Die erste Mahd wird jedes Jahr zur Todesfalle, denn die Ernte fällt mit der Brut- und Setzzeit von Rehkitzen, Junghasen und Wiesenbrütern zusammen, die insbesondere in Wiesen ihren Nachwuchs sicher wähnen. Ihre Überlebensstrategie, das „Drücken“ schützt Kitze und Junghasen vor Fuchs, Raben- und Greifvögeln, aber nicht vor dem Kreiselmähwerk.
Jäger fordern mehr Verantwortung
Wenn die Bauern jetzt im Mai mit der Futterernte beginnen, fallen den riesigen Maschinen jedes Jahr abertausende Rehkitzen, kleinen Hasen und Bodenbrütern zum Opfer. Diese werden „vermäht“ - grausam verstümmelt oder getötet.
Der Jägervorstand des Jagdverbandes Donauwörth, Albert Reiner und Robert Oberfrank skizziert das Problem wie folgendermaßen: „Die Jungtiere haben keinen Fluchtinstinkt. Sie laufen auch bei großer Gefahr nicht weg, sondern drücken sich instinktiv in ihr Versteck. Maschinen mit großer Arbeitsbreite fahren oft mit hoher Geschwindigkeit über die Felder. Da haben die Tiere keine Chance mehr.“
Tierleid verhindern
Auch die Landwirte sind sehr bemüht Unglücke zu verhindern – unnötiges Tierleid will keiner. Und – Sie haben ein juristisches Problem: Denn Sie verstoßen gegen das Tierschutzgesetz, wenn sie Jungtiere bei der Mahd verstümmeln oder töten, ohne im Vorfeld versucht zu haben, dies zu verhindern. Ihnen drohen hohe Strafen.
Wiesenmahd als Todesfalle - Verantwortung für Wildtiere übernehmen
Deshalb appelliert Jägervorsitzender Oberfrank an das Verantwortungsgefühl bei den Landwirten: „Effektive Wildtierrettung beginnt bereits vor der Mahd“, so der Vorsitzende. „Nur wenn die Landwirte die Mähtermine für Silage und Grünroggen zur Biomasseproduktion rechtzeitig mitteilen und abstimmen, hat der Jagdpächter die Möglichkeit, Wildscheuchen aufzustellen und die Wiesen und Felder nach Jungwild abzusuchen.“
Seit vielen Jahren unterstützen Jäger traditionell Landwirte, um zu verhindern, dass Kitze im Zuge des ersten Wiesenschnittes vermäht werden. Dabei versuchen Jäger, die in den Wiesen gesetzten Kitze vor dem Mahdtermin zu finden und in Sicherheit zu bringen. Eine Aufgabe, die rein rechtlich, ausnahmslos im Verantwortungsbereich des Landwirtes liegt.
Von Jägern gefundene Kitze werden in gut belüfteten Kartons oder Kisten auf ein Graslager gelegt und nachdem die Wiese gemäht ist wieder freigelassen. Oft werden die Kitze bei dieser Gelegenheit mit einer Ohrmarke versehen, um so weitere Erkenntnisse für die Wildtierforschung zu gewinnen. Die Geißen nehmen die mit Handschuhen und Gras aufgenommenen Kitze später problemlos wieder an.
Konventionelle Methoden nur begrenzt erfolgreich
Bedauerlicher Weise sind konventionelle Methoden, wie das Ablaufen der Wiesen, das Absuchen der Flächen mit einem geeigneten Hund oder auch Vergrämungsmaßnahmen, meist das Aufstellen von Scheuchen am Vorabend der Mahd, nur begrenzt erfolgreich. Es werden immer noch viele Kitze und Jungtiere auf den teils riesigen Feld- und Wiesenschlägen übersehen.
So geht’s richtig – Hinweise für den Landwirt
Aber auch mit der richtigen Mähstrategie können viele Wildtiere vor dem Mähtod gerettet werden.
- Mähstrategie: Beim Grünlandschnitt sollte die Wiese grundsätzlich von innen nach außen gemäht werden, damit Rehe, Hasen und Bodenbrüter, während der Mahd noch die Möglichkeit zur Flucht haben. In Nordrhein-Westfalen ist dies mittlerweile eine gesetzliche Verpflichtung.
- Schnitthöhe: Je höher der Schnitt, desto geringer sind die Verluste bei den Jungtieren, die sich auf den Boden drücken und bei Bodenbrütern. Bei der Ernte von Grünroggen für die Biogasanlage hat sich eine Schnitthöhe von 15 bis 20 Zentimetern in der kritischen Aufzuchtzeit bewährt. Von einer höheren Schnitthöhe profitieren Bodenbrüter, aber auch bodennah lebende Insekten, Nager und Amphibien
- Vergrämung: Elektronische Wildscheuche (entweder zur Montage am Mähwerk oder stationär am Wiesenrand) die unterschiedliche Töne, wie Menschenstimmen, Musik oder Geräusche in unterschiedlicher Lautstärke aussenden versprechen Erfolg
Aktuell unterstützt der Jagdverband Donauwörth durch eine Sammelbestellaktion von „elektronischen Kitzrettern“ die örtlichen Jäger, so Jägervorstand Albert Reiner.
Tierrettung aus der Luft
Inzwischen gibt es mit dem Einsatz von Drohnen die Möglichkeit, zumindest die Suche nach Kitzen, effizienter und zuverlässiger durchzuführen.
Auch im Landkreis wird dies praktiziert. Überfliegt doch beispielsweise der Förderverein Kitzrettung Wemding-Gosheim mit Hilfe einer Drohne, die mit einer Wärmebildkamera und einem Bildübertragungssystem ausgestattet ist, betroffenene Wiesen. Über die Wärmebildkamera können in den frühen Morgenstunden, bevor die Sonneneinstrahlung zu intensiv wird und den Boden erwärmt, die Kitze deutlich und zuverlässig erkannt werden. Hier können jeweils Streifen von bis zu ca. 60 m Breite zügig abgesucht werden. An einem Morgen bis zu ca. 30-40 ha. Die Jungtiere auf den Wiesen werden so schnell gefunden und geborgen. Das Ganze hat aber einen stolzen Preis und somit seine Grenzen: Der Systempreis pro Drohne beträgt je nach Ausführung inklusive Zusatzakkus und Zubehör zwischen 9.000 und 12.000 Euro. (pm)