Besonders betroffen ist das Gastgewerbe: Hier gingen in den vergangenen zwei Jahren seit Beginn der Pandemie 370 Minijobs verloren – ein Einbruch von 19 Prozent. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit. Die NGG beruft sich hierbei auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit.
Kritik an neuer geplanter Verdienstgrenze bei Minijobs
"450-Euro-Kräfte zählen zu den Hauptverlierern der Pandemie. Von der Küchenhilfe im Restaurant bis zur Verkäuferin an der Bäckereitheke – viele Minijobber leben in ständiger Angst, gekündigt zu werden. Dabei haben sie weder Anspruch auf das Arbeitslosen- noch auf das Kurzarbeitergeld", kritisiert Tim Lubecki, Geschäftsführer der NGG-Region Schwaben. Der Gewerkschafter warnt davor, dass künftig noch mehr Menschen in solche unsicheren Jobs abrutschen könnten und damit zu prekären Bedingungen arbeiten müssten. "Wenn die Bundesregierung die Verdienstgrenze bei den Minijobs anhebt, dann dürfte das viele reguläre Arbeitsplätze verdrängen. Für die Betroffenen, zu einem Großteil Frauen, wird das zur Karrierefalle. Und spätestens im Alter ist Armut vorprogrammiert", so Lubecki.
Nach den Plänen der Berliner Ampel-Koalition sollen Minijobber künftig 520 statt wie bislang 450 Euro im Monat verdienen können – ohne dafür beispielsweise automatisch arbeitslosenversichert zu sein. Den entsprechenden Gesetzentwurf, über den der Bundestag noch im Frühjahr beraten wird, kritisiert die Gewerkschaft scharf: "Die Politik baut prekäre und krisenanfällige Stellen weiter aus, statt sie einzudämmen. Das ist ein Irrweg – gerade nach den Erfahrungen mit Corona. Viele Minijobber haben bei der Kurzarbeit in die Röhre geguckt oder ihre Stelle verloren."
NGG: "Gesetzt auf solide Füße stellen"
Die NGG verweist auf den Koalitionsvertrag. Darin schreiben SPD, Grüne und FDP, es müsse verhindert werden, "dass Minijobs als Ersatz für reguläre Arbeitsverhältnisse missbraucht oder zur Teilzeitfalle werden". Die Gewerkschaft ruft deshalb die heimischen Bundestagsabgeordneten der Ampel-Koalition dazu auf, sich an dieses Versprechen zu halten und "das Gesetz auf solide Füße zu stellen". Abhilfe könne langfristig allerdings nur eine grundlegende Reform schaffen: Für Minijobs müsse bereits ab dem ersten Euro die Sozialversicherungspflicht gelten. Erst wenn Sozialabgaben, Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsbeiträge gezahlt würden, könnten Beschäftigte wirksam geschützt werden.
Nach Einschätzung von NGG-Regionalchef Tim Lubecki hätte dies positive Effekte vor Ort: "Die Abschaffung der Sonderregelungen für Minijobs würde dabei helfen, den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Im Kreis Donau-Ries klagen vor allem Hoteliers und Wirte, kein Personal mehr zu finden. Aber Fachleute gewinnt man nicht, indem man kaum abgesicherte Stellen mit wenigen Wochenstunden bietet, sondern reguläre Arbeitsverträge mit Perspektive und sozialem Netz. Davon würden am Ende alle profitieren – die Beschäftigten, die Betriebe und durch höhere Einnahmen auch der Staat und die Sozialversicherungen." (pm)