Es ist ein ganz normaler Sonntag am 16. Februar im Donauwörther Hallenbad. Auf dem Plan steht das Erwachsenentraining der Wasserwacht. Auch Rudi Wallimann ist dabei. An diesen Tag hat er allerdings kaum Erinnerungen. „Es war kurz nach 10:00 Uhr. Da kam das Kommando Rückenschwimmen. Ich mache die erste Bahn, beginne die zweite. Und dann setzt meine Erinnerung aus. Stunden später wache ich in Nördlingen auf und schaue auf eine grüne Wand“, erinnert er sich. Was sich in den Stunden dazwischen abspielt, ist dramatisch. Michael Deisenhofer leitet an diesem Vormittag das Training. Er und Rudi sind seit 45 Jahren befreundet. „Ich sehe noch, wie Rudi scheinbar taucht. Meistens macht er das, um seine Kameraden zu verbessern. Doch Sekunden später kommen bereits Hilfeschreie. Michael, Bettina und Timo ziehen Rudi aus dem Wasser. Er war ganz blau angelaufen, augenscheinlich leblos und atmete nicht. Wir konnten auch keinen Herzschlag feststellen.“ Wie sich spätere zeigt, erlitt Rudi einen Hinterwandinfarkt.
Wiederbelebung, Defibrilator und Notoperation
Die nächsten Minuten beschreiben seine Kamerad*innen, wie im Tunnel. Sofort beginnen sie mit der Herzdruckmassage, abwechselnd beatmen sie. Eine wählt den Notruf, der nächste holt den Defibrillator aus dem Schwimmmeisterbüro. Sie kleben die Pads an und das Gerät zeigt Kammerflimmern an. „Wir sind dann wegen der Feuchtigkeit auf maximale Distanz gegangen, haben dir Wiederbelebung unterbrochen und dann einmal geschossen. Kurz darauf war dann wieder ein Herzschlag da, Rudi hat geatmet und auch seine blaue Farbe verschwand in Sekundenschnelle.“ Kurz darauf - wenige Minuten nach dem Notruf - trifft der Rettungsdienst ein. Sie versorgen Rudi und er wird in die Nördlinger Kardiologie gebracht. Dort wartet bereits ein zusammengerufenes Team, das bei ihm zwei Stents einsetzt. Gegen 16:00 Uhr wacht er wieder auf und sieht die grüne Wand.
Bange Stunden für seine Freunde
Zwischenzeitlich trifft auch Manuel Brandt, Ortsvorsitzender der Wasserwacht, ein. Die anderen Teilnehmer räumen das Bad auf, während die vier Lebensretter zusammenstehen und versuchen, das Gesehene zu verarbeiten. Dabei wird ihnen zum ersten Mal bewusst, wie viel Glück sie und natürlich Rudi hatten. „Der Defibrillator der Wasserwacht ist eine Spende der Stadt Donauwörth. Der wandert mit uns im Sommer ins Freibad und im Winter ins Hallenbad. Noch wenige Tage zuvor war er bei der Wartung. Das Problem aus Sicht der Wasserwacht: Der nächste "Defi" ist in der Mangoldschule. Die ist in der Regel aber verschlossen, ein weiterer in der Sparkasse in der Reichsstraße. Das sind zwar 'nur' rund 250 Meter Luftlinie, aber wir hatten zu diesem Zeitpunkt nur eine Badehose an und keine Schuhe. Hier würden wertvolle Sekunden verloren gehen“, so Brandt rückblickend. Nach einer Nacht ohne viel Schlaf klingeln am Montag nacheinander die Handys der Helfer. Auf dem Display steht Rudis Name. Er hat sich in der kurzen Zeit gut erholt und kann Entwarnung geben. Die Erleichterung ist bei allen riesengroß. Wenige Tage später kann er auch im Krankenhaus besucht werden.
Ein zweiter Geburtstag für Rudi Wallimann
Am 20.06. wird Rudi Wallimann 67 Jahre alt. Dass er diesen Tag erleben kann, verdankt er seinen Freunden, die im Ernstfall alles richtig gemacht haben. Wäre der Herzinfarkt im Auto oder zu Hause passiert, hätte er vermutlich nicht überlebt. "Besser hätte es nicht sein können. Er war nicht alleine, es waren die richtigen Menschen und vor allem ein Defibrillator zur Hand", fasst Michael Deisenhofer zusammen. Mehrmals bedankt sich Rudi an diesem gemeinsamen Abend bei seinen Freunden. Die winken ab. "Das haben wir gern gemacht." Am 16. Februar kann er nun einen zweiten Geburtstag feiern. Doch erstmal geht es auf Reha. Danach will Rudi auch wieder ins Wasser gehen. Er ist gesund - auch das Herz hat keinen bleibenden Schaden erlitten, wie die Kardiologie bestätigt. "Und dann feiern wir im Sommer eine große Party", kündigt er an.
Wer nichts tut, macht alles falsch
Der konkrete Fall zeigt: Im Notfall zählt jede Sekunde. Deshalb macht nur derjenige etwas falsch, der nichts tut. Die Wasserwacht empfiehlt deshalb: Wenn eine leblose Person aufgefunden wird, dann sollten zuerst Atemwege und Puls überprüft werden. Sollten keine Atmung und kein Puls feststellbar sein, ist eine Herz-Druck-Massage anzuwenden. Parallel sollte außerdem der Notruf gewählt werden. Wenn vorhanden, kann man einen Defibrillator anschließen. In der Regel sind diese sind so gut ausgestattet, dass sie auch ohne Vorerfahrung nicht falsch benutzt werden können. Die Geräte erkennen auch, wenn Kammerflimmern vorliegt, nur dann lässt sich ein Schock auslösen. Außerdem sollten regelmäßig die eigenen Erste-Hilfe-Kenntnisse aufgefrischt werden. Das BRK bietet hierzu regelmäßig Kurse an - auch für den richtigen Umgang einem Defibrillator.