche Halunken“ spielten beide Orchester sozusagen als Mega Big Band. Wittner begrüßte die Vertreter aus Geistlichkeit, Politik und Wirtschaft, bedankte sich bei den Sponsoren, Unterstützern und allen Mitwirkenden. „Gemeinsam haben wir das Jubiläumsjahr zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht.“, so der OB wörtlich. Er ließ noch einmal die Höhepunkte, u.a.die CD-Aufnahme, die Konzertreise nach Kanada und Chicago, zahlreiche Konzerte, die Rieser Kulturtage sowie die Verleihung der „Pro Musica Plakette“, Revue passieren.

David Wittner (OB Nördlingen), Marcel Rupprich, Lukas Rasche, Jonathan Menth, Thaddäus Keßler, Hannes Guckert, Theo Egetemeyr, David Durant,
Oliver Körner (Stadtkapellmeister), Helena Ott (Hauptamtsleiterin), Georg Winkler (Stadtmusikdirektor a.D.) Bild: Doris Dollmann

Sinfonische und konzertante Blasmusik im Vordergrund

Danach übernahmen Jonas Mohr von der Knabenkapelle und Antonia Engert von der Stadtkapelle das Mikrophon, Stadtkapellmeister Oliver Körner den Dirigentenstab. In gewohnter Manier gab es vor jedem Stück ein paar  Informationen über Inhalt, Komponist oder Arrangeur. Vitor Resende widmete seine Komposition „A Filvar Story“ aus dem Jahr 2022 dem Thema „Arbeit“. Die Xylophon-Stimme erinnert an das Hämmern von Maschinen, das Tempo an umtriebigen Berufsverkehr. Antonia Engert klärte auf, warum es eigentlich zwei Kapellen in Nördlingen gibt.

Nachdem die Knabenkapelle zum einen nur für Jungs und zum anderen altersbeschränkt ist, wurde 1990 die Stadtkapelle als Anschluss-Orchester und vor allem für Mädchen und Frauen gegründet. Auf der Landkarte sehe der US-Staat Virginia wie ein schiefgeratenes Dreieck aus. Mal schnell, mal melancholisch, mal ausdrucksstark dynamisch sei auch die Komposition von Jakob de Haan, der damit Kolonialisierung, Sklaverei und Bürgerkrieg thematisiert. Die Knabenkapelle spielte mit „Let the Bells ring“ erneut Filmmusik. Robert Buckley schrieb das Stück für „Kevin allein zuhaus“.

Uraufführung des Jubiläumsgeschenkes für den VAN

Erneut gemeinsam mit dem Stadtkapellmeister teilte sich der musikalische Leiter der Stadtkapelle, Armin Schneider, das Dirigat des Stückes vor der Pause. Marsch „Alt Nördlingen“ lautet der Titel aus der Feder von Lukas Bruckmeyer. Er hatte seine Komposition der Stadt Nördlingen zum 100-jährigen Jubiläum an den Verein Alt Nördlingen geschenkt. Dieser klassische Marsch, der sich problemlos in die traditionellen Militärmärsche eines Friedrich Deisenroth oder Oskar Hackenberger einreihen lässt, wird ins Marschbuch der beiden Kapellen aufgenommen und so fester Bestandteil des Repertoires. Den Auftakt bildet die Locke der Trommler, es folgen Fanfaren, im fröhlich beschwingten Mittelteil herrscht Wanderliedcharakter, der ins Ohr geht und spätestens im majestätischen Schlussteil ist man versucht, mitzuklatschen. Das Stück bringt alles mit, was einen typischen Marsch ausmacht.

Spätestens im zweiten Teil erwarten die Zuhörer*innen immer eine besondere Einlage. Diesmal tauschten vier Buben der Knabenkapelle ihre Uniform mit dem Thawb, dem Traditionsgewand arabischer Scheichs, passend zu „Lawrence von Arabien“. „Godfather of Seville“ verbindet die klassische Oper mit bekannter Filmmusik. Während „Der Barbier von Sevilla“ auf den „Paten“ trifft, tauschte Posaunist Michael Enders von der Stadtkapelle sein Blasinstrument gegen eine Mandoline. Beim nächsten Stück der Knabenkapelle „Hootenanny“ nahm der Komponist Harold L. Walters acht amerikanische Volkslieder als Grundlage für eine Kompositon, die alle Register fordert. Die Stadtkapelle interpretierte „Children of Sanchez“ von Chuck Mangione.

Verabschiedung aus dem großen Blasorchester

Vor allem ein Register habe unter der diesjährigen Verabschiedung zu leiden, denn gleich drei Klarinetten verlassen die Knabenkapelle. Körner erzählte, dass er einen der Jungs fragte, ob er traurig sei, bekam er ein klares „Ja“ zur Antwort. Auf die Frage und den Wunsch, die Verabschiedung bei der anschließenden Feier oder gar als eigenes Event zu feiern, weil sich das Konzert sonst so in die Länge ziehe, erteilte er jedoch ein klares „Nein“. „Die Verabschiedung ist und bleibt fester Bestandteil des Jahresabschlusskonzertes“, sagte er entschieden.

David Durant, Registerführer der Klarinetten wird weiterhin in der Birkhausener Dorfmusik spielen und hat bereits Kontakte zur Blaskapelle in Weihenstephan geknüpft, wo er seine Ausbildung absolvieren wird. Die zweite Klarinette, die das Orchester verlässt, ist Theo Egetemeyr. Klarinette Nr. 3 ist Lukas Rasche.  Auch für den Registerführer der Querflöten, Hannes Guckert, Thaddäus Keßler, Fagott, und die Posaunisten Joachim Menth und Marcel Rupprich war es das letzte Knabenkapellenkonzert. Rupprich, der 13 Jahre lang in der Kapelle spielte, hielt auch die Schlussrede und erinnerte an unvergessliche Momente und Highlights. Es seien so viele gewesen, dass man sich gar nicht an alles erinnern könne: Oktoberfest-Umzug, Konzerte, Stadtmauerfest, Konzertreisen und CD-Aufnahmen. Er bedankte sich im Namen aller u.a. bei den Eltern für deren Fahrdienste und merkte an, dass seine Schwester ihn darauf aufmerksam gemacht habe, auch mal an die Geschwister zu denken, die anfangs mit schiefen Tönen gequält würden, die sie nicht hören wollen und später auf Konzerte mitgeschleppt werden, auf die sie eigentlich gar nicht wollten.

Der besondere Dank gelte auch den Instrumentallehrer*innen, den Nähdamen für ein immer makelloses Erscheinungsbild und allen voran Michael Fischer, der als „lebende Legende“ für die musikalischen Grundlagen zuständig sei. „Er ist für fast jeden Quatsch zu haben. Ohne ihn wäre es nur halb so witzig.“ Nicht zu vergessen Oliver Körner, der für die 70 Buben immer wieder ein gutes Programm auf hohem Niveau zusammenstelle.

Der Marsch „Appel aux Trompettes“ wäre eigentlich schon das letzte Stück gewesen, allerdings forderte das Publikum mit Standing Ovation und tosendem Applaus eine Zugabe. Kurz vor Weihnachten gab es deshalb „Last Xmas“ von Wham, das heuer 40-jähriges Jubiläum feiert, und den „So G'sell so“ Marsch von Fritz Walter. Die Geschenke an Dirigenten, musikalische Leiter, Gewandmeisterin und Eltern wurden im Rahmen der Feier im Goldbachsaal in Baldingen überreicht.