Richard Paul, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Donauwörth, blickt auf die Entwicklung des Arbeitsmarktes im Jahr 2020 zurück: „Wir haben ein recht turbulentes Jahr 2020 hinter uns. Nachdem einzelne Wirtschaftsbereiche bereits von konjunkturellen Problemen und strukturellen Veränderungen betroffen waren, hatte uns die Corona-Pandemie ab März fest im Griff.“
Im Jahresdurchschnitt liegt die Arbeitslosenquote im Landkreis Donau-Ries bei 2,2 Prozent und damit um 0,6 Prozentpunkte über dem Vorjahreswert. Durchschnittlich waren 1.725 Personen arbeitslos gemeldet. Das sind 485 mehr als im Jahr 2019 (plus 39,1 Prozent).
„Thema Nummer 1 war vergangenes Jahr die Kurzarbeit. Sie trägt in einem nie dagewesenen Maße zur Sicherung der Beschäftigung bei. Die Unternehmen halten nach wie vor an ihren Mitarbeitern fest. Die Krise hat aber auch ihren Preis. Im Jahr 2020 zahlte die Agentur Donauwörth im gesamten Agenturbezirk beachtliche 73 Millionen Euro für Kurzarbeitergeld aus und es wurden über 54 Millionen Euro Sozialversicherungsbeiträge erstattet. Ein Jahr zuvor waren es insgesamt lediglich 3,6 Millionen Euro. Diese Entwicklung zeigt, dass Instrumente wie das Kurzarbeitergeld greifen und einen wesentlichen Beitrag zur sozialen Absicherung der Menschen beitragen“ so der Agenturchef weiter.
Auch die Ausgaben für das Arbeitslosengeld I sind um 46,5 Prozent gestiegen. Im gesamten Jahr 2020 wurden fast 67 Millionen Euro Arbeitslosengeld I ausbezahlt. „Der Bedarf an Arbeitskräften ist rückläufig. Branchen, die unmittelbar von den Beschlüssen zum Lockdown betroffen waren und sind, haben deutlich weniger Stellen gemeldet. Neben den Auswirkungen der Krise gilt es den Transformationsprozess zu meistern. So ging die Nachfrage nach Arbeitskräften um rund ein Drittel zurück. Auch die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ist im Jahresvergleich erstmals leicht rückläufig. Dass die Beschäftigung nicht einbrach und die Arbeitslosigkeit nicht noch stärker stieg verdanken wir der Kurzarbeit, die wie als Stabilisationsfaktor wirkt“, sagte Paul.
Arbeitslosigkeit nach Personengruppen
Männer waren im vergangenen Jahr mehr von Arbeitslosigkeit betroffen als Frauen. Im Jahresdurchschnitt stieg die Arbeitslosigkeit von Männern um 283 oder 42,9 Prozent; bei Frauen um 202 oder 34,7 Prozent. Bei den jüngeren Arbeitslosen unter 25 Jahren stieg die Arbeitslosigkeit um 88 (oder 68,7 Prozent) auf 215 Personen.
Im Jahr 2020 waren durchschnittlich 652 Menschen im Alter ab 50 Jahren gemeldet, 155 (oder 31,1 Prozent) mehr als vor einem Jahr. Die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen mit Behinderung stieg um 32 (oder 21,8 Prozent) auf 179. Einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um 140 oder 50,4 Prozent auf 417 gibt es außerdem bei den ausländischen Personen und bei den Langzeitarbeitslosen um 41 oder 20,6 Prozent auf 241 zu verzeichnen.
Viel Bewegung auf dem Arbeitsmarkt
Der Arbeitsmarkt ist ständig in Bewegung. Im Verlauf des Jahres meldeten sich 6.674 Menschen arbeitslos, davon kamen 3.327 aus einer Beschäftigung. Im Gegenzug konnten sich 6.164 aus der Arbeitslosigkeit abmelden, davon nahmen 2.432 eine Erwerbstätigkeit auf.
Arbeitslosigkeit in Versicherung stieg stärker als in der Grundsicherung
Beim Jobcenter Donau-Ries waren durchschnittlich 536 Menschen arbeitslos gemeldet, das entspricht knapp einem Drittel aller Arbeitslosen. Hier ist ein Anstieg um 99 Personen (plus 22,8 Prozent) zu verzeichnen. Deutlich stärker war der Anstieg im Bereich der beitragsfinanzierten Arbeitslosenversicherung. Bei der Agentur für Arbeit stieg die Zahl der Arbeitslosen um 47,9 Prozent (plus 385) auf 1.190.
