Bereichsübergreifende Tätigkeiten, die aus der Aufnahme der Flüchtlinge erwuchsen, sind innerhalb der Koordinierungsgruppe abgestimmt worden. Die Leitung dieses Gremiums hatte Maria Kränzler inne, unterstützt wurde sie von ihrem Stellvertreter Helmut Seiler. Ein effektiver Informationsfluss konnte durch die schlanke Organisationsstruktur des Gremiums und deren regelmäßigen Treffen sowie der zweiwöchig stattfindenden Videokonferenzen mit den Oberbürgermeistern, den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie den Kreisrät*innen sichergestellt werden. Innerhalb des Gremiums wurden zunächst sieben Aufgabenbereiche wie etwa Staatliche Unterkünfte/ Notunterkünfte/ Ausländerrecht oder Ehrenamt/ Wirtschaftshilfen mit je einem zuständigen Ansprechpartner, der im alltäglichen Dienstbetrieb die Abteilungs- oder Stabstellenleitung inne hat, definiert. Sie griffen dann entsprechend auf ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurück. Nachdem die Bayerische Staatsregierung den Katastrophenfall auf die Bewältigung der Ukraine-Krise ausgeweitet hatte, wurde die Führungsgruppe Katastrophenschutz aktiviert, die sich aus Beschäftigten der Katastrophenschutzbehörde und anderen Fachbereichen sowie aus Personen der Rettungs- und Hilfsdienste zusammensetzt. Die unmittelbare Notversorgung und -unterbringung der ukrainischen Flüchtlinge war so gewährleistet. Die Koordinierung der anderen Aufgabenbereiche oblag weiterhin der Koordinierungsgruppe.
Zuweisungschaos zu Beginn der Krise
Gerade in den ersten Wochen war die Organisation der Zuweisungen der Schutzsuchenden zum Teil chaotisch. So wurden dem Landkreis zwei Busse mit 100 Personen aus Berlin kommend für die Abendstunden des 22. März 2022 angekündigt. Später hieß es, dass nunmehr ein Bus gegen 22:00 Uhr käme. Nach Mitternacht kamen dann exakt 11 Personen an. Dies sorgte verständlicherweise für Frustration bei einigen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die vor Ort auf die Schutzsuchenden warteten, um sie zu versorgen. Merklich besser wurde die Organisation, nach entsprechender Intervention von Landrat Stefan Rößle und nachdem die Bustransfers über die Regierung von Schwaben gesteuert wurden.
Vor allem Ausländer- und Sozialbehörde waren stark gefordert
Bereits zum 13.04.2022, also 48 Tage nach Beginn des Angriffskrieges waren 1.000 ukrainische Schutzsuchende im Landkreis Donau-Ries angekommen, die es aufzunehmen und zu versorgen galt. Ende Mai/ Anfang Juni lebten knapp 1.300 Personen aus dem Kriegsgebiet der Ukraine hier. Der Landkreis Donau-Ries hatte die bundesweite Aufnahmequote übererfüllt. Zum Vergleich: Derzeit leben 1.142 Schutzsuchende im Landkreis Donau-Ries.
Allen voran die Ausländer- und Sozialbehörde des Landkreises waren bei der Bewältigung der Krise enorm gefordert. So wurden eigene Kräfte aus anderen Abteilungen abgezogen, um bei der Aufnahme der Flüchtlinge zu helfen. Dies hatte zur Folge, dass das Tagesgeschäft in diesen Fachbereichen nicht im gewohnten Umfang abgewickelt werden konnte. Im April noch wurde der zusätzliche externe mittelfristige Personalbedarf in Bezug auf die Ukraine-Krise auf rund 15 weitere Stellen beziffert. Dies relativierte sich im Laufe der Zeit, auch aus Mangel an Bewerbern. Nach derzeitigem Stand ist trotz der personellen Mehrbelastung durch die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs eine Anpassung des Stellenplans 2022 nicht erforderlich.
Der Rückstand bei der Ersterfassung der ukrainischen Schutzsuchenden konnte die Ausländerbehörde im April rasch durch die personelle Unterstützung der Polizeiinspektionen Donauwörth, Nördlingen und Rain sowie der Verkehrspolizeiinspektion Donauwörth im Zweischichtbetreib aufholen.
Des Weiteren musste sehr rasch Wohnraum für die ukrainischen Schutzsuchenden zur Verfügung gestellt werden. Zunächst waren sie in der Stauferhalle in Donauwörth untergebracht. Auch das Blumenhotel in Rain wurde zur Unterbringung angemietet. Nachdem in kürzester Zeit viele Flüchtlinge in Landkreis kamen, wurde zeitweise auch die Neudegger Halle in Donauwörth bewohnt. Vor allem die Nähe zum Krankenhaus und zum Landratsamt in Donauwörth gab den Ausschlag für die beiden Hallen. Eine Auflistung zur Geeignetheit weiterer Hallen im Landkreis lag bereits vor und man hätte bei weiteren Zuweisungen zügig darauf zurückgreifen können. Mittlerweile wurden beide Hallen wieder ihrer ursprünglichen Nutzung zugeführt. Beim Blumenhotel endete der Mietvertrag.
