Vor genau einem Jahr hat der Kemptener Verein renergie Allgäu (www.renergie-allgaeu.de) den Bürgerstrom-Marktplatz „cells energy“ ans Netz angeschlossen. Unter https://marktplatz.cells.energy öffnet sich eine Plattform, auf der sich private und gewerbliche Verbraucher ebenso schnell wie einfach ihre ganz persönlichen 100-%-Erneuerbaren-Strom-Erzeuger aussuchen können. Ziel und Vision von Geschäftsführer Florian Weh ist es, die Energiewende in Bürgerhand zu legen und eigenverantwortlich voranzutreiben.
Strom aus Bioabfällen seit 1999
Ein Anliegen, das auch Paul Schweihofer seit zwei Jahrzehnten antreibt und motiviert: Bereits 1999 begann der Landwirt damit, aus kommunalen Bioabfällen Strom zu erzeugen. Erst ein Jahr später wurde damals die EEG-Umlage beschlossen. Doch diese Vergütung reichte nie aus, um den Betrieb zu finanzieren, erinnert sich der 56Jährige. Darum war er stets bemüht, die Effizienz zu steigern und neue Einnahmequellen zu generieren.
Not macht erfinderisch. Und so erweiterte Paul Schweihofer nicht nur seine Anlage von anfangs 80 kWh auf heute 1.590kW Leistung, sondern auch sein Angebot. Seit 2017 beheizt er mit der Abwärme aus seinem Betrieb circa 75 Privathaushalte und Firmen in seiner Heimatgemeinde Mertingen. Gleichzeitig arbeitet er konsequent an der optimalen energetischen Verwertung der bei ihm angelieferten Abfallstoffe. Das sind neben den braunen Tonnen der drei Landkreise Donau-Ries, Landsberg und Neuburg an der Donau kommunal und privat angelieferte Grünabfälle, Marktabfälle und Landschaftspflegegras. Daraus gewinnt Schweihofer neben Biogas und Wärme zum Beispiel sein „Gärprodukt flüssig“, ein von einem unabhängigen Gutachter geprüfter und zertifizierter hochwertiger landwirtschaftlicher Dünger, sowie hocherhitzten, garantiert unkraut- und keimfreien Humus für Privatleute und Gärtnereien.
In Wertschöpfungskette miteinbinden
„Mein Ziel ist eine möglichst 100prozentigen Kreislauf zu schaffen“, ist das Credo von Familienvater und Unternehmer Schweihofer. Bei der Suche nach neuen Möglichkeiten und Perspektiven für den regionalen Wertstoff-Kreislauf ist er vor einem Jahr auf den Kemptener Verein renergie Allgäu und die Bürgerstromplattform cells energy aufmerksam geworden. Auf diesem virtuellen Marktplatz kann Benc nun seine Biogasanlage präsentieren und in die Wertschöpfungskette vor Ort mit einbinden.
Wie das geht? Ebenso schnell wie einfach: Unter https://marktplatz.cells.energy die eigene Postleitzahl und den ungefähren Energieverbrauch angeben – und schon zeigen die 15 Mitarbeiter von Benc ihr Gesicht. Gleichzeitig wird der durchschnittliche Monatsabschlag errechnet. Wobei cells energy – anders als alle anderen Stromanbieter – keinen gleichbleibenden Betrag definiert, sondern den Stromverbrauch viertelstündlich nach dem Börsenpreis abrechnet. Dabei werden dann auch negative Strompreise wie zuletzt im windigen Februar an den Kunden weitergegeben. So hat der Verbraucher die Möglichkeit, den eigenen Strompreis durch bewussten Energiekonsum mitzugestalten.
Schneller Wechsel
Die Erfahrung des ersten Jahres hat gezeigt, dass sich der cells energy-Preis in etwa mit dem der herkömmlichen Öko-Stromtarife deckt. Der Wechsel zur Bürgerstrom-Plattform übrigens geht ebenso schnell wie einfach: Nur die letzte Stromrechnung bei renergie Kempten einreichen – dort kümmern sich dann die Fachleute rund um Geschäftsführer Florian Weh um alles weitere. Während sich Paul Schweihofer und Anja Link, die ihren Vater seit vergangenem Jahr als rechte Hand der Geschäftsführung unterstützt, für die Energieerzeugung sorgen. Mit ihrem nachhaltig erzeugten Strom können sie den Bedarf von rund 3300 Haushalten decken. Also – rein rechnerisch - von ganz Mertingen und Bäumenheim.(pm)