Der öffentliche Nahverkehr im Ries ist bekanntlich ausbaufähig, nicht alle Einwohner der Region können einen Vorteil für den Alltag aus den vorhandenen Bus- und Bahnverbindungen ziehen. Auf das eigene Auto zu verzichten ist praktisch unmöglich. Das Mobilitätskonzept „Nördlingen Mobil“ der Verkehrsgemeinschaft Donau-Ries (VDR) soll daran etwas ändern und die Notwendigkeit des Individualverkehrs zumindest ein wenig verringern.
Im Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Technologie des Kreistags Donau-Ries stellte Reiseunternehmer und Kreisrat Jörg Schwarzer am Mittwoch das Konzept „Nördlingen Mobil“ vor. Funktionieren soll das System wie folgt: Elektrisch betriebene Kleinbusse fahren von Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr und samstags von 8 bis 13 Uhr im 30-Minuten-Takt flexible Fahrtrouten durch die sechs Gemeinden Nördlingen, Deiningen, Reimlingen, Möttingen, Ederheim und Wallerstein. Die Fahrgäste können über eine App am Smartphone oder per Anruf im Callcenter ihre gewünschte Route buchen und direkt im Fahrzeug bezahlen, auch bargeldlos. Dabei werden Routen verschiedener Kunden flexibel zusammengelegt – sogenanntes „Carpooling“.
Das neue Angebot soll laut Schwarzer eine Ergänzung des bestehenden ÖPNV darstellen, keinen Ersatz. Auch Taxiunternehmen soll „Nördlingen Mobil“ nicht das Wasser abgraben, sie sollen vielmehr ins System einbezogen und geschützt werden. Die Fahrpreise für den Endkunden liegen laut der Präsentation für eine Fahrt (Erwachsener) zwischen 2,00 Euro und 5,60 Euro, je nach Länge der Fahrt. Final ist das wohl aber noch nicht.
Wer trägt die Kosten?
Die von Schwarzer präsentierten Planungen, die die VDR gemeinsam mit der Landkreisverwaltung erstellt hat, gehen von rund 28.000 Fahrgästen pro Jahr aus. Die Kosten des Systems würden bei gut 200.000 Euro jährlich liegen. Die Regierung von Schwaben ist jedoch nach ersten Gesprächen bereit, das Projekt zu fördern, mit einem abschmelzenden Prozentsatz über sechs Jahre und danach mit einer festen Quote. So würden die Kosten im ersten Jahr circa 45.000 Euro, ab dem sechsten Jahr 90.000 Euro pro Jahr betragen. Der Kreisverwaltung schwebt vor, diese Kosten zu 50 Prozent selbst zu tragen und den Rest je nach Einwohnerstärke auf die Stadt Nördlingen und die bedienten Kommunen zu verteilen.
Breite Zustimmung im Ausschuss
Das Konzept konnte die Mitglieder des Ausschusses zu weiten Teilen überzeugen: Gottfried Hänsel (CSU) bezeichnete das Projekt als „ambitioniert, aber zukunftsweisend“ und plädierte dafür, auch in anderen Gebieten des Landkreises ähnliche Überlegungen anzustellen. Ursula Straka (SPD) wollte sogar gleich „Nägel mit Köpfen machen“ und rief den Nördlinger Stadtrat auf, sich möglichst schnell mit der Thematik zu beschäftigen, um noch in der aktuellen Wahlperiode eine Umsetzung beschließen zu können. Anton Ferber (PWG) und Regina Thum-Ziegler (Frauenliste) waren „Nördlingen Mobil“ gegenüber ebenfalls positiv gestimmt.
Nico Ach von den Grünen ging das Ganze jedoch nicht weit genug: Für ihn handele es sich bei „Nördlingen Mobil“ um ein Wahlkampfgeschenk in Richtung Nördlingen, das zu kurz gedacht sei. Er befürchte einen „Flickenteppich“ an Mobilitätsangeboten im Landkreis und wolle stattdessen lieber die Fortschreibung des Nahverkehrsplans diskutieren, mit einem Angebot, das dem kompletten Landkreis zugutekommen soll.
Landrat Stefan Rößle sprach sich strikt gegen Achs Einwand aus: Ein neuer Nahverkehrsplan würde bedeuten, dass sich erst in drei bis fünf Jahren etwas an der Verkehrssituation ändere. „Das kann und will ich nicht verantworten“, so der Landrat.
Laut mit breiter Mehrheit gefasstem Beschluss wird sich die Kreisverwaltung nun mit den Einzelheiten des Konzeptes beschäftigen und in detaillierte Planungen einsteigen. Wenn es zur Umsetzung kommt, dauert es laut Jörg Schwarzer circa sechs Monate vom Beschluss bis zur Aufnahme des Betriebs. Jetzt sind die Stadt- und Gemeinderäte der betroffenen Kommunen gefragt, allen voran der Nördlinger Stadtrat: Sie müssen sich mit dem Konzept beschäftigen. Eine entscheidende Frage dürfte dabei die Finanzierung sein. Sobald diese geklärt ist, hat „Nördlingen Mobil“ eine vielversprechende Zukunft.