Wenn der aktuelle Tabellenvierte, die Eigner Angels Nördlingen, den Tabellenvorletzten aus Saarlouis am Sonntag um 16.00 Uhr zum Tip-Off in eigener Halle empfangen, sollten die Rollen eigentlich geklärt sein. Eigentlich. Im Fall der Royals ist das aber ganz und gar nicht der Fall. Die zumindest als Favorit für die Playoffs gestarteten Saarländerinnen kamen diese Saison nicht in Tritt. In einer langen erfolglosen Phase trennte man sich bereits von zwei Spielerinnen. Wechsel auf dem Trainerposten sowie fortwährende Veränderungen im Team von Interimstrainer Hermann Paar ließen den letztjährigen Tabellensiebten nicht zur Ruhe kommen. Das mit Dragna Svitlica eine Serbin als Cheftrainerin verpflichtet wurde, die zuerst einmal keine notwendigen Arbeitspapiere hatte, passte ins aktuelle Bild. Zudem scheinen sich die Saarländerinnen bewusst gegen das Agreement der Liga zur Förderung von deutschen Spielerinnen entschieden zu haben. Im aktuellen Kader findet sich keine einzige aktive deutsche Spielerin, Nachverpflichtungen wie zuletzt vor drei Spieltagen die Serbinnen Milena Marianovic (7 Punkte im Schnitt), Sanja Mandic (4) oder die Französin Naomi Mbandu (10,3) sorgen dafür, dass man der Deutschquote so nahe ist wie ein Mindestlohnempfänger dem Spitzensteuersatz.
Royals im Abstiegskampf
In Summe befinden sich der Playoff-Kandidat aus Saarlouis mit nur drei Siegen überraschend auf dem vorletzten Tabellenplatz wieder und somit schon am zehnten Spieltag mitten im Abstiegskampf. Das man gewillt ist, diesen anzunehmen zeigen der Auswärtsieg in Leverkusen 74:54) am vorletzten Spieltag und der knappe Heimsieg der Royals am letzten Sonntag zu Hause gegen Osnabrück. 72:71 schlug man die, aus Nördlinger Sicht, unschlagbaren Niedersachsen. Damit aber nicht genug: am Mittwoch kämpfte man im Achtelfinale nach zwei Verlängerungen den Tabellensiebten aus Freiburg mit 94:86 nieder. Die letzten fünf Minuten (11:3) spielte nur noch Saarlouis, was für Kampfgeist und Kondition spricht. Mit drei Erfolgserlebnissen hintereinander schicken die Königlichen also ein warnendes Ausrufezeichen ins Ries.
Dort, bei den Eigner Angels, läuft es bisher überraschend gut. Nach dem Umbruch hat sich die Mannschaft gefunden. Besonders das letzte Spiel gegen Marburg zeigte dies. Nicht nur die üblichen Verdächtigen trugen sich auf dem Scoreboard ein. Enija Viksne (13 Punkte), Roosa Lehtoranta (11), Leonie Kambach (8) und sogar das Nördlinger Küken, Anna Löffler (4) zogen die Offensivpower an sich und entlasteten die sonstigen Topscorer um Erika Davenport und Brandy Beasley. Sieht man von der Tabellenkonstellation einmal ab wird am Sonntag ein Topspiel erwartet. Mit Nördlingens Nicole Brochlitz wartet die beste Dreierschützin der Liga (47,4% Trefferquote aus 57 Versuchen) auf ihre unmittelbare Verfolgerin bei den Saarländerinnen, Destiny Littleton (40% aus 65 Versuchen).
Angels sind ausgeglichen besetzt
Littleton war es, die letzte Woche wenige Sekunden vor Schluß mit einem 5:0-Lauf ihr Team gegen Osnabrück zum Ausgleich warf und den dritten Saisonsieg ermöglichte. Sie führt auch die Liste der Topscorerinnen an und trifft neben Brochlitz ebenfalls auf Erika Davenport als ligabeste Werferin aus der Nah- und Mitteldistanz. Das 24-jährige US-Amerikanerin ist Dreh- und Angelpunkt der Gäste. Doch müssen die Nördlingerinnen auch Littleton‘s Mitspielerinnen unbedingt im Auge behalten. Mit 1,83m wäre da die US-Amerikanerin Isabell Spingola. Über acht Punkte im Schnitt und gute Reboundarbeit zeichnen sie aus. Die Polin Sylwia Bujniak (6,3) und die Portugiesin Maria Kostourkova (7) können ebenfalls Spiele entscheiden. Insgesamt punkteten sechs Spielerinnen beim Overtime-Pokalfight zweistellig.
Ausgeglichen besetzt sind aber auch die Eigner Angels. Sie sollten den Takt vorgeben und sich von einer Spielerin wie Littleton wenig beeindrucken lassen. Erika Davenport, Nicole Brochlitz und Brandy Beasley sind in den Bestenlisten der Liga ganz weit oben zu finden, Mariam Hasle-Lagemann befindet sich auf einem Höhenflug. Der Rest des Teams um Kapitänin Lisa Berthold zeigt mehr als solide Leistungen und bei der großen Rotation, die Coach Matiss Rozlapa gerne spielt, kein Nachlassen in der Spielintensität. Alles in Allem ist somit ein Topspiel zweier Pokalviertefinalisten zu erwarten.
Das Spiel wird live im Stream übertragen, Sprungball ist um 16.00Uhr. (pm)