Richard Paul, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Donauwörth blickt auf die Entwicklung des Arbeitsmarktes im Jahr 2021 zurück: "Nach dem enormen Anstieg der Arbeitslosigkeit und einem beinahe kompletten Einbruch der Arbeitskräftenachfrage mit Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 blieben auch im ersten Halbjahr 2021 die Arbeitslosenzahlen hoch und die Nachfrage nach Personal war eher verhalten, da viele Branchen weiterhin von den Einschrän"kungen betroffen waren. Ab der Jahresmitte hat sich der Arbeitsmarkt überraschend schnell sehr gut erholt. Sowohl die Arbeitslosenzahlen als auch der Stellenmarkt haben sich wieder stabilisiert und näherten sich den Werten des Vorkrisenniveaus an."
Im Jahresdurchschnitt liegt die Arbeitslosenquote bei 2,1 Prozent und mit 0,1 Prozentpunkt unter dem Vorjahreswert. Im Jahr 2019 lag sie bei 1,6 Prozent. Durchschnittlich waren im Landkreis Donau-Ries 1.676 Personen arbeitslos gemeldet. Das sind 50 weniger als im Jahr 2020 (minus 2,9 Prozent) und 435 mehr als im Jahr 2019 (plus 35,1 Prozent).
"Mit der anziehenden Konjunktur rückt aber auch das Thema der fehlenden Fachkräfte wieder in den Fokus. Aufgrund der demographischen Entwicklung, steigender bzw. sich verändernder Qualifikationsanforderungen infolge des Strukturwandels und sich verstärkender Fachkräfteengpässe müssen weiterhin alle Möglichkeiten genutzt werden, Geringqualifizierte für Weiterbildungen zu gewinnen, deren Kenntnisse an die Erfordernisse anzupassen oder sie bestenfalls zu einem anerkannten Berufsabschluss zu führen. Denn lebenslanges Lernen ist ein entscheidender Faktor, um nachhaltig in den Arbeitsmarkt integriert zu werden und zu bleiben. Gering qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind im Vergleich zu Personen mit einem Ausbildungsabschluss deutlich häufiger und länger arbeitslos. Die Förderung berufsabschlussbezogener Weiterbildung bleibt daher ein Schwerpunkt der Arbeitsförderung, dem angesichts wachsender Fachkräftebedarfe zu-nehmende Bedeutung zukommt", erläutert Richard Paul. "Die lebenslange berufliche Weiterbildung ist zunehmend auch für alle Beschäftigten erforderlich. Eine Förderung solcher Qualifizierungen ist unter bestimmten Voraussetzungen auch seitens der Arbeitsagentur möglich", so Paul weiter.
Hohe Ausgaben beim Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld
Das Kurzarbeitergeld sicherte auch im Jahr 2021 in großem Umfang Arbeitsplätze und Beschäftigung. So zahlte die Agentur für Arbeit Donauwörth 101,5 Millionen Euro an konjunkturellem Kurzarbeitergeld inklusive Sozialversicherungsbeiträgen aus. Das sind 22,6 Prozent weniger als im Jahr 2020. Damals waren es 126 Millionen Euro. Während in der ersten Jahreshälfte von den Unternehmen noch viele Anzeigen wegen der pandemiebedingten Einschränkungen gestellt wurden, gingen in den darauffolgenden Sommermonaten die eingereichten Anzeigen deutlich zurück. Jedoch stiegen mit den auftretenden Lieferengpässen auch die Anzeigen zu Kurzarbeit ab dem Herbst wieder an. Allerdings in einem weit geringeren Umfang als im Jahr 2020. "Die Pandemie hat sehr deutlich gezeigt, wie wichtig das Instrument des Kurzarbeitergeldes ist, um den Betrieben die eingearbeiteten Mitarbeiter zu erhalten und damit die soziale Absicherung der Menschen zu gewährleisten. Um das vermehrte Antragsaufkommen in den nächsten Monaten zu bewältigen, haben wir die Personalressourcen wieder hochgefahren", so der Agenturchef weiter.
Im Jahr 2021 wurden insgesamt 106,2 Millionen Euro an Arbeitslosengeld I inklusive Sozialversicherungsbeiträgen ausbezahlt. Das sind 8,1 Prozent weniger als im Jahr 2020. Damals betrugen die Ausgaben 115,6 Millionen Euro.
Arbeitslosigkeit nach Personengruppen
Männer (55,7 Prozent) waren im vergangenen Jahr mehr von Arbeitslosigkeit betroffen als Frauen (44,3 Prozent). Deren Arbeitslosigkeit sank im Vorjahresvergleich mit minus 0,9 Prozent geringer als die der Frauen (minus 5,2 Prozent). Bei den jüngeren Arbeitslosen unter 25 Jahren sank die Arbeitslosigkeit um fünf (oder 2,5 Prozent) auf 210 Personen. Die Zahl der Menschen mit Behinderung ging um drei (oder 1,6 Prozent) auf 176 zurück.
Jedoch konnten nicht alle Personengruppen von der Entspannung auf dem Arbeitsmarkt profitieren. So gab es einen deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit um 94 oder 39 Prozent zum Vorjahr bei den Langzeitarbeitslosen auf 335. Im Jahr 2021 waren durchschnittlich 658 Menschen im Alter ab 50 Jahren gemeldet, sechs (oder 0,9 Prozent) mehr als vor einem Jahr. Außerdem stieg die Zahl der ausländischen Arbeitslosen um fünf (oder 1,3 Prozent) auf 424.
