21. Dezember 2021, 08:46
Abschlusskonzert

Anders als gewohnt

Bild: Dollmann
Sowohl der Ort, nämlich der Stadtsaal Klösterle, als auch die Art des Jahresabschluss-Konzertes der Nördlinger Knabenkapelle waren ganz anders als sonst. Nur zwei Dutzend Zuschauer, darunter Oberbürgermeister David Wittner und Hauptamtsleiter Peter Schiele, sowie die Eltern der ausscheidenden Buben, konnten das Konzert live miterleben. Für alle anderen wurde es als Live-Stream übertragen. Doch das tat dem Ganzen keinen Abbruch.

Seit 1924 habe die Nördlinger Knabenkapelle Tausende von jungen Musikern ausgebildet, so Wittner in seiner Begrüßungsrede. Nachdem im letzten Jahr das Jahresabschluss-Konzert coronabedingt ausfallen musste, hätte man den Buben heuer einen großen Auftritt mit vielen Zuschauer*innen und tosendem Applaus mehr als gegönnt. Es sei erfreulich, dass es trotz erschwerter Bedingungen auch wieder viele Neuanmeldungen gegeben habe. Der Oberbürgermeister bedankte sich bei allen Spendern und Gönnern, die das musikalische Aushängeschild der Stadt tatkräftig unterstützen und appellierte für Zusammenhalt statt Abstand. „Es schwinden jedes Kummers Falten, so lang des Liedes Zauber walten.“ Mit diesem Zitat Friedrich Schillers wagte Wittner einen Blick auf das Jahr 2022, in dem es hoffentlich wieder ein Stabenfest, eine Mess' und das historische Stadtmauerfest geben wird, bei dem die Knabenkapelle dann auch wieder in gewohnter Manier spielen kann.

Moderation und Dirigat

Normalerweise führen die Musiker des Vorstufenorchesters und des großen Blasorchesters mit ihren charmanten und pfiffigen Moderationen durch das Programm, das traditionell mit dem Einmarsch des Trommler-Korps beginnt, was heuer auch nicht der Fall war. Diesmal fungierte Stadtkapellmeister Oliver Körner als Dirigent und Moderator. Den Auftakt bildete der „Regimentsgruß“ von Heinrich Steinbeck. Der Marsch des Meersburger Komponisten ist oft Bestandteil des großen Zapfenstreiches.

Schwungvoll – dynamisch – leidenschaftlich

Tokyo Adventure“ von Luigi die Ghisallo entführte das Publikum nach Japan. Wie Körner erläuterte, komponierte der Niederländer Cornelius (Kees) Vlak, je nach Genre, unter diversen Pseudonymen, wie z. B. Robert Allmend, Llano, Alfred Bösendorfer und Dick Ravenal. Mit dieser Komposition, übrigens Pflichtstück des Oberstufen-Wettberbes des ASM (Allgäu-Schwäbischer-Musikbund), konnte die Knabenkapelle in ihrer ganzen Bandbreite brillieren.

Das nächste Stück, „Highlights from the Lion King“ habe er als 13-Jähriger selber auf der Klarinette gespielt und deshalb ganz bewusst zu den Probentagen im September mitgenommen, erklärte Körner. Allerdings sei es damit noch lange nicht getan. „Es waren auch viele Register- und Einzelproben nötig, und nicht zuletzt das Üben daheim...“, so der Stadtkapellmeister, „... bis, wie in allen Disney-Filmen üblich, am Ende alles gut wird.“ Nicht umsonst lautet einer seiner Lieblingssprüche: „Üben hilft“.

Unter dem Original-Titel „Melting Giants“ veröffentlichte der Südtiroler Komponist Alfred Kofler für den 5. Österreichischen Jugend-Blasorchester-Wettbewerb 2011 die „Schmelzenden Riesen“. Das Stück beginnt majestätisch, nimmt während einer Schlittenhundefahrt Tempo auf, dramatisiert im Klagelied der Eisberge und findet dann ein optimistisches Ende. Auch hier zeigten alle Register ihr Können von den ganz leisen bis zu den ganz lauten Tönen.

