Seit 31 Jahren begleitet den Wemdinger Andreas Kunz die unheilbare Krankheit Muskeldystrophie Duchenne. Der junge Mann lebt in einer Wohngruppe für Intensivpflege in Neuburg. Sein Zimmer hat er sich mit bunten Farben und vielen Fotos eingerichtet. Hier in seinem Bett verbringt Andreas 24 Stunden täglich. Ihn in einen Rollstuhl zu setzen, würde ihn zu sehr belasten. Die Krankheit ist mittlerweile soweit fortgeschritten, dass Andreas auf ein Beatmungsgerät angewiesen ist und sich aus eigener Kraft nicht mehr bewegen kann.
Das war nicht immer so. Als Kind war Andreas zwar wackelig auf den Beinen und hat erst spät Laufen gelernt, er konnte sich aber selbst fortbewegen. Als der Junge vier Jahre alt war stellte man bei ihm die Duchenne-Muskeldystophie fest. Die Ärzte meinten damals, er werde gerade einmal 15 Jahre alt. Dass er heute mehr als doppelt so alt ist, wie vorausgesagt wurde, damit hätte damals kaum jemand gerechnet. "Er hat einen eisernen Lebenswillen", sagt seine Mutter Lydia Kunz stolz. Im Jugendalter trugen Andreas Beine ihn kaum mehr, er war erst auf einen Rollstuhl und später auf einen elektrischen Rollstuhl angewiesen.
Mittlerweile ist er nahezu bewegungsunfähig. Flüssigkeit bekommt er über eine Sonde, für die Nahrungsaufnahme wird er im liegen gefüttert. Wenn überhaupt, bekommt Andreas einzelne Wörter im Flüsterton über die Lippen. Nur seine Mimik und seine Blicke kann er noch steuern - deshalb ist der 31-Jährige auf ein Augensteuerungsgerät angewiesen, um sich mit seiner Familie und Freunden zu unterhalten und sich über den Tag hinweg zu beschäftigen. Über Andreas' Bett ist ein Bildschirm befestigt. Zwei Kameras scannen seine Blicke und Augenzwinkern, so kann der junge Mann Wörter und Sätze schreiben, die der Computer für ihn ausspricht. Er kann mit dem Gerät Nachrichten an seinen besten Freund schicken oder im Internet nach Videos über Autos suchen, für die er sich brennend interessiert.
Betriebssystem ist veraltet
Ohne seinen Computer hat Andreas keinerlei Möglichkeit mit der Außenwelt in Kontakt zu bleiben oder seinen Interessen nachzugehen. Außer dem TV-Gerät, dessen Fernbedienung er alleine kaum betätigen kann, ist der blickgesteuerte PC seine Freizeitbeschäftigung, aber auch wichtigstes Kommunikationsmittel zu Familie und Freunden.
Nun ist das Gerät allerdings in die Jahre gekommen. Ein Softwareupdate wäre nötig, um alle Funktionen weiterhin nutzen zu können. Doch das neue System ist mit dem alten Gerät nicht mehr kompatibel. Ein neuer Computer müsste angeschafft werden, sodass Andreas auch in Zukunft kommunizieren kann. Familie Kunz hat bei der Krankenversicherung eine Kostenübernahme beantragt und auch die Pflegestation, auf der Andreas lebt, brachte in einem Schreiben an die Versicherung zum Ausdruck, wie wichtig ein neues Gerät für den Patienten wäre. Vielleicht wäre es irgendwann sogar einmal möglich, dass Andreas Rolladen oder Lampen mit dem Augensteuerungsgerät bedient. Das alte Gerät kann das jedoch nicht leisten.
Gibt es doch noch Hoffnung?
Die Krankenkasse hat die Kostenübernahme von circa 18.000 Euro für einen Computer erst einmal abgelehnt. Das alte Gerät wäre völlig ausreichend, so die Begründung. Damit wollen sich Andreas und seine Eltern aber nicht abfinden - schließlich ist der Computer so wichtig für den 31-Jährigen. "Wenn wenigstens ein Sachverständiger kommen würde, und sich den Computer ansehen würde, hätte ich mehr Verständnis", gibt Lydia Kunz zu. Dass vom Schreibtisch aus über den Fall ihres Sohnes entschieden wurde, ist für sie unverständlich. Die Krankenkasse hat der Familie allerdings nun mitgeteilt, im September in einer Ausschusssitzung nochmals über den Fall zu beraten. "Ein gutes Signal", finden Andreas Eltern. Sie hoffen nun gemeinsam mit ihrem Sohn, dass der wichtige blickgesteuerte Computer doch noch bewilligt wird.