Viel Bewegung auf dem Arbeitsmarkt
Der Arbeitsmarkt ist ständig in Bewegung. Im Verlauf des Jahres meldeten sich 6.165 Menschen arbeitslos, davon kamen 2.949 aus einer Beschäftigung. Im Gegenzug konnten sich 6.465 Personen aus der Arbeitslosigkeit abmelden, davon nahmen 2.526 eine Erwerbstätigkeit auf. Der Bestand an Arbeitslosen schlägt sich damit circa viermal im Jahr um. Das bringt in unserer Region in der Regel nur eine kurze Dauer der Arbeitslosigkeit mit sich.
Arbeitskräftenachfrage stabilisiert sich
Nach einem verhaltenen Frühjahr zog ab der Jahresmitte die Nachfrage nach Arbeitskräften wieder an. Allerdings liegt der Jahresdurchschnitt noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau. Wir hatten im Jahr 2021 durchschnittlich 1.393 offene Stellen gemeldet. Das sind 121 oder 9,5 Prozent mehr als im Jahr 2020, aber 340 bzw. 19,6 Prozent weniger als im Jahr 2019. Der Neuzugang von Stellen ist im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls gestiegen. Im gesamten Jahresverlauf wurden 3.489 Arbeitsstellen zur Besetzung gemeldet, 836 oder 31,5 Prozent mehr als vor einem Jahr, aber 991 bzw. 22,1 Prozent weniger als vor zwei Jahren. Zu all dem pandemiebedingten Erholungs- und Aufholbedarf der Wirtschaft sind Digitalisierung und Strukturwandel weiterhin in vollem Gange. Damit tritt auch das Problem des Fachkräftemangels wieder zum Vorschein. Rund 80 Prozent der Arbeitsangebote sind für Fachkräfte oder eine höhere Qualifikation. Dieser Fachkräftebedarf ist aber aus dem Potential der arbeitslos gemeldeten Menschen nicht zu decken, da fast die Hälfte aller Arbeitslosen keine derartige Qualifikation aufweist. Richard Paul rät den Unternehmen: "Heben Sie die Potentiale, die in Ihrem Betrieb schlummern. Beschäftigte, die keinen formellen Berufsabschluss haben, können mit Zuschüssen der Arbeitsagentur vom Helfer zum Facharbeiter qualifiziert werden. Denken Sie bei der Suche nach Auszubildenden nicht nur an Schulabgänger, sondern auch an junge Erwachsene, die möglicherweise eine zweite Ausbildung beginnen möchten. Ober bieten Sie eine Ausbildung in Teilzeit an, damit zum Beispiel auch Personen mit Betreuungspflichten ihre Talente unter Beweis stellen können. Unsere Spezialisten im Arbeitgeber-Service beraten Sie gerne, auch in allen Fragen der Weiterbildung von Beschäftigten."
Branchenabhängige Beschäftigungsentwicklung
Nach den aktuellsten Daten vom Juni 2021 standen zu diesem Zeitpunkt 63.710 Menschen im Landkreis Donau-Ries in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis. Die Beschäftigung stieg im Vergleich zum Vorjahr um 368 bzw. 0,6 Prozent.
Absolut betrachtet verzeichnen wir die stärkste Zunahme beim Wirtschaftsbereich Handel sowie Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen mit plus 251 bzw. 2,9 Prozent. Weitere Branchen wie z. B. Immobilien, öffentliche Verwaltung, Baugewerbe, Gesundheitswesen und Heime und Sozialwesen hatten ebenfalls einen Beschäftigungszuwachs. Ein Rückgang der Beschäftigtenzahlen ist in den Bereichen Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, private Haushalte und Arbeitnehmerüberlassung zu beobachten. Am ungünstigsten war die Entwicklung im verarbeitenden Gewerbe. Hier zeigt sich ein deutliches Minus von 280 bzw. 1,1 Prozent.
Der Arbeitsmarkt im Dezember 2021
Wie saisonüblich, stieg die Arbeitslosigkeit zum Jahresende leicht an. Im Landkreis Donau-Ries sind aktuell 1.393 Menschen arbeitslos gemeldet, 112 mehr als vor einem Monat. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich gegenüber November um 0,1 Prozentpunkt auf 1,7 Prozent. "Verglichen mit den Vorjahreszahlen hat sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt gut stabilisiert. Im Dezember 2020 waren 329 Personen bzw. 19,1 Prozent mehr arbeitslos gemeldet, allerdings liegen wir immer noch minimal über dem Niveau vor der Krise. Im Dezember 2019 waren 109 bzw. 8,5 Prozent Arbeitslose weniger registriert“, so der Chef der Arbeitsagentur. Knapp 59 Prozent aller Arbeitslosen sind bei der Arbeitsagentur gemeldet, gut 41 Prozent beim Jobcenter Donau-Ries. Der Bestand an offenen Arbeitsstellen liegt derzeit bei 1.579. Im Dezember wurden dem Arbeitgeber-Service 242 neue Stellen gemeldet.
Kurzarbeit
Viele Unternehmen nutzen auch weiterhin das Kurzarbeitergeld um ihre Beschäftigten zu halten. Da die Betriebe bis zu drei Monate im Nachgang abrechnen können, liegen verlässliche Daten erst mit einem längeren zeitlichen Verzug vor. Der aktuelle Trend lässt sich am besten an den monatlich neu eingegangenen Anzeigen ablesen. Die Zahl der Anzeigen über konjunkturelle Kurzarbeit ist von November auf Dezember wieder gesunken. Bis zum 27.12.2021 gingen 41 neue Anzeigen für 294 Beschäftigte ein. Im November wurden 57 Anzeigen für 1.573 Beschäftigte eingereicht. (pm)