Arbeitskräftenachfrage stark rückläufig
Der Personalbedarf der Betriebe war wesentlich niedriger als in den Vorjahren. Im Jahr 2020 waren durchschnittlich 1.272 offene Stellen gemeldet. Das sind 461 oder 26,6 Prozent weniger als im Jahr 2019.
Auch der Neuzugang von Stellen ist im Vergleich zum Vorjahr rückläufig. Im gesamten Jahresverlauf wurden 2.653 Arbeitsstellen zur Besetzung gemeldet, 1.827 oder 40,8 Prozent weniger als vor einem Jahr.
Branchenabhängige Beschäftigungsentwicklung
Nach den aktuellsten Daten vom Juni 2020 standen zu diesem Zeitpunkt 63.342 Menschen im Landkreis Donau-Ries in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis. Die Beschäftigung stieg im Vergleich zum Vorjahr um 628 bzw. 1,0 Prozent.
„Vor allem im Bereich des verarbeitenden Gewerbes, Metall-, Elektro- und Stahlindustrie, Herstellung überwiegend häuslich konsumierter Güter, öffentliche Verwaltungen, Herstellung von Vorleistungsgütern und im Baugewerbe stieg die Beschäftigung im Vergleich zum Vorjahr. Der Beschäftigungsrückgang traf vor allem die Arbeitnehmerüberlassung, das Gastgewerbe sowie den Bereich der sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (ohne Arbeitnehmerüberlassung). Auch im Zeitalter der Digitalisierung und der Transformation werden wir nicht weniger Arbeit haben, die Arbeit verändert sich jedoch. Langfristig kämpfen wir gegen den Fachkräftemangel. Um Unternehmen dabei zu unterstützen, setzen wir stark auf die Qualifizierung von Beschäftigten. Wir unterstützen Arbeitgeber und Beschäftigte und helfen Unternehmen mit der Weiterbildungsförderung, sich zukunftsorientiert aufzustellen. Wer gut qualifiziert ist, hat weiterhin beste Chancen auf dem Arbeitsmarkt“, sagt Paul abschließend.
Arbeitsmarkt im Dezember 2020
„Zum Jahresende nahm die Arbeitslosigkeit im Landkreis Donau-Ries geringfügig ab. Pandemie- bzw. witterungsbedingte Einflüsse waren so gut wie nicht spürbar. Die Dezemberdaten zeigen damit ein stabiles Bild. Zu beachten ist, dass der Datenabgriff zur Monatsmitte und damit vor dem Beginn des erneuten Lockdowns erfolgte“, resümiert Richard Paul die Entwicklung.
Im Dezember erreichte die Arbeitslosenquote, wie bereits im November, den Wert von 2,2 Prozent. Im Vorjahr betrug sie 1,6 Prozent. Aktuell sind 1.722 Menschen ohne Arbeit, fünf weniger als vor einem Monat und 438 mehr als vor einem Jahr.
Gut 70 Prozent aller Arbeitslosen sind bei der Arbeitsagentur gemeldet, circa 30 Prozent beim Jobcenter. Der Bestand an offenen Arbeitsstellen liegt derzeit bei 1.779. Im Dezember wurden dem Arbeitgeber-Service 239 neue Stellen gemeldet.
Kurzarbeit
„Die Entwicklung der Anzeigen für konjunkturelle Kurzarbeit lässt weiterhin die Auswirkungen der Corona Krise auf den Arbeitsmarkt erkennen. Einhergehend mit den aktuellen Lockdown-Beschränkungen ist wieder ein deutlicher Anstieg der Anzeigen im Vergleich zu den Vormonaten erkennbar. Im Dezember gingen 109 Anzeigen für 1.065 Personen ein; im November waren es noch 55 Anzeigen für 848 Beschäftigte“, berichtet der Donauwörther Agenturleiter.
Statistische Ergebnisse über die tatsächlich realisierte Kurzarbeit als Hochrechnung liegen auf Landkreisebene bis Juli dieses Jahres vor. Demnach ergeben sich 432 Betriebe und 5.960 Personen in Kurzarbeit und eine Kurzarbeiterquote von 9,4 Prozent. Aufgrund der Gültigkeitsdauer der Anzeigen von zwölf Monaten kann die realisierte Kurzarbeit die angezeigte Kurzarbeit übersteigen. (pm)