Wer sich auch nur annähernd für die Wirtschaft interessiert für den wird auch der Bereich des Aktienhandels nicht unbekannt sein. Tatsächlich sind es ja gerade die großen Unternehmen. die an den weltweiten Börsen gelistet sind. Somit ist es eigentlich nur logisch, wenn man davon ausgeht das die Börsen, welche die weltweit führenden Unternehmen beinhalten, somit auch die Säulen der deutschen Wirtschaft repräsentieren.
Und doch ist seit einiger Zeit ein erheblicher Wandel innerhalb der Wirtschaft spürbar. Die Finanzmärkte – und somit auch die Börsen – werden immer mehr als eigenständiger Wirtschaftsfaktor mit erheblicher nationaler Bedeutung wahrgenommen. Die Folgen sind sowohl für die Wirtschaft wie auch für Politik und Gesellschaft erheblich.
Finanzmärkte als Wirtschaftsfaktor
Dass die Finanzmärkte immer mehr zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden sind, ist zwar nicht wirklich neu, allerdings wurde und wird es noch immer von den meisten Menschen nicht mit der Bedeutung wahrgenommen, die diese Entwicklung für viele hat. Für eine nicht unerhebliche Überraschung sorgte in diesem Zusammenhang der Brexit, bzw. die Folgen des Brexits. Durch den Austritt Großbritanniens droht das Land erstmals seit Jahrzehnten den Rang als bedeutendstes Finanzhandelszentrum in Europa zu verlieren.
Was sich im ersten Moment als eine Bagatelle anhören mag hat für Großbritannien allerdings mehr als ernsthafte Konsequenzen. Immerhin macht alleine der Finanzsektor mehr als zehn Prozent des Steueraufkommens Großbritanniens aus. Der mit dem Brexit einhergehende Verlust wird alleine in diesem Bereich um bis zu 50 Prozent eingestuft. Sollte das zutreffen, so würde das Steuerverluste von über fünf Prozent bedeuten – was ungefähr 40 Milliarden Pfund entspricht.
Börsenhandel für die Rente?
Noch deutlicher wird die gestiegene Bedeutung der Finanzmärkte, wenn man die Entwicklung bei den Online-Handels-Plattformen verfolgt. Immer mehr Menschen nutzen die Möglichkeit Aktiengeschäfte direkt abzuwickeln und verzichten dabei auf die bisher bevorzugten Festsparanlagen oder Fonds. Auch wenn diese Entwicklung insgesamt gesehen zu begrüßen ist sollte man nicht die Tatsache aus den Augen verlieren, dass viele Anleger dabei über kaum oder gar keine Erfahrungen im Aktienhandel verfügen und dabei oft einen Großteil ihrer Rücklagen einsetzen.
Ironischer Weise wird das Risiko, das Menschen hier unter Umständen – aufgrund von mangelnden Kenntnissen – ihre finanzielle Sicherheit in Gefahr bringen von der Politik schon lange nicht mehr als wirkliches Problem wahrgenommen. Tatsächlich sehen viele Politiker den Börsenhandel der Bundesbürger als Möglichkeit, Entlastungen für das soziale Netz zu erreichen. Vorbildfunktion hat dabei Schweden. Hier nutzen die Bürger seit einigen Jahren den Handel mit Aktien, Devisen, u.ä. um für sich eine entsprechende Rente zu generieren, da das staatliche Rentensystem eine auskömmliche Rente nicht mehr bieten konnte.
Natürlich könnte das auch für Deutschland langfristig eine interessante Option sein, nur müsste dann sichergestellt werden, dass auch alle über die entsprechenden Kenntnisse verfügen. Um das zu erreichen wären dann zum Beispiel entsprechende Schulstunden in den Schulen notwendig.
Die Gesellschaft verändert sich – die Finanzmärkte stützen den Wandel?
Noch ambitionierter sind Pläne und Überlegungen von Wissenschaftlern und Experten, die sich mit den Herausforderungen der Gesellschaft in der Zukunft beschäftigen. Sie kommen zu dem Schluss, dass ein Großteil der Arbeitsplätze in Zukunft wegfällt und somit die Zahl der Erwerbslosen drastisch steigt. Da es für diese dann auch keine wirklichen Jobalternativen mehr geben wird müssen neue Wege gefunden werden, um diese Menschen finanziell abzusichern.
Hier kommt vonseiten der Politik bei allen Parteien immer stärker die Idee des Grundeinkommens ins Spiel. Interessanterweise soll, nach Vorschlägen vieler Fachleute, eben dieses durch eine Finanztransaktionssteuer finanziert werden, die vor allem auf den Börsen und Aktienhandel erhoben werden soll. So gibt es Studien, nach denen eine Finanztransaktionssteuer von 0,04 Prozent ausreichen würde, um ein Grundeinkommen der gesamten Schweizer Bevölkerung zu sichern. Gerade erst vor Kurzem wurden vom Finanzministerium erste Finanztransaktionssteuern ins Spiel gebracht – allerdings als zusätzliche Einnahmequelle für die ambitionierten Zukunftspläne der Bundesrepublik. Schließlich soll für einen besseren Klimaschutz nicht nur das internationale und regionale Schienennetz mit hundert Milliarden Euro auf Vordermann gebracht werden, es sollen auch der Bau von mehr Radwegen und die Umstellung auf E-Autos durch Staatsmittel subventioniert werden.
Der Staat bietet seiner Bevölkerung zu wenig Information
Klimawandel, Rentensicherung, Rettung der Sozialsysteme: Dass alle diesen Aufgaben nicht allein vom Steuerzahler geleistet werden können leuchtet natürlich ein. Wenn aber bei all den oben angesprochenen Veränderungen immer auch die Aktien und Finanzmärkte eine immer entscheidendere Rolle spielen, so zeigt das mehr als deutlich, dass gerade Letztere für die Gesellschaft in immer höherem Maße unverzichtbar werden.
Wenn dem aber so ist, warum wird die Bedeutung der Finanzmärkte nicht auch der Bevölkerung nähergebracht? Noch immer wissen die meisten Menschen nicht wirklich, wie die Finanzmärkte arbeiten und welche Möglichkeiten sie bieten. Unterricht in den Schulen wie er zum Beispiel in Schweden stattfindet, könnte da langfristig ebenso Abhilfe schaffen wie zum Beispiel Informationskurse, die von den Ämtern angeboten werden könnten. (pm)