Mit dem Motto "Neuer Blick auf Alte Musik", wurde das Publikum auf eine Zeitreise mitgenommen, die mit einem interaktiven Workshop begann und in einem atemberaubenden Konzert gipfelte. Das gesamte Erlebnis bildete einen grandiosen Auftakt zur Kloster Klänge Auhausen – Edition 2023, die unter dem Leitmotiv "zusammen" steht.
Die diesjährige Auftaktveranstaltung war eine Hommage an den 550. Geburtstag des visionären Astronomen Nikolaus Kopernikus. Übrigens: Der Nürnberger Reformator Andreas Osiander war es der das Hauptwerk von Kopernikus 1543 herausgegeben hat, und dieser entstammt der Klosterschmiede in Auhausen!
Die Erkundung der zeitgenössischen Renaissance-Musik harmonierte perfekt zum Motiv von Mond und Sternen sowie der erneut entdeckten Kunst des Obertongesangs. Unter Leitung von Katharina Bäuml lieferte Capella de la Torre ein unvergessliches musikalisches Erlebnis, welches auf eindrucksvolle Weise die Umbruchszeit der Renaissance in den Fokus rückte.
Workshop mit Wolfgang Saus
Doch zuvor nahm der renommierte Obertonsänger Wolfgang Saus in einer eindrucksvollen Performance die Besucher mit auf diese Reise und ermöglichte ihnen in einem interaktiven Workshop, in die Welt der Obertöne einzutauchen. Er demonstrierte, wie jeder gesungene Ton aus einem Bündel von Teiltönen, einem Grundton und den darüberliegenden Obertönen, besteht.
Saus ermutigte die Teilnehmer, mit ihren Stimmen zu experimentieren und die unerforschten Klänge ihrer eigenen Stimme zu entdecken. Die Zuhörer folgten gespannt seiner Führung, entdeckten selbst die erstaunlichen Möglichkeiten von Zunge, Lippen und Rachen und erkannten, wie sich Wahrnehmung und Klang der Obertöne steigern lässt. Musica Ahuse bietet Interessierten einen Tages-Workshop Oberton an.
Während Pythagoras die Idee der "Sphärenmusik" vor etwa 2000 Jahren postulierte, widerlegte Kopernikus diese Vorstellung. Doch Saus wies in seinen wissenschaftlichen Studien nach, wie die Schwingungen der verschiedenen Planeten in Töne umgesetzt werden kann und diese Klänge wiederum jeweils einem Oberton entsprechen. Diese Harmonie der Himmelskörper und die Sehnsucht nach dem Universum und Unerreichbarkeit der Sterne zog Musiker in ihren Bann und wurde in vielfältig komponierten "Sphärenharmonien" musikalisch umgesetzt.
Nun aber zu Capella de la Torre, dem brillanten Ensemble, das so gerne und regelmäßig in Auhausen gastiert. Welch ein Glück für die hiesigen und weit angereisten Freunde Alter Musik. Und welch eine glückliche Fügung: Katharina Bäuml hat seit vielen Jahren die Künstlerische Leitung beim Veranstalter Musica Ahuse e.V. inne. Auf charmante Weise führte Katharina Bäuml, Leiterin des Ensembles und herausragende Schalmei Virtuosin durch das Programm.
Gleich zur Einleitung eine „Sphärenharmonie“ von Christofano Malvezzi in Form einer Pavane, eines Schreittanzes und als Gegenpol die mit Power vorgetragene tänzerische Ciaconna. Verspielt tänzerische Stücke wechseln sich ab mit getragenen, ja mystisch archaisch anmutenden Kompositionen.
Wolfgang Saus brilliert mit raunenden Klangclustern, über denen sich plötzlich eine ganz eigene hohe Melodie erhebt und den Kirchenraum erfüllt.
Kompositionen zu den Sternen
Weiter geht es mit Gregorianik, einer Lauda und mehreren Kompositionen zu den „Sternen“, die sowohl sinnbildlich Maria, die Gottesmutter, Diana, die römische Göttin oder die leuchtenden Augen einer angebeteten Dame zum Inhalt haben. Diesen ideengeschichtlichen Zusammenhang stellte Katharina Bäuml an dieser Stelle heraus.
Atemberaubend, wie Bäuml an ihrer Schalmei im Zusammenspiel mit Hildegard Wippermann am Altpommer, der Stimme des Obertongesangs und dem beseelten Orgelspiel von Martina Fiedler sich in ein Wechselspiel begeben mit Regina Hahnke am Dulzian und Bernd Ibele an der Posaune. Beim beschwingten Farie Round von A. Holborne glänzen Wippermann virtuos an der Flöte und Bernd Ibele an der Posaune. Der hervorragende Percussionist Mike Turnball verzauberte rhythmisch an kaum bekannten exotischen Instrumenten. Oder wer hat schon einmal den Chestnut-Tanz von John Playford mit einem brasilianischen Berimbao begleitet vernommen? In „O luci e stelle amate“ von G.G. Kapsberger stellte Johannes Vogt sein versiertes, ja einfühlsames Lautenspiel ganz besonders unter Beweis. Eingeleitet durch einen überdimensionalen Gong improvisiert Wolfgang Saus und erfüllt das gesamte Kirchenschiff und berührt das Innerste, die Seele.
Sehr interessant orchestriert durch den ständigen Wechsel der Instrumente und Spannungen entfachen sich durch die Gegenüberstellung der Paarung Schalmei/Altpommer zu Posaune/Dulzian, Schalmei/Oberton zu Orgel/Percussion immer wieder musikalische Dialoge.
Der Konzertabend in der Klosterkirche Auhausen war ein unglaubliches Erlebnis, das die Besucher in eine Welt der Faszination und des Staunens entführte. Die Magie des Obertongesangs, eingebettet in die malerische Kulisse der Klosterkirche und die formvollendete Renaissance-Musik, hat zweifellos die Anwesenden allesamt tief berührt und auf eine Reise durch Zeit und Klang mitgenommen. Ein regelmäßiger Besucher aus Augsburg drückte es so aus: „Wunderbar stimmig zum lauschigen Sommerabend“. Er lasse den Abend nun beglückt ausschwingen. (pm)