Mit 1500 Zuchtsauen und aktuell circa 10500 Ferkeln steht in der Nähe von Donauwörth der größte Ferkelerzeugerbetrieb Bayerns - der Reichertsweiler Hof. Bereits in den vergangenen Jahren hatte das Agrarbündnis Bayern deshalb zu Protestaktionen in Donauwörth aufgerufen. Geändert hat sich seitdem wenig - zumindest laut Agrarbündnis. Bei einer neuerlichen Protestaktion im Donauwörther Ried kritisierten jetzt mehrere Verbände, u. a. der Bund Naturschutz, Greenpeace, der Deutsche Tierbund und die Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft (AbL) den Handlungsstillstand bezüglich einer Verbesserung des Tierwohls auf Bundesebene. Im Mittelpunkt der Kritik stehen dabei vor allem die regierenden Parteien der vergangenen Legislaturperiode. "Die Politik in Bayern und ganz Deutschland muss endlich handeln. Es ist ein Skandal, dass wir seit Jahren nur über Ideen diskutieren und nichts davon am Ende umgesetzt wird", erklärte Richard Mergner, Landesvorsitzender des Bund Naturschutz, in seiner Begrüßungsrede.
Würde der Tiere muss gewährleistet sein
In eine ähnliche Kerbe schlägt auch Stephan Kreppold, ehemaliger Landwirt und Vertreter der AbL. Für ihn stellt sich die aktuelle Situation recht einfach dar: "Wenn wir Schweine nur des Fleischgenusses wegen halten, dann muss wenigstens die Würde der Tiere gewährleistet sein." Eine Würde, die in der Massentierhaltung zweifelsohne hintenansteht. Der ehemalige Landwirt ist davon überzeugt, dass die Gesellschaft immer wieder auf solche Missstände hingewiesen werden muss: "Wie lange sich die heutige Gesellschaft die Zustände in der Fleischproduktion gefallen lässt, ist nur eine Frage der Zeit. Immerhin zeigen die letzten Entwicklungen, dass Konsument*innen durchaus dazu bereit sind, mehr Geld für ihr Fleisch auszugeben, wenn dieses fair und regional produziert wurde." Fairness gelte nicht nur in Bezug auf die Haltung der Tiere. Für kleinere bäuerliche Betriebe sei es kaum mehr möglich zu überleben - zu groß sei der finanzielle Druck durch die "Dumpingpreise des Einzelhandels". Ein Problem, das Mensch, Tier und Natur gleichermaßen betreffe, wie Peter Maier, Greenpeace Augsburg klarstellt. "Die Lebensgrundlage von vielen Menschen wird derzeit durch die Nachfrage nach möglichst billigem Fleisch zerstört - immer mehr bäuerliche Betriebe müssen schließen", so Maier weiter.
"Regierung muss endlich handeln"
Die Kundgebung hat gezeigt, wie tief der Stachel bei Betroffenen und dem Agrarbündnis Bayern sitzt, wie groß der Wunsch nach Veränderung ist. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass viele landwirtschaftliche Betriebe zunächst selbst die Entscheidung getroffen haben, ihre Höfe zu größeren Mastbetrieben aufzurüsten, wie Stephan Kreppold in diesem Zusammenhang bestätigt. Trotzdem müsse es in durch die neu gewählte Regierung weitreichende Veränderung geben, so die einhellige Meinung. Anders stellt sich die Situation für den Bayerischen Bauernverband (BBV) dar. Laut BBV sei die Kundgebung eine komplette Themaverfehlung. Alfred Enderle, BBV Präsident von Schwaben und Karlheinz Götz, Kreisobmann des BBV-Kreisverbands Donau-Ries, argumentieren in einer Stellungnahme, dass Bayern im deutschen Vergleich regelrecht bekannt für seine bäuerlichen Landwirtschaftsbetriebe sei. "In Bayern gibt es einen bunten Mix aus Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben aller Produktionsrichtungen. Die Standards sind dabei höher als in den meisten anderen Ländern der Welt."
BBV: Kritik an Agrarbündnis und Kundgebung
Wo sich Agrarbündnis und Bauernverband einig sind, ist der Grund für die schlechte Lage von bäuerlichen Betrieben - die übermächtige Stellung des Lebensmitteleinzelhandels. Dabei sieht der BBV das Problem nicht in der Größe der Mastbetriebe. "Das Auskommen der Bauern ist schlecht, egal ob mit größeren oder kleineren Beständen. Viele bäuerliche Tierhalter*innen stehen vor dem Aus. Grund ist der völlig übermächtige Lebensmitteleinzelhandel, der die Preise diktiert", so Karlheinz Götz. Für den Bayerischen Bauernverband ist die Kundgebung - besonders im Landkreis Donau-Ries - völlig fehl am Platz: "Die heimische Landwirtschaft wird pauschal ins Visier genommen. Dem täglichen Einsatz und den hohen Leistungen der Bauernfamilien für unsere Heimat wird dies nicht gerecht - ganz im Gegenteil."
Anm. d. R.: In unserer ersten Version des Textes vom 07.09. ist gleich zu Beginn die Rede von 3000 Zuchtsauen und 30000 Ferkeln - Zahlen die so in einer Pressemitteilung des Agrarbündnisses Bayern kommuniziert wurden. In Absprache mit dem betroffenen Ferkelerzeugerbetrieb stellte sich jedoch heraus, dass diese Zahlen falsch sind. Es handelt sich lediglich um 1500 Zuchtsauen und 10500 Ferkel. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigten.