Heimat & Tradition

Heraldik - Ein Tor zum Mittelalter

Wappen spielten im Mittelalter eine wichtige Rolle und sind auch heute noch in verschiedenen Bereichen präsent. Bild: Judith Strohhofer
Um sich auf Schlachtfeldern erkennen zu können, trugen Ritter Wappen auf ihren Rüstungen. Daraus entwickelte sich die Heraldik, die bis heute eigenen Regeln folgt. Wir zeigen spannend Gemeindewappen aus dem Landkreis.

Das Bild des Mittelalters ist eng mit dem Ritter verbunden, der jedoch mit der Entwicklung der Ganzkörperrüstung samt Visierhelm zunehmend in der Anonymität verschwand. Dies führte insbesondere auf dem Schlachtfeld zu Problemen. 

Deshalb begannen Ritter in Nordwesteuropa, Zeichen und Symbole auf der Rüstung anzubringen. Im Laufe der Zeit entstanden daraus Regeln, die sich in der ab dem 12. Jahrhundert aufkommenden Heraldik manifestierten. Das Besondere daran: Heraldik ist ein Produkt der westeuropäischen Kultur, das keinerlei Vorbilder hat. Zwar gab es schon in der Antike Feldzeichen, diese waren jedoch nicht an feste Regeln gebunden. Auswirkungen hat dieses Kulturprodukt bis heute, sei es in Form von Familien- oder hoheitlichen Wappen. Sie entsprechen immer noch den Regeln von damals. Selbst die eigene Sprache hat sich als Fachterminologie gehalten. Besonders dürfte hierbei die spiegelverkehrte Betrachtung irritieren. Bei der Beschreibung – Blasonierung genannt – wird das Wappen aus der Sicht des Trägers und nicht des Betrachters benannt. Details auf der vom Betrachter linken Seite des Wappens werden daher als ‚rechts‘ wiedergegeben und andersherum. 

In unserem Spezial stellen wir einige ausgewählte Wappen aus dem Landkreis vor und erklären ihre Entstehung. Dazu gibt es die offizielle Blasonierung gemäß der Staatlichen Archive Bayerns. Diese müssen zur Beratung hinzugezogen werden, will eine Gemeinde ein neues Wappen annehmen.

Zwei Regionen, ein Wappen - das Donau-Ries

Bild: Landratsamt

BLASONIERUNG: Oben in Gold ein wachsender, rot bewehrter, schwarzer Adler; unten gespalten, vorne in Rot ein goldenes Andreaskreuz, hinten die bayerischen Rauten.

GESCHICHTE: Das Wappen wird nach der Zusammenführung der früheren Landkreise Donauwörth und Nördlingen seit 1977 geführt. Der Adler ist das alte Reichssymbol und erinnert an die ehemaligen Reichsstädte Donauwörth und Nördlingen. Das goldene Andreaskreuz wurde dem Wappen der Grafen von Oettingen entnommen, deren Herrschaftsgebiet rund um Nördlingen lag. Die bayerischen Rauten erinnern an die traditionellen Verbindungen des südlichen Landkreises an das Herzogtum Bayern.

Amerdingen und der hl. Vitus

Bild: Amerdingen

BLASONIERUNG: In Blau der golden nimbierte Hl. Vitus in silbernem Gewand mit schwarzem Skapulier, der aus einem goldenen Ölkessel aufwächst.

GESCHICHTE: Das Amerdinger Wappen gilt seit 1959. Der Hl. Vitus hatte als Patron der Pfarrkirche Amerdingens bereits eine Verbindung zur Gemeinde. Der Kessel erinnert an das Martyrium des Heiligen, der es ablehnte, seinem christlichen Glauben abzuschwören und deswegen von Kaiser Diokletian in siedendes Öl geworfen wurde. Seine Heiligkeit wird durch den Nimbus symbolisiert. Zudem wird der Hl. Vitus mit einem Skapulier dargestellt. Oft als Ordensgewand bekannt, ist das Skapulier hier jedoch rein geistlicher Natur, da der Hl. Vitus nie einem Orden angehörte. Die Schildfarben kommen aus den Wappen der Pfalzgrafschaft Pfalz-Neuenburg und Grafschaft Oettingen. Amerdingen liegt an der historischen Grenze dieser Herrschaftsgebiete.

Hainsfarth und der deutsche Orden

Wappen der Gemeinde Hainsfarth Bild: Gemeinde Hainsfarth

BLASONIERUNG: In Blau ein goldenes Segelboot mit silbernem Segel, darauf ein durchgehendes schwarzes Tatzenkreuz.

GESCHICHTE: Das Wappen von 1959 lehnt sich an ein altes Siegel aus dem Jahr 1810 an. Der genaue Ursprung des Schiffs für Hainsfarth ist nicht bekannt, allerdings wird vermutet, dass damit auf den zweiten Namensteil angespielt werden soll. Mit dem Tatzenkreuz wird die enge Verbindung zum Deutschen Orden symbolisiert. Dieser hatte bereits im 13. Jahrhundert Besitzungen im Ort.

Zwei Bärenpranken für Maihingen

Wappen Maihingen Bild: Maihingen

BLASONIERUNG: In Rot ein durchgehender goldener Schragen, belegt mit einem silbernen Schild, darin zwei schräg gekreuzte, golden bewehrte rote Bärenpranken.

GESCHICHTE: Das Wappen führt die Gemeinde seit 1959. Die goldenen Schragen auf rotem Feld stehen für die ehemalige Herrschaft der Grafen von Oettingen über Maihingen. Darauf liegt ein Herzschild, ein mittig aufgelegtes, kleineres Wappenschild. Die Bärenpranken erinnern an das Wappen des ehemaligen Ortsadels der Edlen von Maihingen, die als Vasallen Oettingens die Gemeinde verwalteten.

Ein rätselhafter Stern über Monheims Mond

Bild: Monheim

BLASONIERUNG: In Blau ein steigender, gesichteter, goldener Halbmond, überhöht von einem goldenen Stern.

GESCHICHTE: Das Monheimer Wappen wird bereits seit dem 14. Jahrhundert geführt. Die Ursprünge sind nicht mehr überliefert. Der Stern wird als Zeichen für die Brauereien in Monheim vermutet, die bereits 1262 erwähnt werden. Als Zunftzeichen der Brauer galt der Brauerstern, ein Stern mit sechs Zacken. Da dieser auch die Ausgabestelle des Haustrunks einer Brauerei markierte, führen heute noch viele Gaststätten den „Stern“ im Namen. Auch der Mond ist nicht mehr eindeutig erklärbar. Eine Theorie vermutet, dass die Mondsichel auf die Ehe zwischen einem Grafen von Cimbern aus dem Zabergau sowie einer Freifrau von Monheim im 12. Jahrhundert hinweist. Dieser Graf hatte demnach den Mond im Wappen. Eine andere Theorie besagt, dass es sich um ein redendes Wappen für den Ortsnamen handelt, das fehlgedeutet wurde. Sicher ist jedoch: Lange Zeit waren die Figuren rot und das Wappen silbern, die Farben der Grafen von Oettingen. Erst im 19. Jahrhundert kam es zum Farbwechsel.

Das Huisheimer Wappen

Bild: Huisheim

BLASONIERUNG: In Gold über einem linksgewendeten Kopf mit rotem Kragen, rotem Ohrring und roter Krone ein blauer gekrönter Großbuchstabe K, der von einem roten Halbmond und einer roten heraldischen Lilie beseitet ist.

GESCHICHTE: Das Wappen von 1997 soll die Geschichte der beiden Orte Huisheim und Gosheim darstellen. Das gekrönte ‚K‘ verweist auf das einstmals bedeutende Kloster Kaisheim, das unmittelbar dem Reich unterstand. Zur besseren Unterscheidung vom Originalwappen der Abtei hat man die Farben Blau und Gold jedoch umgedreht. Der Halbmond und die Lilien stammen aus dem Wemdinger Wappen. Der Kopf steht für das Freisinger Hochstift, unter dessen Herrschaft Gosheim über 1000 Jahre stand. Er symbolisiert den Hl. Mauritius, der im dritten Jahrhundert die Thebaische Legion Roms geführt haben soll. Deren christliche Legionäre haben sich der Legende nach geweigert, Christen zu bekämpfen und sind ohne Gegenwehr in den deswegen von Kaiser Maximilian befohlenen Märtyrertod gegangen. Seit dem vierten Jahrhundert gilt Mauritius als Schutzheiliger des Heeres sowie der Waffenschmiede.