Der erste Auftritt vor großem Publikum

Unter Leitung von Moritz Lechner hatte das Vorstufenorchester „endlich mal“ seinen großen Auftritt. Lechner, ein „Eigengewächs“ der Knabenkapelle, ist Hornist in der Stadtkapelle und studiert in Augsburg auf Lehramt. Für die Hälfte der 35 Buben war es der erste Auftritt vor Publikum. Die anfängliche Aufregung wich jedoch schnell der Spielfreude. Nicht unter Pseudonym  sondern unter seinem Geburtsnamen komponierte Kees Vlak „Woodpeckers Parade“. Weihnachtlich wurde es mit „Feliz Navidad“ von José Feliciano. Richtung Big Band Soung ging dann das dritte Stück „Jus' Plain Blues“ von Michael Sweeny.

Werbung in der Umbaupause

Die gewohnte Pause, in der man sich bei einem Gläschen unterhalten konnte, gab es den Umständen entsprechend nicht. So nutzte Körner die Zwischenzeit, bis das große Orchester wieder am Platz war, und stellte den neuen Flyer der Knabenkapelle vor.

Mit Urkunde und Ehrennadel wurden er sowie Pascal Beck, Jonas Heinrich, David Kuhberger, Philipp Rothgang, Martin Ruf und Simon Schröter aus den Diensten der Knabenkapelle entlassen. Bild: Dollmann

Verabschiedung der Mitglieder des großen Blasorchesters

Bevor die Mitglieder der großen Blasorchesters verabschiedet wurden, gab es noch einmal Filmmusik. „Allerdings für einen nicht-existierenden Film, hat Alexander Reuber, der bei keinem Geringeren als Filmmusikpapst Hans Zimmer gelernt hat, dieses Stück komponiert“, so Körner. Den einzigen Solo-Auftritt spielte in diesem Jahr das komplette Saxophon-Register: „Sax Wind and Funk“ arrangiert von Stefan Schwalgin.

Bereits im letzten Jahr wären vier Buben verabschiedet worden. Allerdings verließ nur Otto Philipp Christ tatsächlich das Orchester. Die anderen drei verlängerten um ein weiteres Jahr. Mit Urkunde und Ehrennadel wurden er sowie Pascal Beck, Jonas Heinrich, David Kuhberger, Philipp Rothgang, Martin Ruf und Simon Schröter aus den Diensten der Knabenkapelle entlassen. Anders als sonst üblich, verzichtete der Stadtkapellmeister bewusst darauf, die Ausscheider mit kurzem Werdegang namentlich zu erwähnen. Vielmehr lobte er die Kapelle als Ganzes und erwähnte, dass u.a. privat ein Sprinter organisiert wurde, um die Fahrten des städtischen Wagens zu reduzieren, es wurde spontan Pizza besorgt, ohne Murren erfolgte der Umstieg auf ein anderes Instrument, weil es in einem Register fehlte und das alles, ohne Zutun der Erwachsenen. Vielmehr sei dies der Verdienst der Älteren, die es an die Jüngeren weitergeben. Zusammenhalten sei die Devise.

Traditioneller weihnachtlicher Abschluss

„A holly jolly Christmas Medley“, arrangiert von Stefan Schwalgin habe ihn aus seinem Dilemma befreit, erzählte Körner in seiner Anmoderation. Spätestens zum 1. Advent sollten die Vorbereitungen auf Weihnachten laufen, denn natürlich wollen die Musiker daheim „Etwas“ vorspielen. Doch nach dem 15. Mal Einzelunterricht und „Ihr Kinderlein kommet“, „Oh Du Fröhliche“, und „Morgen kommt der Weihnachtsmann“, hängen ihm diese Lieder zum Hals raus, sagte er wörtlich. Nach dem Weihnachstmedley im Big-Band-Sound gab es natürlich auch noch zwei Zugaben in traditioneller Weise: „Tochter Zion“ und „Fröhliche Weihnacht überall“. Mit tosendem Applaus und Standing Ovation wurden die Musiker belohnt. Ein großes Lob gab es auch für die Technik, die für die reibungslose Übertragung gesorgt hatte. Wie unsere Redaktion erfahren hat, fanden in diversen Wohnzimmern unter Einhaltung der Corona-Regeln versteht sich, gemeinsame Konzertabende statt.