Am 31. März wurde am Bahnhof Nördlingen eine kleine Bahnrevolution vollendet. Seit diesem Tag hat das neu gebaute elektronische Stellwerk (ESTW) den Betrieb aufgenommen und damit die Bedienung von Weichen und Signalen per Drahtzugtechnik aufs Abstellgleis verbannt.
Nun kontrolliert ein Fahrdienstleiter – heute als Zugverkehrssteuerer bezeichnet – über mehrere Monitore unter anderem 14 Hauptsignale und 17 Weichen im Bereich des Bahnhofs Nördlingen sowie drei Bahnübergängen. Statt wie zuvor auf Drahtzugtechnik zu vertrauen, braucht es jetzt nur noch drei Mausklicks, um eine Weiche umzustellen.
Modernisierung mit langem Anlauf und Hindernissen
Damit gehört das ESTW am Nördlinger Bahnhof zum modernsten Standard der Deutschen Bahn. In der aktuellen Version wurde es erst im vergangenen Jahrzehnt zum Einsatz gebracht. In Nördlingen ersetzt das ESTW zwei alte Stellwerke. Zudem wurden im Rahmen der Modernisierung auch die signaltechnischen Außenanlagen, die Weichenheizung sowie die Stromversorgungs- und Telekommunikationsanlagen an der Strecke erneuert.
Die Planungen dafür begannen bereits im Jahr 2018, mit den eigentlichen Baumaßnahmen konnte allerdings erst 2023 gestartet werden. Der größte Teil davon wurde im vergangenen Jahr absolviert. Ursprünglich hätte das Projekt bereits früher abgeschlossen sein sollen, aufgrund verschiedener Ursachen kam es jedoch immer wieder zu Verzögerungen. Zuletzt fehlte es an Prüfern, um die technische Abnahme der Leit- und Sicherungstechnik vorzunehmen. Nun ist das neue elektronische Stellwerk jedoch vollständig einsatzbereit. Lediglich Restarbeiten am Bahnhof sowie die Modernisierung der Bahnübergänge im Zuständigkeitsbereich sind noch durchzuführen. Die Kosten für das Projekt liegen laut Deutscher Bahn bei 42 bis 45 Millionen Euro.
Gewinn für Bahn und Fahrgast
Eine Investition, die sich aber amortisieren soll. Im Gegensatz zur bisher klassischen Drahtzugtechnik ist das elektronische System weniger wartungsintensiv, was Kosten an Material und Personal einsparen hilft. Zudem wird auch im laufenden Betrieb weniger Personal benötigt. Die Arbeit, die sich zuvor auf Fahrdienstleiter, Weichensteller und Bahnübergangswärter aufgeteilt hat, wird jetzt von einem Zugverkehrssteuerer im elektronischen Stellwerk erledigt. Insgesamt sind für diese Position sechs Mitarbeiter vorgesehen, die sich im Schichtdienst abwechseln. Aktuell sind es noch fünf Zugverkehrssteuerer, der sechste befindet sich gerade in der Ausbildung.
Aber nicht nur die Bahn profitiert von dem modernen System, auch die Fahrgäste dürfen sich freuen. Eine Reduzierung des Bedienungspersonals bedeutet auch weniger Ausfälle durch Krankheiten oder Fachkräftemangel. Dadurch kann mehr Robustheit und Stabilität auf der Strecke garantiert werden – sprich: Die Einhaltung des Fahrplans wird gestärkt.
Mehr Sicherheit im Bahnverkehr
Zudem bedeutet die Modernisierung auch einen Gewinn an Sicherheit. Achszähler haben im neuen System die Strecke ständig unter Kontrolle, während die Strecke zuvor per Augenschein kontrolliert wurde. Dazu müssen bestimmte elektronische Marker bei der Weichenstellung bei der Herausnahme doppelt bestätigt werden. Im mechanischen Stellwerk war nur eine einfache Absicherung vorhanden.
Damit hat die DB InfraGo das DB-Sanierungsprogramm S3 um einen weiteren Schritt vorangetrieben. Im Rahmen des Sofortprogramms Stellwerk, ein Teil des Sanierungsprogramms, sollen 200 Alt-Stellwerke ersetzt werden, mindestens 50 davon noch in diesem Jahr.