Von Montag bis Mittwoch stand das Gewölbe des Nördlinger Rathauses ganz im Zeichen des Bäckerhandwerks. Bäckermeister Manfred Stiefel, offizieller Tester des Deutschen Brotinstituts e.V., nahm Brot, Semmeln und Stollen aus der Region unter die Lupe und verteilte Urkunden für die geprüften Backwerke.
Am Dienstag und Mittwoch konnte ihm dabei die Öffentlichkeit über die Schulter schauen, wobei am Dienstag Brote und Semmeln getestet wurden, am Mittwoch waren dann die weihnachtlichen Stollen an der Reihe. Grundsätzlich war Stiefel mit den abgelieferten Backwaren mehr als zufrieden. „Das Sortiment ist sehr erfreulich, eine sehr gute Qualität“, bestätigte er im Gespräch mit unserer Redaktion und fügte mit einem Lachen hinzu: „Das macht Spaß.“
Der Tester als Versicherung für Bäcker und Kunden
Dieser Meinung schloss sich auch Rupert Diethei, Obermeister der Bäckerinnung Nordschwaben, an. „Wir haben sehr schöne Backwaren hier. Das zeigt unsere hohe handwerkliche Qualität. So müssen wir uns auch abheben von den Industriebäckern.“ Doch nicht nur die Eigenwerbung hob Diethei hervor, auch die Bedeutung solcher Veranstaltungen für die Weiterentwicklung des Handwerks war dem Obermeister ein Bedürfnis. „Der Prüfer führt uns eventuelle Fehler vor Augen und so können wir uns verbessern. Daher ist das für uns auch eine Art Versicherung, dass wir gute Ware anbieten können.“
Insgesamt wurden am Dienstag 38 Brot- und 28 Semmelsorten getestet. Dazu kamen am Mittwoch nochmal über 30 Stollen. Die eingereichten Backwaren stammten zum überwiegenden Teil von Mitgliedsbetrieben der Bäckerinnung. Erstmal konnten in Nordschwaben jedoch auch Privatleute Backwaren zum Testen einreichen. Weggeschmissen wird übrigens nichts. Was nicht getestet oder von Schaulustigen verkostet wurde, geht an die Nördlinger Tafel.
Eine Visitenkarte der Nördlinger Genusswelt
Begeistert von den zahlreichen Beispielen der Backkunst im Gewölbe des Rathauses zeigte sich auch David Wittner. „Das zählt zu den schönsten Terminen“, gestand Nördlingens Oberbürgermeister. „Dafür ist nicht nur das, was man sieht, verantwortlich, sondern auch die Gerüche, die positive Emotionen wecken.“
Es ist zudem eine Art Visitenkarte der Nördlinger Genusswelt. Zwar gibt es bei den Bäckereien ebenfalls zahlreiche Probleme von Facharbeitermangel über Energiepreise bis geändertes Kaufverhalten. Aber „zum Glück gibt es bei uns noch diese Handwerksbäckereien“, sagte Wittner.
900 bis 1000 Stollen im Jahr
Und zum Glück gibt es auch Tester wie Manfred Stiefel. Der Bäckermeister aus Konstanz ist das ganze Jahr über in Bayern und Baden-Württemberg unterwegs. Allein an Stollen prüft er in der Vorweihnachtszeit 900 bis 1000 Exemplare auf ihre Qualität. Dabei achtet er stets auf die fünf Hauptkriterien Form/Aussehen, Krusteneigenschaft, Krume (Brotinneres, Füllung), Struktur/Textur, Aroma (Duft/Geschmack).
Gerade der traditionelle Stollen beinhaltet sehr viele, hochwertige Zutaten. „Die will man alle wahrnehmen, weil es das ist, was einen Stollen ausmacht.“ Stiefel selbst, der als Prüfer natürlich neutral ist, bevorzugt privat traditionelle Stollen wie Butter- und Früchtestollen. Aber auch moderne Stollen mit Erdbeeren oder anderen Inhalten haben ihre Daseinsberechtigung. „Die Zeiten ändern sich halt.“