Im Landratsamt Donau-Ries fand kürzlich eine Fortbildung statt, die vom hiesigen Arbeitskreis Suchtprävention angeboten wurde. Dazu waren suchtbeauftragte Lehrkräfte und Jugendsozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter an Schulen eingeladen. Der Arbeitskreis besteht aus Fachkräften des Cafe Connection der Caritas Suchtfachambulanz Donauwörth, der Polizeiinspektionen des Landkreises Donau-Ries, der Präventionsfachstelle und der Kommunalen Jugendarbeit, beide vom Landratsamt Donau-Ries sowie einer Notärztin aus Donauwörth.
Das Schwerpunktthema war diesmal „Cannabis“. Wie sollen Lehrkräfte und Jugendsozialarbeiter an Schulen reagieren, wenn ihnen ein Jugendlicher erzählt, dass er in seiner Freizeit Cannabis raucht? Was ist zu tun, wenn ein Schüler an der Schule Cannabis verkauft? Kann einem Schüler Cannabis abgenommen werden? Was kann unternommen werden, wenn ein Schüler deshalb massiv schulisch abbaut? Schon allein aus diesen Fragen kann man erkennen, dass der Umgang mit dem Thema nicht einfach ist.
Beim Gespräch mit Jugendlichen entsteht manchmal der subjektive Eindruck, dass der Cannabiskonsum als eher harmlos eingestuft wird. Auch bei älteren Jugendlichen oder Erwachsenen scheint dies der Fall zu sein. Immer häufiger ist in der Zeitung von Fahrten unter Drogeneinfluss zu lesen. Laut der Drogenaffinitätsstudie von 2015 haben 7,5 % der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen in Deutschland in den letzten 12 Monaten vor der Befragung Cannabis konsumiert. In der Gesamtzahl sind dies 341.000 Jugendliche. Die Schulbildung spielt dabei nur eine geringfügige Rolle. Medial hat Cannabis auch eher ein cooles, lustiges Image. Es gibt kaum einen Kinofilm, in dem ein Kiffer gesundheitliche Probleme bekommt.
Birgit Baier, Notärztin aus Donauwörth, ging in ihrem Vortrag auf medizinische Mythen ein, die häufig in der öffentlichen Wahrnehmung im Zusammenhang mit Cannabis stehen. Bei gelegentlichem Konsum kann der Gebrauch von wenigen Tagen bis zu einigen Wochen nachgewiesen werden. Konsumiert jemand regelmäßig, kann man das bis zu drei Monate nachweisen. Gesundheitlich unbedenklich ist Cannabis nicht. Der Stoff kann sich gerade in der Pubertät schädlich auf die Hirnentwicklung auswirken. Cannabis kann als Co-Medikament in der Schmerzmedizin genutzt werden und zeigt hier gute Wirkungen. Allerdings darf Cannabis in Deutschland bisher nur bei besonderen Formen der MS (Multiplen Sklerose) vom Arzt verschrieben werden. Eine Heilung zum Beispiel einer Krebserkrankung durch Cannabis alleine ist jedoch nicht möglich.
Stefan Graßl, Präventionsfachkraft am Landratsamt Donau-Ries, stellte ein Präventionsmodell für die Schule vor. Es wurde erläutert, wie an der Schule generell mit einem Schüler, der einen riskanten Cannabiskonsum aufweist, umgegangen werden kann. Manchmal fallen diese Schüler durch Konzentrationsprobleme auf oder haben Probleme, sich im Unterricht adäquat zu verhalten. „Wichtig ist es, auffällige Verhaltensweisen zu notieren, um ein realistisches Bild des Schülers zu bekommen“, so Graßl. Meist führt es an der Schule zu Unsicherheit, wenn ein Schüler wegen Cannabis auffällig wird. „Der Konsum an sich steht nicht unter Strafe. Ein Schüler, der wegen seines Cannabiskonsums Schulprobleme hat, muss auf der einen Seite Hilfsmöglichkeiten bekommen und auf der einen Seite Sanktionen erfahren“.
Ganz anders verhält es sich jedoch, wenn ein Schüler Cannabis verkauft oder mit sich führt. Ab diesem Zeitpunkt gefährdet er Dritte, hier muss die Polizei eingeschaltet werden. Michael Deisenhofer, Präventionsbeamter der Polizeiinspektion Donauwörth erläuterte, was von polizeilicher Seite aus unternommen wird, wenn die Schule darüber informiert. Für Schulen gibt es eine spezielle Handreichung des bayerischen Kultusministeriums, in der das Vorgehen in diesem Fall genau geregelt ist.
Niels Pruin von der Caritas Suchtfachambulanz berichtete über die Switch-Gruppe, die er zusammen mit seinen Kolleginnen aus dem Cafè Connection betreut. In der Gruppe nehmen Jugendliche und junge Erwachsene teil, die wegen ihres Cannabiskonsums auffällig geworden sind. Häufig bekommen sie eine gerichtliche Auflage und werden zur Teilnahme an der Gruppe verpflichtet. Auch von schulischer Seite besteht die Möglichkeit, einem Schüler die Switch-Gruppe oder Beratungsgespräche als Auflage zu geben. „In der Gruppe wird mit den Jugendlichen die Lebenssituation, der Konsum und die Gründe für den Konsum thematisiert. Einige haben hier noch kein Problembewusstsein, die Schwierigkeiten treten zu Beginn meist im juristischen Bereich auf“, so Pruin.
Zum Abschluss wurden noch diverse Utensilien gezeigt, die Deisenhofer und seine Kollegen bei Hausdurchsuchungen aufgefunden haben – wie eine Waage oder diverse Rauchpfeifen. Infobroschüren und Flyer zum Thema wurden vorgestellt und verteilt. (pm)
Info
Für weitere Informationen können Sie sich gerne an folgende Stelle wenden: Arbeitskreis Suchtprävention, Stefan Graßl, Präventionsfachstelle am Landratsamt Donau-Ries, 0906/74 534 oder stefan.grassl@lra-donau-ries.de.