Fremdingen und der Kettenheilige

Wappen Fremdingen Bild: Gemeinde Fremdingen

BLASONIERUNG: In Gold der rot nimbierte Kopf des Hl. Leonhard mit schwarzem Halskragen, umgeben von einer blauen Kette, an der unten ein Schloss hängt.

GESCHICHTE: Seit der Einführung 1959 ziert der Kopf des Hl. Leonhard das Wappen Fremdingens. Die am Ortsrand stehende katholische Kapelle ist diesem Heiligen gewidmet. Als Zeichen dafür ist unterhalb des Dachs eine Kette gespannt. Leonhard, auch als „Kettenheiliger“ bezeichnet, soll während seines Wirkens im 6./7. Jahrhundert viele Gefangene durch Gebete befreit haben. Daher wird er von einer Kette samt Schloss umrahmt. In späteren Zeiten wurde die Kette oft falsch als Viehkette gedeutet, weswegen er als Schutzpatron für Vieh gilt. Im landwirtschaftlich geprägten Bayern wurden ihm daher die Spitznamen ‚bayerischer Herrgott‘ und ‚Bauerngott‘ verliehen.

Niederschönenfelds Meerjungfrau

Bild: Niederschönenfeld

BLASONIERUNG: Gespalten, vorne fünfmal geteilt von Gold und Blau; hinten in Blau eine golden gekrönte natürliche Meerjungfrau mit goldenem Fischschwanz und goldenen Haaren, in den Händen drei goldene Ähren haltend.

GESCHICHTE: Nach dem Zusammenschluss der Gemeinden Feldheim und Niederschönenfeld wird das Wappen seit 1982 geführt. Da beide Gemeinden historisch dem Herrschaftsgebiet der Grafen von Lechsgemünd-Graisbach angehörten, entschied man sich auf der einen Seite für die blau-gelben Streifen des Familienwappens. Die Meerjungfrau stammt aus dem Wappen der Äbtissin Euphemia Fatiga. Diese hatte den Wiederaufbau des Kloster Niederschönenfeld nach dem Dreißigjährigen Krieg organisiert und zugleich den alten Standort durchgesetzt, weswegen sie als zweite Klostergründerin verehrt wird. Die drei Ähren in der Hand der Meerjungfrau sind ein redendes Element, das den Ort Feldheim betont.

Übersicht der vorkommenden Heraldikbegriffe

BEWEHRT: Bewehrung sind Körperteile wie Krallen, Hörner, Zähne, Schnäbel, Hufe oder Mähnen. Diese werden oft in anderer Farbe dargestellt und entsprechend bezeichnet.

FEHLGEDEUTET: Ein Wappen oder Teil davon, das im Laufe der Zeit eine andere Bedeutung als ursprünglich beabsichtigt annimmt.

GESICHTET: Darstellung mit einem menschlichen Antlitz, auch gebildet genannt.

GESPALTEN: Eine senkrechte Teilung des Wappenschilds. Findet diese nur teilweise statt, wird sie um einen Zusatz wie ‚oben‘ oder ‚unten‘ ergänzt. Handelt es sich um eine waagrechte Schildteilung, nennt man dies geteilt.

NIMBIERT: Der Nimbus ist der Heiligenschein, der in der Heraldik gern golden dargestellt wird, um das Göttliche zu betonen.

REDENDES WAPPEN: Das Wappen weist direkt oder bilderrätselartig auf den Namen des Inhabers hin. Zumeist wird dies durch eine Figur dargestellt.

SCHRAGEN: Ein durchgehendes Andreaskreuz, das die vier Ecken der Schildfläche berührt.

VORNE, HINTEN: Da Wappen oft auf Schilden abgebildet wurden und die meisten Menschen Rechtshänder sind, wurde das Schild in der linken Hand getragen, weshalb die ‚heraldisch rechte‘ Seite nach vorne zeigt. ‚Heraldisch links‘ wird als ‚hinten‘ bezeichnet.

WACHSEND/AUFWACHSEND: Eine nur teilweise dargestellte Figur.

Dieser Artikel ist in der blättle Ausgabe 58 September/Oktober 2024 erschienen und ist auch in unserem Webkiosk als E-Paper verfügbar. 

Redakteur. Unterwegs für blättle und online. Geboren in Augsburg ist er über Freiburg, Wien und München endlich im schönen Donau-Ries angekommen. Hier hat er besonders die Themen Kunst, Kultur, Geschichte und Sport im Blick.

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