Im Prozess um den 22-Jährigen Studenten, der seine Mutter im vergangenen August in Donauwörth brutal erschlagen haben soll, werden derzeit immer noch die Indizien zusammengetragen. Zeuge um Zeuge wird dazu
Donauwörth/Augsburg - Es ist ein Mammutprozess, der derzeit in Augsburg vor dem Schwurgericht stattfindet. Nicht nur, weil elf Prozesstage für den Fall vorgesehen sind, sondern auch wegen der Masse an Indizien die zusammengetragen werden muss, damit sich am Ende ein schlüssiges Gesamtbild ergibt.
Was weiß der Exfreund der Getöteten bzw. wo war er zum fraglichen Zeitpunkt? Diesen Fragen ging das Gericht bei der Vernehmung des 34-jährigen Mannes aus Erlangen nach. Von 2010 bis 2015 waren er und die Getötete ein Paar. Kennengelernt hatten sich die beiden in einer Klinik in Erlangen. Der Zeuge beendete die Beziehung, weil seine damalige Freundin nach seinen Angaben "machte, was sie wollte". Was er am Tattag gemacht hat und wo er war, konnte er nicht mehr sagen. Allerdings liegen dem Gericht Aufnahmen einer Überwachungskamera vor, die den 34-Jährigen an besagtem Tag dabei zeigen, wie er seine Wohnung in Erlangen mehrmals verlässt. Auf Grund der Entfernung zwischen Wohn- und Tatort, scheidet er als Verdächtiger somit wohl aus. Zum letzten Mal gesehen hatten sich der 34-Jährige und seine Exfreundin im Dezember 2015. Den Sohn der Getöteten habe er "wie einen Stiefsohn angesehen", so der Zeuge. Insgesamt beschrieb er den Angeklagten als "überhaupt nicht aggressiven, sehr netten und etwas verschlossenen jungen Mann". Das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn habe er immer als gut empfunden.
Wie bereits ein Nachbar der Getöteten, machte auch der 34-Jährige Angaben, die den Vater des Angeklagten in den Fokus der Ermittlungen rücken. Er würde "nach Donauwörth kommen, sie ans Kreuz nageln und dann anzünden" soll der Exmann, der Getöteten gedroht haben. Spuren des Exmanns konnten in der Wohnung allerdings nicht sichergestellt werden.
Auch ein weiterer Nachbar, der in der Wohnung unterhalb des Angeklagten wohnt, wurde in den Zeugenstand gerufen. Der 84-Jährige sagte über den Angeklagten: "Ich kenne ihn nur als anständigen, fleißigen und hilfsbereiten jungen Mann." Die Getötete habe er ab und zu im Hof getroffen. Zum Verhältnis zwischen Mutter und Sohn könne er keine Angaben machen, da "habe er nichts mitbekommen". Am Tattag hat sich der Zeuge zur fraglichen Zeit in seiner Wohnung, die unter der Wohnung des Opfers liegt, aufgehalten. Da er zu dieser Zeit sein Hörgerät, in der Verhandlung wurde deutlich wie ausgeprägt die Hörschwäche des 84-Jährigen ist, nur zum Fernsehen am Abend eingesetzt hat, scheidet er als "Ohrenzeuge" aus. Allerdings hatte er am Tattag eine Begegnung mit dem Beschuldigten. Infolge einer Schulteroperation, war es dem Nachbarn nicht möglich seinen Rolladen eigenständig hochzuziehen. Dehalb habe er den heute 22-Jährigen um Hilfe gebeten. Dieser sei sofort heruntergekommen, um ihm zu helfen. Am Verhalten des jungen Mannes sei ihm nichts aufgefallen. Wann der Angeklagte ihm geholfen habe war zunächst etwas unklar, da der 84-Jährige dazu unterschiedliche Angaben gemacht hatte. Sprach der Zeuge in der ersten Vernehmung von einem Zeitraum zwischen 11 Uhr und 11.30 Uhr, sagte er in der zweiten Vernehmung, dass es gegen 9 Uhr gewesen sein musste. Das Gericht konnte im Verlauf der gestrigen Verhandlung den Tagesablauf des Zeugen, zusammen mit diesem, nochmal rekonstruieren. So habe der 84-Jährige morgens um 8 Uhr eine Pflegerin vom Sozialdienst hereingelassen und nachdem diese wieder gegangen war, bis 11 Uhr in der Küche Zeitung gelesen.
Viele DNA- und Blutspuren
Auch der Donauwörther Stadtpfarrer war gestern als Zeuge geladen. Den Angeklagten, so der Geistliche, kenne er seit der Beerdigung der Getöteten. Von diesem Zeitpunkt an habe er den Beschuldigten mehrmals in der JVA in Gablingen besucht und mit ihm gesprochen. Angaben zum Tattag konnte er keine machen, da er nach eigener Angabe, nicht mit dem Angeklagten über die einzelnen Ereignisse des 2. August 2016 gesprochen habe. Was den 22-Jährigen aber beschäftige, sei die Tatsache, dass "er hier sitze, und der der es getan hat, noch draußen herumläuft", so der Stadtpfarrer. Insgesamt zeichnete der Pfarrer ein positives Bild vom Angeklagten.
Eine Vielzahl von DNA- und auch Blutspuren mussten der Erkennungsdienst und die Rechtsmediziner sichern und auswerten. Spuren von Mutter und Sohn wurden zum einen an alltäglichen Gegenständen aber auch an der Leiche der 42-Järigen gefunden. "Man hat in der Wohnung nahezu überall immer die DNA von beiden gefunden. Das relativiert die Ergebnisse schon sehr", beurteilen die Verteidiger des Angeklagten die Ergebnisse der Spurensicherung. Bei den gefundenen Spuren, so die Verteidigung, handle es sich vermutlich um Übertragungen, die schnell zustande kommen, wenn Menschen in einem gemeinsamen Haushalt leben und sich teilweise auch Hygieneartikel wie Waschlappen oder Handtücher teilen. Auch von der Freundin wurden Spuren am Oberschenkel der Leiche gefunden. Diese befand sich zu diesem Zeitpunkt allerdings im Urlaub mit ihren Eltern. Des weiteren gibt ein blutiger Fußabdruck des Opfers, den die Ermittler in der Wohnung gefunden haben, derzeit noch Rätsel auf.
Neben den Ergebnissen der Spurensicherung, war auch ein anonymes Schreiben, dass der Richterin am gestrigen Tag per Post zugestellt wurde, Teil der Verhandlung. Der Verfasser des Schreibens zweifelt die Richtigkeit des Gutachtens an und behauptet, dass es sich um ein Gefälligkeitsgutachten handeln würde. Auch die Verteidiger des Angeklagten zeigten sich verwundert über das Schreiben. "Uns gibt das Schreiben auch Rätsel auf. Für den weitereVerhandlungsverlauf wird das Schreiben keine Bedeutung haben", so die Verteidiger.
Die Verhandlung wird fortgesetzt.
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