Wertvolle Unterstützung von Vermietern und Ehrenamtlichen
Seit Ende Februar/ Anfang März wurden dem Landratsamt viele Wohnraumangebote von Bürgerinnen und Bürgern aber auch über die Gemeindeverwaltungen mitgeteilt. 10 Mietangebote konnten als staatliche Unterkünfte angemietet werden; acht Verträge stehen noch in der Verhandlung bzw. vor dem Abschluss. Insgesamt wurden dem Landratsamt 145 Privatwohnungen angeboten. Hiervon konnten mittlerweile 65 vermietet werden. 192 Schutzsuchende fanden damit privaten Wohnraum im Landkreis aus den dezentralen Unterkünften heraus. 10 Wohnungen außerhalb des Landkreises konnten an 36 Personen aus den dezentralen Unterkünften vermittelt werden. Weitere 26 Wohnungen wurden direkt an ukrainische Familien vermietet, ohne dass sie in einer staatlichen Unterkunft waren. Zunächst bestand unter den Schutzsuchenden sehr oft die Skepsis „aufs Land“ zu ziehen. Das Landratsamt wurde aber auch von Vermietern kontaktiert, die ihr Angebot aus vielfältigen Gründen zurückzogen.
Erfreulicherweise meldeten sich ab Beginn des Angriffskrieges Ehrenamtliche aus unserem Landkreis, die in vielfältiger Weise unterstützen wollten. Das Engagement reichte von Dolmetschertätigkeiten über die Unterstützung beim Ausfüllen verschiedenster Anträge, Wohnungssuche, Deutschunterricht bis hin zur Arbeitsvermittlung. Insgesamt meldeten sich über 110 Personen. Auch die Spendenbereitschaft innerhalb der Bevölkerung war groß. „Ohne diese engagierten Mitmenschen aber auch die Personen, die Wohnraum zur Verfügung gestellt haben und jene, die bei der Versorgung und Organisation der Notunterkünfte geholfen haben, hätte unser Landkreis diese Herausforderung so nicht stemmen können“, so Landrat Rößle.
Herausforderungen für die Fachbereiche des Landratsamtes bleiben
Der Rechtskreiswechsel ab dem 01.06.2022 stellt für die Asylbewerberleistungsstelle nach wie vor einen großen Arbeitsaufwand dar. Ukrainische Schutzsuchende erhielten bis zu diesem Datum Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Seither beziehen sie Leistungen über das Jobcenter. Dazu gilt eine Übergangsfrist. Um die Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz erstattet zu bekommen, müssen die verschiedensten Kostenstellen durch die Asylbewerberleistungsstelle ausgearbeitet und zur Erstattung angemeldet werden. Aufgrund der Vielzahl der Schutzsuchenden läuft aktuell in diesem Fachbereich noch immer die Abwicklung des Rechtskreiswechsels. Eben dieser löste beim Jobcenter Donau-Ries eine Antragsflut aus. Seit Juni 2022 wurde bereits über den Leistungsanspruch von 390 ukrainischen Familien entschieden, nachdem bislang 471 Familien einen Antrag auf Leistungen gestellt hatten. 500 ukrainische Flüchtlinge wurden in Einzelgesprächen oder Gruppenveranstaltungen unter anderem über Sprachkurse und Berufsanerkennung in Deutschland informiert. Möglichkeiten der Hilfestellung bei der Bewerbung und Arbeitsaufnahme in Deutschland wurden ebenfalls in diesen Gesprächen aufgezeigt. Aktuell betreut das Jobcenter gegenüber dem Zeitraum bis April 2022 ca. 37 Prozent mehr erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Bearbeitungsverzögerungen für leistungsrechtliche Angelegenheiten und Wartezeiten für Termine bei der Arbeitsvermittlung können derzeit nicht verhindert werden.
Die ausländerrechtliche Bearbeitung der vielen Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen wird sich voraussichtlich noch über mehrere Monate hinziehen, zumal die Erweiterung der Personalausstattung in der Ausländerbehörde noch im Aufbau befindlich ist. Viele Schutzsuchende verfügen aktuell nicht über gültige ukrainische Nationalpässe, die beim ukrainischen Generalkonsulat in München beantragt werden müssen. Die Bearbeitungsdauer für die Passbeantragung dürfte ebenfalls mehrere Monate betragen.
Fazit
„Beeindruckend war der Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerhalb der Koordinierungsgruppe und der weiteren Fachbereiche. Viele von ihnen haben eine Vielzahl an Überstunden angehäuft und fachfremd mitgeholfen, wo Unterstützung notwendig war“, resümiert Maria Kränzler.
Abschließend zieht Landrat Stefan Rößle folgendes Fazit: „Die Ukraine-Krise mit sehr vielen Kriegsflüchtlingen hat auch den Landkreis Donau-Ries in vielen Bereichen massiv gefordert. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamtes, auch durch die wertvolle Unterstützung der Städte und Gemeinden sowie der vielen Ehrenamtlichen haben hervorragende Arbeit geleistet.“ Landrat Stefan Rößle möchte aber den Krisenmodus bewusst beenden, obwohl der Fortgang des Krieges und weiterer Flüchtlingsbewegungen ungewiss ist: „Die Herausforderungen im Zusammenhang mit den ukrainischen Schutzsuchenden sind längst nicht abgearbeitet, aber es gehört nun zum Tagesgeschäft, wie es auch bei Corona mittlerweile der Fall ist. Bleibt zu hoffen, dass mit der Klima- und Energiekrise nicht bald schon wieder auf Krisenmodus umgeschaltet werden muss.“ (pm)