Landratsamt

Landratsamt beantwortet Fragen rund ums Klimacamp

Bild: privat
Das Nördlinger Klimacamp sorgt immer wieder für Unruhe. Nun meldet sich das Landratsamt zu Wort und klärt die wichtigsten Fragen.

Seit Mitte August ist direkt neben der Nördlinger St. Georgskirche ein Klimacamp aufgebaut. In Augsburg gab es über vier Jahre ein Klimacamp neben dem Rathaus, in Nördlingen sind es erst einige Wochen. In dieser Zeit sind die Klimaaktivisten jedoch schon mit mehreren Vergehen aufgefallen. Vor einer Woche zeigte sich Tara Novác im Gespräch mit unserer Redaktion zufrieden mit den Reaktionen der Nördlinger Bürger, die laut Novác immer mehr auf die Aktivisten zugehen und das Gespräch suchen würden.

Allerdings scheinen sich auch die Stimmen derer zu mehren, die von den Aktionen der Campbewohner genervt sind. Der Nördlinger Stadtrat hat bereits ein Ende der Versammlung gefordert – jedoch nicht einstimmig, wie die Nördlinger Grünen betonten. Nun hat sich das Landratsamt dazu genötigt gesehen, die drängendsten Fragen der Öffentlichkeit zu beantworten.

Am Nördlinger Marktplatz ist bis auf weiteres ein Klimacamp aufgebaut. Bild: Manuel Habermeier

Fallen solche Camps unter die Versammlungsfreiheit?

Tatsächlich fallen solche Camps in den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit. Dies bestätigten auch das Verwaltungsgericht Augsburg und der Bayer. Verwaltungsgerichtshof, als die Stadt Augsburg dem Augsburger Klimacamp die Versammlungseigenschaft absprechen lassen wollte. Zudem bedürfen Versammlungen keiner Erlaubnis, sondern sind nach Art. 8. Abs. 1 des Grundgesetzes generell allen Deutschen erlaubt, solange dies friedlich und ohne Waffen stattfindet.

Versammlungen unter freien Himmel unterliegen laut Versammlungsgesetz von Bund und Ländern lediglich der Einschränkung, dass diese angemeldet werden müssen. Dies ist im Falle des Nördlinger Klimacamps geschehen. Zusätzlich wurde durch das Landratsamt ein Auflagenbescheid erlassen, der die räumliche Ausdehnung, zulässige Kundgebungsmittel und das Verbot, auf den Daniel zu klettern, beinhaltet. Es wurde jedoch keine Genehmigung erteilt, da diese nicht nötig ist.

Mit bunten Plakaten und Workshops wollen die Aktivistinnen und Aktivisten auf ihre Forderungen aufmerksam machen. Bild: Manuel Habermeier

Wie weit dürfen Versammlungen gehen?

Eine Versammlung ist auf Öffentlichkeit angewiesen, um mit ihrem Anliegen wahrgenommen zu werden. Wie dies erreicht wird, fällt unter das Selbstbestimmungsrecht der Versammlung und kann nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts auch durch Provokation, Penetranz und andere Aktionen, die als Zumutung empfunden werden, erreicht werden. Daher durften die Klimacamper auch eigenständig den Standort an der St. Georgskirche wählen.

Was sagt Landrat Stefan Rößle zu dem Klimacamp?

„Ich habe natürlich Verständnis dafür, dass ein solches Camp bei den Bürgerinnen und Bürgern und den politisch Verantwortlichen der Stadt Nördlingen nicht gerade auf Begeisterung stößt. Zumal man sich leider aufseiten der Campbetreiber an Zusagen bezüglich der Bereitschaft, das Camp für größere Veranstaltungen zeitweise zu verlegen, nun offenbar nicht mehr gebunden fühlt. Auch bereits begangene Verstöße gegen den Auflagenbescheid oder Dergleichen, tun ihr Übriges dazu, unnötig Vertrauen und Unterstützung zu verspielen. Sobald uns die polizeilichen Anzeigen dazu vorliegen, werden wir auch konsequent entsprechende Bußgeldverfahren gegen die Verantwortlichen einleiten.“

Sollte es laut Landratsamt während des Nördlinger Kulturfestes eine Verlegung geben?

Die Grenze dessen, was die Versammlungsfreiheit uns zumutet, hinzunehmen, ist nach Auffassung des Landratsamts bislang noch nicht überschritten, die Anordnung einer Verlegung oder Unterbrechung des Camps wäre damit rechtswidrig.

Ein oft gefordertes härteres Vorgehen würde den Einsatz der Polizei – notfalls auch mit körperlicher Gewalt – bedeuten. Da eine solche Entscheidung mit Blick auf das Versammlungsrecht jedoch rechtswidrig wäre, zieht das Landratsamt einen solchen Umgang mit einem derart bedeutenden Grundrecht wie dem Versammlungsrecht nicht in Betracht.

Landrat Rößle richtet sich an die Klimacamper

„Dass wir uns jetzt gegen eine Verlegung des Camps entschieden haben, bedeutet keineswegs, dass wir das für den Herbstmarkt und insbesondere den Weihnachtsmarkt genauso entscheiden. Es muss jeder Einzelfall für sich betrachtet werden. Hier sind voraussichtlich Rechte Dritter, vor allem Gewerbetreibender, in einem größeren Umfang betroffen. Ich würde mir daher sehr wünschen, wenn wir uns hier entsprechend der ursprünglichen Zusage der Veranstalter auf eine freiwillige Verlegung verständigen könnten. Zudem warne ich davor, den Bogen zu überspannen, was weitere Verstöße gegen versammlungsrechtliche Auflagen, Sachbeschädigungen und Dergleichen angeht. Hier sieht konkret in Bezug auf Protestcamps auch die höchstrichterliche Rechtsprechung mit zunehmender Dauer des Camps Erleichterungen vor, was die Möglichkeit einer Beschränkung oder Auflösung der Versammlung angeht. Das wäre für mich z. B. spätestens dann der Fall, wenn das Camp überwiegend nur noch als Ausgangsbasis für rechtswidrige Handlungen genutzt wird.“

Redakteur. Unterwegs für blättle und online. Geboren in Augsburg ist er über Freiburg, Wien und München endlich im schönen Donau-Ries angekommen. Hier hat er besonders die Themen Kunst, Kultur, Geschichte und Sport im Blick.

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